Abgefahrene Reifen, poröse Spanngurte, kaputte Federungen, überschrittene Lenkzeiten: Das ist die erschreckende Bilanz eines viereinhalbstündigen Einsatzes auf der Buddikate an der A 1.

Todendorf. Rund 60 Prozent aller Lastwagen wurden bemängelt: Das ist die Bilanz einer Kontrolle auf der Raststätte Buddikate an der A 1. "Das ist erschreckend", sagt Stefan Lodowski vom Autobahnrevier Bad Oldesloe. "Wenn sich zum Beispiel eine tonnenschwere Papierrolle auf der Autobahn selbstständig macht, möchte man sich nicht ausmalen, was dann alles passieren kann."

35 Beamte von Polizei, Zoll, Bundespolizei und vom Bundesamt für Güterverkehr kontrollierten gestern viereinhalb Stunden lang den Lkw-Verkehr. Bei 34 Lastwagen und drei Reisebussen, die überprüft wurden, gab es 22 Beanstandungen. Bei 21 Lkw war die Ladung nicht richtig gesichert oder es fehlte die Warntafel.

Neun Trucker konnten das Problem lösen und durften weiterfahren, zwölf mussten ihr Fahrzeug erst einmal stehen lassen. Einmal gab es eine Zwangspause, weil der Fahrer die Lenkzeit überschritten hatte.

Besonders fahrlässig war ein 44 Jahre alter Mann aus Litauen, der 22 Tonnen Stahl geladen hatte. Die aufeinander gestapelten Stahlträger waren nur dürftig mit porösen Gurten gesichert. Zudem lag die Ladung mitten auf der Ladefläche. Zwischen dem Führerhaus und den Stahlträgern war somit jede Menge Freiraum.

"Dies ist das Musterbeispiel dafür, wie ich mich selbst umbringe", sagt Einsatzleiter Lodowski. "Der muss nur mal ein Stauende übersehen und eine Vollbremsung machen. Schon werden die 22 Tonnen Stahl zum tödlichen Geschoss." Der Lastwagenfahrer, der aus Frankreich kam und in Richtung Rostock unterwegs war, kann die Bedenken der Polizei nicht nachvollziehen. "Ich fahre seit 27 Jahren Lastwagen, habe schon etliche Vollbremsungen gemacht oder musste Gegenständen ausweichen. Passiert ist dabei noch nie etwas", sagt der 44-Jährige.

Während Polizeihauptkommissar Thomas Löhr (49) die Ladung und die Gurte begutachtet, steht der Litauer verständnislos daneben, die Hände in den Hosentaschen seines schwarzen Jogginganzugs. Noch hat der Mann nicht realisiert, dass die Fahrt für ihn zunächst vorbei ist. "Erst wenn eine Spezialfirma gekommen ist, die Ladung ordnungsgemäß verladen und gesichert hat, dürfen Sie weiterfahren", sagt Löhr dem Mann, der anschließend mehrere Minuten mit seinem Chef in Litauen telefoniert.

"Das ist eine tickende Zeitbombe, die hier unterwegs ist", sagt auch Jonny Jedach vom Bezirksrevier Bad Segeberg.

Die Worte fehlen ihm, als er gemeinsam mit seinen Kollegen die Plane eines Aufliegers aus Bulgarien zur Seite zieht. 24 Tonnen schwere Papierrollen sind nur notdürftig mit völlig abgenutzten Gurten gesichert, ein Spanngurt hat sich bereits gelöst.

Neben der nicht richtig gesicherten Ladung haben die Polizeibeamten auch Lastwagen aus dem Verkehr gezogen, bei denen die Reifen abgefahren war. Wolfgang Scheele von der Bundespolizei in Lübeck nahm die Reifen einer Sattelzugmaschine aus Litauen genauer unter die Lupe. "Hier ist das Profil völlig runter gefahren", sagt der Polizist. Wie sich herausstellt, sind nicht die Reifen das eigentliche Problem, sondern es ist die Luftfederung. "Der Kotflügel schleift gegen die Reifen und nutzt diese ab", sagt Scheele.

Dem Fahrer (37) ist das Problem bekannt. "Ich muss alle 40 Kilometer anhalten und den Anhänger immer wieder aufs Neue hochpumpen, weil die Luftfederung kaputt ist. Sobald die Reifen qualmen, weiß ich, ich muss mal wieder pumpen", sagt der Mann und zeigt auf Brandstellen am Kotflügel.

Für die Polizei ist dieses Verhalten und das der anderen gestoppten Lastwagenfahrer unverantwortlich. Die Fahrer bekommen Geldstrafen von bis zu 100 Euro, wenn die Ladung nicht ordnungsgemäß gesichert ist. Die Chefs, die irgendwo in Litauen, Bulgarien oder in anderen europäischen Ländern sitzen, kommen ungestraft davon. Ein Polizist: "Das Verfahren gegen Firmen im Ausland wird in der Regel eingestellt. Die Auftraggeber werden fast nie zur Kasse gebeten."