Mit 250 Metern so hoch wie der “Telemichel“, drei Millionen Euro teuer: Ab Dezember sollen die Sendeanlagen den Fernsehempfang im Norden von Hamburg verbessern.

Stapelfeld. Was ist das? Es steht mitten im Naturschutzgebiet, leuchtet rotweiß und wächst selbst im Herbst immer noch weiter. Erraten? Der neue Funkturm ist es, mit 250 Metern ein Riese seiner Zunft. Schon jetzt überragt er den alten, nur 158 Meter großen Mast.

Wir stehen auf der Baustelle, die für einen Turmbauer wie Steffen Traue, den Bauleiter der Berliner Firma TSN, schon etwas Besonderes ist. Naturschutz und Technik - er muss hier beides zusammenbringen. Der neue Mast der Deutschen Funkturm GmbH, einer Tochterfirma der Telekom, steht zwar im weniger streng geschützten Landschaftsschutzgebiet, ist aber vom Naturschutzgebiet Höltigbaum umschlossen. Folge: Die Stadt Hamburg, auf deren Grund wir uns befinden, hat die Baugenehmigung nur unter Auflagen erteilt.

Eine benachbarte Trockenwiese darf nicht betreten werden, das Technikhaus wird mit Holz verschalt und begrünt, und das Gelände um den Turm herum, früher eingezäunt, soll später frei zugänglich sein und mit dem Naturschutzgebiet verwachsen. "Hier grasen dann die Höltigbaum-Rinder", sagt Rainer Heimann, Regionalleiter der Deutschen Funkturm GmbH.

Und die will mit dem drei Millionen Euro teuren Gittermast, der die Höhe des "Telemichels" an der Hamburger Lagerstraße hat, natürlich Geld verdienen. Der Turm soll der DVB-T-Empfang im Hamburger Norden verbessert werden. Der alte Gittermast war dafür zu klein. DVB-T ist das sogenannte Überall-Fernsehen: Mit Hilfe einer Stabantenne können TV-Programme überall empfangen werden, auch im Freien. Die Fernsehsender bezahlen dafür Geld - das ist die Einnahmequelle der Funkturm GmbH.

Bis zum klareren TV-Bild ist es gar nicht mehr lange hin. "Im Dezember ist die Anlage fertig", sagt Reiner Heimann. In der Tat hat der Turm ein rasantes Wachstum hingelegt: Ende August wurde begonnen, jetzt ist bereits eine Höhe von 225 Metern erreicht. 22 Segmente von je zehn Metern Länge und ein Fünf-Meter-Segment hat das Team um Bauleiter Steffen Traue aufeinander gesetzt. Nur das Schlussstück fehlt noch: ein 25 Meter hoher Zylinder, der Technik und Antennen umschließt. Traue macht es Spaß, einen Turm von dieser Höhe zu bauen. "Das kommt ja nur so alle drei bis vier Jahre mal vor", sagt er mit unüberhörbarem Bedauern.

Die Technik ist anspruchsvoll. Während die ersten 60 Meter des Mastes noch von einem Telekran in die Senkrechte gehoben wurden, ging es von da an mit einem auf dem Turm aufgesetzten Montagemast weiter. Ein Seilzug, der daran befestigt wird, zieht die weiteren Turmsegmente in die Höhe. Sie werden verschraubt.

Wer dort oben arbeitet, muss nicht nur schwindelfrei, sondern auch fit sein. Ein Fahrstuhl gibt es nicht, die Turmbauer müssen eine Leiter erklimmen. Rund 450 Sprossen sind es jetzt bis zur Spitze. "Das braucht schon eine halbe Stunde, bis man oben ist", sagt Traue. Mit dem Bau des Turmes, der wie der alte von Abspannseilen (Fachbegriff "Pardunen") gehalten wird, ist seine Arbeit nicht zu Ende. Der alte Gittermast wird demontiert. Bis Mai soll er verschwunden sein.

Dann herrscht wieder Ruhe auf dem Gelände mitten im Naturschutzgebiet. Und was ist mit den Vögeln, von denen Jordsand-Geschäftsführer Uwe Schneider befürchtete, sie könnten nachts gegen die Pardunen fliegen und zu Tode kommen? Funkturm-Regionalleiter Rainer Heimann hat für diese Aussage keine Bestätigung bekommen. "Wir haben das Gelände absuchen lassen", sagt er. "Wir haben tote Mäuse gefunden - aber nicht einen Vogel." Der Kammmolch hat das Gelände sogar schon als Lebensraum entdeckt. "Der wärmt sich gern auf dem Beton der Pardunensockel - deswegen gehört zu unseren Auflagen auch, dass wir die Sockel des alten Mastes stehen lassen", sagt Heimann.