“Es geht nicht um Nacktheit, sondern um Kunst“, sagt die 34-jährige Reinfelderin. Robert Schacht aus Rümpel sitzt Modell. Seine Frau hat damit kein Problem.

Reinfeld. Schwungvoll fährt Megi Balzer mit dem Spachtel über die Leinwand. Nach und nach wachsen die Konturen aus Öl zu einem ausdrucksvollen Bild. Ein nackter Mann, auf einem Tisch sitzend, den Kopf nachdenklich auf eine Hand gestützt. "Die Pose passt zu Robert", sagt die Künstlerin. Sie bringt seine kräftigen Hände und Knie zum Ausdruck. Der Akt, für den Robert Schacht an diesem Abend Modell sitzt, ist ab dem 1. November im Bella-Donna-Haus in Bad Oldesloe zu sehen. Einen Monat lang wird Megi Balzer in dem Haus von Frauen für Frauen Männer-Akte zeigen.

Es ist ein Projekt, das für sie wohl ebenso einmalig ist, wie für das Bella-Donna-Haus. "Ich habe noch nie ausschließlich Aktzeichnungen ausgestellt", sagt die 34 Jahre alte gebürtige Georgierin. Dass es nun ausschließlich nackte Mannsbilder sind, ist ihre Antwort auf das Aufsehen, das ein Männer-Akt hervorrief.

Das war bei einer Ausstellung in Freiburg im Herbst des vergangenen Jahres gewesen. Das Bild des unbekleideten Mannes hing neben dem einer nackten Frau und anderen Arbeiten der vielseitigen Künstlerin. "Sie glauben nicht, wie sich die Zuschauer darüber empört haben", sagt Megi Balzer.

Sie fühlte sich ins 19. Jahrhundert zurückversetzt. Zurück in ihrem Reinfelder Atelier entwickelte sie die jetzige Ausstellung. "Warum soll ein Mann sich nicht nackt malen lassen?" fragt sich die talentierte Frau. "Es geht nicht um Nacktheit, sondern um Kunst", sagt die vielseitige Künstlerin, die seit elf Jahren in Reinfeld lebt und an der Oldesloer Volkshochschule Akt-Malkurse gibt. Bei der Aktmalerei geht es darum, den Charakter eines Menschen zu zeigen, seine Emotionen, Träume, Hoffnungen. Was ist das Spannende an ihm? Wie ist der Körper aufgebaut? Dem spürt der Maler nach einer genauen Analyse nach.

"Ein nackter Körper ist doch das Normalste der Welt", sagt Robert Schacht aus Rümpel. Der Mann ist überzeugter FFKler und hatte sich auf eine Zeitungsanzeige, mit der Megi Balzer für ihren Volkshochschulkurs nach Modellen gesucht hatte, beworben. Seine Frau findet das in Ordnung. "Aber zu einer Malsitzung wollte sie noch nie mitkommen", sagt der Rümpeler.

Robert Schacht ist ein Naturtalent, findet Megi Balzer. Er habe eine enorme Ausdauer und sehr markante Züge, die eine gewisse Stärke, aber auch seine schwachen Seiten offenbaren. Rauhe Schale, weicher Kern. Schacht freut das und sagt, dass er mitunter zuhause vor dem Spiegel posiere, um seine Körperhaltung zu überprüfen. Megi Balzer bezeichnet das als "typisch männlich". Männer nehmen die Sache ernst, üben häufig zu Hause. Frauen dagegen posieren einfach, ohne weiter darüber nachzudenken. Robert Schacht bringt noch eine weitere, entscheidende Voraussetzung fürs Modellsitzen mit. "Er hat eine offensichtliche Lust, sich zu präsentieren", sagt die junge Frau, die aus einer Künstlerfamilie stammt und an der staatlichen Kunstakademie in Tbilisi ihr Diplom machte. Modelle, die sich für Geld ausziehen, lehnt sie grundsätzlich ab. "Das ist die falsche Motivation. Entweder man macht das aus Spaß an der Sache, oder gar nicht. Sonst wird alles zu verkrampft, auch das Bild", sagt sie. Sie muss mit dem Modell kommunizieren können, um die Position zu finden, die den Charakter unterstreicht. Eine Pose, die natürlich wirkt, in der das Modell aber auch für längere Zeit verharren muss.

"Dieselbe Position trifft man nie ein zweites Mal", sagt Megi Balzer, für den auch Ehemann Frank die Hüllen fallen ließ. Ausnahmsweise, gibt der passionierte Gitarren- und Saxophonspieler zu. Er hat im Liegen posiert und die Zeichnung ziert die Einladungen zu der Ausstellung. Megi Balzer hat das Bild mit sanften Blautönen gestaltet, der Lieblingsfarbe ihres Mannes. "Bei den meisten Modellen weiß ich gleich, welche Farbe sie mögen. Meistens stimmt das dann auch", sagt die Malerin. Robert Schacht steht auf Rot. Megi Balzer arbeitet mit Ölfarbe und Graphit-Stiften. Sie beginnt stets mit einem Detail, meist mit den Füßen. "Der Aufbau eines Körpers ist das Wesentliche. Es reicht nicht, nur die Konturen zu zeigen", sagt die Künstlerin, die auch wunderschöne Blumenaquarelle, Stillleben und Porträts malt. Während ihres Studiums in ihrer Heimat erhielt sie für ihre grafischen Arbeiten zahlreiche Auszeichnungen.

Seit kurzem macht die talentierte Georgierin auch Musik. Eine Kostprobe gibt sie bei der Vernissage, bei der sie zusammen mit der Hamburger Band "Desert Road" ihres Mannes Akustik-Jazz und Blues macht.

Die Ausstellung "Männer-Akte - Charakter in Form und Farbe" wird am Sonntag, 1. November, 11.13 Uhr im Bella-Donna Haus (Bahnhofstraße 12) in Bad Oldesloe eröffnet. Es spielen die Hamburger Band "Desert Road" und die Lübecker Pianistin Natalya Burmatova. Die Ausstellung dauert bis zum 1. Dezember. Die Öffnungszeiten: montags bis freitags jeweils von 10 bis 18 Uhr.