Jörn Schade und Michael Sarach gehen Sonntag in die Stichwahl. Wir haben die Kandidaten zu Hause besucht - ein Blick ins Familienalbum.

Frau Schade: Er kann sehr gut zuhören

Ahrensburg/Schwerin. AHRENSBURG. Die Zeit ist knapp. Gemeinsame Stunden zu viert eher selten - zumindest in diesen Wochen. Das verrät der Blick auf den Familienkalender, der bei Bürgermeisterkandidat Jörn Schade, Ehefrau Sibylle und ihren Töchtern Leah (12) und Nele (9) in der Küche hängt. Neben Einträgen wie Fußball, Ballett, Flötenunterricht und Verabredungen mit Freundinnen füllen Wahlkampftermine und Ausschusssitzungen die Kalenderspalten. "Meine Frau pflegt den Familienkalender sehr ordentlich. Aber ich vergesse ab und zu, etwas einzutragen", sagt der Diplom-Verwaltungswirt, der seit seinem ersten Lebensjahr in Ahrensburg lebt. Das Ergebnis sei eine "Terminkollision". Schade lacht, schenkt seinen drei Damen einen liebevollen Blick und sagt: "Ich bringe dann alle Pläne durcheinander."

Die Zeit, die alle Vier zusammen haben, genießen sie. Reden, lachen und scherzen. Die Hektik des Alltags lassen sie vor der Tür des rotgeklinkerten Einfamilienhauses am Ahrensburger Redder. 1997 haben sie sich den Traum vom eigenen Heim verwirklicht. "Vorher haben wir am Vogelsang in einer Mietwohnung unterm Dach gewohnt", sagt Sibylle Schade. "Die Decke war vertäfelt, die Zimmer etwas düster", erinnert sich die 45 Jahre alte Diplom-Volkswirtin, die als kaufmännische Angestellte in Hamburg arbeitet. Deshalb sei es wichtig gewesen, dass es im neuen Haus schön hell ist. Die großzügigen Fenster mit den gelb-blauen Gardinen sorgen dafür, dass das Wohn- und Esszimmer bei Sonnenschein lichtdurchflutet ist.

Aber auch bei grauem Nieselwetter wirkt das Haus gemütlich. Zwei schwarze Ledersofas laden zum Lümmeln ein, dezentes Licht erzeugt in dem Raum mit dem hellblauen Teppichboden, einem großen Holz-Bücherregal (Jörn Schade liest gerade die Biografie von Barack Obama), Fotos und farbenfrohen Blumenbildern an den Wänden eine warme Atmosphäre. Und wer sorgt dafür, dass alles in Schuss bleibt? "Das Putzen und Staubwischen übernehme ich", sagt Sibylle Schade. Ebenso wie das Kochen. Ihr Mann gehe einkaufen. "Ich kriege klare Anweisungen, was ich besorgen soll", sagt der 47-Jährige. Er sei zudem für das Tischdecken und die Geschirrspülmaschine verantwortlich. Ebenso wie für das Brötchenholen am Wochenende. "Und ich bringe den Müll raus", sagt er. "Die Betten machen wir zusammen." Das klingt nach klarer Arbeitsteilung. Und nach Harmonie.

1987 haben sie einander kennengelernt. Als Gäste auf einem Abi-Ball der Heimgartenschule. "Wir haben die ganze Nacht durchgequatscht", sagt Sibylle Schade. In ihren strahlenden Augen spiegelt sich tiefe Zuneigung für ihren Mann wider. Geheiratet hat sie ihn erst acht Jahre später. "Weil ich immer gesagt habe: Ich heirate nicht vor 30", sagt sie. Jörn Schade machte seiner Liebsten noch am Geburtstag den Heiratsantrag. "Dass sie damals Ja gesagt hat, ist das schönste Geschenk, was sie mir jemals gemacht hat."

Im Sommer jährte sich ihr Hochzeitstag zum 14. Mal. Aber gefeiert haben die Zwei nicht. "Wir haben ihn beide vergessen. Zum ersten Mal", sagt Sibylle Schade und lacht. In dem ganzen Wahlkampftrubel hätten sie es erst eine Woche später bemerkt. Blumen hat er ihr nachträglich nicht geschenkt. "Er ist nicht der große Blumenschenker", sagt die Frau in dem pinkfarbenen Pulli, die ihren Mann als "ruhenden Pol" beschreibt.

Jörn Schade hat andere Stärken. "Eine ausgesprochene Sensibilität zum Beispiel", sagt Sybille Schade. "Und er kann sehr gut zuhören." Ihm ist die Freude über die warmen Worte anzusehen. "Papa ist weniger streng als Mama und total geduldig", sagt Leah. "Wenn er uns bei den Hausaufgaben hilft, bleibt er immer ganz ruhig - auch, wenn wir etwas nicht verstehen." Zusammen mit ihrer Schwester Nele steckt sie ihrem Vater oft auf kleine Zettel geschriebene Nachrichten in die Tasche. "Heute haben wir ihm 'Viel Spaß bei der Arbeit' gewünscht", sagt Nele. Den Zettel haben sie ihm in eine Tupperdose gelegt. Zusammen mit Süßigkeiten. Jörn Schade schmunzelt und sagt: "Haribos sind meine heimliche Leidenschaft." Und welche Schwächen hat der CDU-Bürgermeisterkandidat noch? Sibylle Schade fällt blitzschnell etwas ein: "Das Rauchen. Und das unregelmäßige Essen." Ob sich das ändert, wenn ihr Mann am Sonntag zum neuen Verwaltungschef gewählt wird, bleibt abzuwarten.

Der 11. Oktober steht auch im Familienkalender. "STICHWAHL" ist dort in großen Druckbuchstaben als einziger Termin notiert.

Wird sich der Alltag verändern, falls der Polizeibeamte die Wahl gewinnt? Nele grinst verschmitzt und sagt: "Dann sehe ich keine Plakate mehr von Papa in der Stadt." Und er sei vermutlich noch weniger zu Hause. "Nein, dann sehen wir ihn viel öfter", meint Leah. Schließlich sei das Rathaus viel näher als das Büro in Eutin. "Wenn Papa Bürgermeister wäre, könnte er morgens länger schlafen. Und nach der Schule könnten wir ihn mal im Rathaus besuchen." Die Zeit nimmt sich Jörn Schade sicher.

Frau Sarach: Er hat immer alles im Blick

SCHWERIN. Freitag 15 Uhr. Familie Sarach trifft sich am gedeckten Esstisch zwischen Küche und Wohnzimmer. Nur der Dalmatiner "Erno" steht draußen vor der Terrassentür und beobachtet das Geschehen. Das gemeinsame Kaffeetrinken ist zum festen Bestandteil im Familienleben geworden. Die Kinder Maria Luisa (13) und Sohn Jan Frederik (11) erzählen von der Schule. Wohin im nächsten Urlaub? Wann ist wieder ein Hockeyturnier von Maria Luisa? Wie läuft es beim Cello-Unterricht von Sohn Jan Frederik?

In den vergangenen Wochen war natürlich auch die Bürgermeisterwahl in Ahrensburg immer wieder Thema, denn deren Ausgang betrifft die ganze Familie. Die Kaffeerunde ist so etwas wie der Familienrat.

Ehefrau Sabine Sarach ist berufstätig. Sie arbeitet an vier Tagen in der Woche in der Staatskanzlei in Schwerin. Am Morgen sehen sich die Sarachs nur kurz zum Frühstück. "Das macht immer Papa", sagt Maria Luisa. Danach geht er noch eine kleine Runde mit dem Hund raus. Später dann schwingen sich alle Sarachs auf ihre Räder, fahren am Gelände der Bundesgartenschau vorbei ins Büro oder zur Schule. Das Auto wird nur selten benutzt.

Viel lieber sitzt der Ministerialrat auch im Sattel seines Pferdes, doch auch für dieses Hobby war die Zeit in den vergangenen Monaten knapp. Einmal in der Woche schafft es Michael Sarach noch zum Hockeytraining. Seit etwa vier Jahren wohnt die Familie in dem weißen Einzelhaus, das nur etwa 100 Meter vom Schweriner See entfernt in einer ruhigen Wohnsiedlung steht. "Das Haus haben wir komplett selbst geplant", sagt Michael Sarach. Viel Licht fällt von draußen durch die großen Fenster in das Wohnzimmer mit den zwei schwarzen Ledersofas. In der Mitte des Hauses führt eine große Treppe hinauf in die erste Etage. Dort stehen hohe Bücherregale, davor ein Lesesofa. An den Wänden hängen selbstgemalte Bilder von Verwandten. Alles ist sehr aufgeräumt, aber keineswegs steril. Und wer kümmert sich um den Haushalt? "Da haben wir uns aufgeteilt", sagt Sabine Sarach. "Um den Garten kümmert sich eher meine Frau", ergänzt Michael Sarach und schaut hinaus auf die Holzterrasse mit Strandkorb. Er komme da eher ins Spiel, wenn es um grobe Arbeiten gehe. Umpflanzen oder umgraben sei eher seine Sache. Ob es schwer falle, das Haus vielleicht aufgeben zu müssen und nach Ahrensburg zu ziehen? Die Antwort überrascht. Michael Sarach sagt: "Wir sind schon häufiger umgezogen. Und ein Haus ist bei uns nicht gleich für das ganze Leben gedacht." Das unterscheidet die Familie von den Lebensentwürfen vieler anderer Familien. Für die Eltern wäre ein Umzug kein Problem, da ein Großteil ihrer Freunde, Verwandten und Bekannten noch in Hamburg wohnt. Der Familienvater offenbart: "Ich bin noch immer überzeugter Hanseat." Auch seine Frau hätte mit einem Umzug keine Probleme: "Es hat mir in Ahrensburg sehr gut gefallen. Es ist alles so schön grün." Die Kinder sind da zurückhaltender. Immerhin müssten sie sich neue Freunde suchen. Aber die Möglichkeit, mit der Bahn mal kurz nach Hamburg fahren zu können, reize sie schon. Als die Sarachs 1991 von Hamburg nach Schwerin umzogen, war die erste Bleibe der Familie ein altes Bauernhaus auf dem Land gewesen. In Eigenregie wurde der Hof renoviert. Der Diplom-Finanzwirt hat selbst gemauert, gezimmert und Fliesen verlegt. Nur von der Elektrik nimmt er lieber Abstand. Die handwerklichen Fähigkeiten sind aber nur eine seiner Stärken, wie seine Ehefrau betont. Frau Sarach über Herrn Sarach: "Er ist überlegt, sehr strukturiert, hat eigentlich immer alles im Blick, ist nicht nachtragend und hat ein wirklich gutes Gedächtnis."

Und seine Schwächen? Sabine Sarach muss kurz überlegen. Dann sagt sie: "Er ist manchmal zu ordentlich - wie Beamte so sind. Das kann auch mal zu Diskussionen führen." Aber eigentlich sei auch das keine richtige Schwäche. Michael Sarach sagt dazu: "Ich habe es halt gern, wenn man das Licht ausschaltet und die Tür hinter sich schließt."

"Er kann aber auch wirklich lustig sein", sagt Tochter Maria Luisa. Ihr Vater als Bürgermeister? Kein Problem, das schaffe er. Außerdem profitiere auch sie davon: "Dann gibt's mehr Taschengeld", hofft die Tochter. Die 13-Jährige besucht ein katholisches Gymnasium, ihr Bruder geht auf eine Montessori-Schule. In der Kirche sind aber weder die Kinder noch die Eltern. Der Vater sagt: "Christliche Werte spielen aber eine große Rolle im Leben." Die Kinder könnten später entscheiden, ob sie konfirmiert werden wollen. Wichtig sei, dass die Kinder lernen, dass es auch andere Sichtweisen gibt. "Das ist auch als Bürgermeister wichtig. Man muss da die Perspektiven aller Bürger einnehmen können, sich von eigenen Befindlichkeiten lösen." Wenn Michael Sarach, der von SPD und FDP unterstützt wird, am Sonntag die Mehrheit der Stimmen bekommen sollte, wird sich einiges verändern. "Dann wäre er wohl noch weniger da", sagt seine Frau. Und ein weiterer Umzug stünde ins Haus.