In unserer Serie treffen wir Menschen aus Stormarn auf ihrer Lieblingsbank. Heute ist es der ehemalige Gemeindevertreter und Bürgermeister Niels-Peter Horn, seit fünf Jahren Schiedsmann im Amt Bargteheide-Land.

Delingsdorf. Er wirkt ruhig und ausgeglichen. Niels-Peter Horn sitzt auf seiner Lieblingsbank, schaut auf seinen Garten. Eine rote Mauer trennt sein Grundstück von dem seines Nachbarn. Er hört den Staubsauger von nebenan. "Das stört mich nicht im geringsten", sagt der 67-jährige Delingsdorfer. Schließlich ist er Schiedsmann im Amt Bargteheide-Land. Wenn mal wieder die Fetzen zwischen Nachbarn fliegen, weil eine Hecke zu hoch, ein Stein zu groß oder die Musik zu laut ist - dann ist Niels-Peter Horn gefragt.

Jeden Dienstagnachmittag, während seiner Sprechstunde von 14 bis 16 Uhr, hört er sich die Probleme der Nachbarn an. "Unglaublich, wie sich manche Leute aufregen können", sagt er und lächelt. "Ich frage dann immer zuerst, ob sie schon mal miteinander geredet haben." Die Antwort lautet meistens "Nein". Das könne er nicht verstehen. Wie man sich aufregen, aber nicht kommunizieren könne.

Er sei da anders. "Ich bin sehr harmoniebedürftig. Zwischen meiner Frau und mir gibt es fast nie Streitigkeiten." Auch nicht zwischen ihm und seinen zwei Söhnen oder seinen fünf Enkelkindern. "Und selbst wenn, dann diskutiere ich das mit denen aus", sagt der gelernte Bankkaufmann. Früher hätte er sich nie träumen lassen, einmal Schiedsmann zu werden. Was er heute mit Leidenschaft macht, begann vor fünf Jahren. "Eine Bekannte sprach mich damals an", sagt er. Sie hielt ihn für den Richtigen, als jemand für das Schlichtungs-Amt gesucht wurde. Seit gut einem Jahr war er damals im Vorruhestand gewesen. Sein Bonus: Er brachte eine gute Menschenkenntnis und Lebenserfahrung mit. Prompt wählten ihn die Mitglieder ins Schiedsamt.

Menschenkenntnis - das kommt nicht von ungefähr. 27 Jahre lang war er Gemeindevertreter in Delingsdorf. Von 1994 bis 2003 Bürgermeister. Außerdem hat ihn seine Arbeit bei der Dresdner Bank als Prokurist, dann bei der Hamburger Sparkasse als Vize-Filialleiter geprägt. Er sagt: "Es gehörte schon immer zu meinem Beruf dazu, gut mit Menschen umgehen zu können." Heute sei er heilfroh, das Amt des Schiedsmannes angenommen zu haben, "weil es ein tolles Gefühl ist, Menschen in Problemsituationen zu helfen und Lösungen zu finden." Es gibt Fälle, die der Schiedsmann nie vergessen wird: "Vor zwei Jahren kamen zwei Männer zu mir", schildert Horn die Geschichte zweier Streit-Hähne. Der eine war aufs Land gezogen, weil er Ruhe haben wollte. Der andere, um mehr feiern zu können als in einem Mietshaus in der Großstadt. "Größer konnten die Unterschiede gar nicht sein", sagt er und lacht bei dem Gedanken an die Auseinandersetzung. Angeschrieen hätten die sich. Lange Zeit sei keine Einigung in Sicht gewesen. "Doch nach etlichen Gesprächen kam es letztendlich noch zum Happy End. Am Ende saßen die beiden zusammen auf einer Terrasse und haben Bier getrunken." Das sei das Schönste an seinem ehrenamtlichen Job, wenn es zu einer Versöhnung komme. Und wenn nicht? "Dann wird die Verhandlung weiter ans Gericht gegeben." Das passiere aber höchstens in 30 Prozent der Fälle. Und wenn es so schlimm kommt, dass sich die Streit-Hähne an die Gurgel gehen? "Dann rufe ich die Polizei", sagt er. Das sei zwar noch nie passiert, aber trotzdem stehe ein Not-Telefon immer neben ihm auf dem Schreibtisch. Der Schreibtisch, der steht übrigens im Trauungs-Zimmer des Delingsdorfer Rathauses. "Dieses Zimmer strahlt etwas Positives aus", sagt er und überlegt, ob sich das vielleicht auch auf den Verlauf der Streitgespräche auswirken könnte: "Ja, ich glaube schon."

Er habe schon die unterschiedlichsten Leute mit den unterschiedlichsten Problemen vor sich sitzen gehabt. "Alle Auseinandersetzungen zwischen Nachbarn unserer Gemeinde landen zuerst bei mir." Erst ab einem Streitwert von 750 Euro gehe das zu behandelnde Mahnverfahren direkt ans Gericht. "Meistens geht es aber um Lappalien", das wisse Niels-Peter Horn mittlerweile aus Erfahrung. "Aber gerade diese sind oft Tropfen, die ein Fass zum Überlaufen bringen." Er erinnert sich an andere Beispiele: Eine Hecke zwischen zwei Grundstücken war innerhalb von vier bis fünf Jahren über einen Meter in die Höhe gewachsen. Irgendwann war der Punkt überschritten: "Einer der beiden konnte abends den Sonnenuntergang nicht mehr sehen, weil die Hecke zu hoch war", erinnert sich der Delingsdorfer. Der Betroffene sollte seinen Anspruch auf den Rückschnitt der grünen Wand bekommen. Doch es passierte nichts. "Erst nach zwei Jahren machte der eine seine Hecke kürzer - nach fünf Jahren haben sie sich vertragen." Das sei ein typisches Beispiel dafür, wie lange sich ein "Lappalien-Streit" hinziehen könne. Vielleicht gehöre es auch einfach zur Mentalität der Deutschen, auf Kleinigkeiten zu achten und sich "schnell über den Tisch gezogen zu fühlen". Niels-Peter Horn kennt mittlerweile die Gesetze, die darüber entscheiden, ob der eine oder der andere Recht bekommt. "Wenn ich mal Zeit habe, blättere ich in Büchern und lerne Gesetze auswendig." Viele Paragrafen brauche man ja immer wieder.

Und wenn er von seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Schiedsmann abschalten möchte? "Dann verreise ich mit meiner Frau", sagt er. Erst vor ein paar Tagen sind beide in den Bergen Fahrrad gefahren. Ansonsten stehen Länder rund um das Mittelmeer auf der Urlaubsplanung des Paares. Aber Horn lässt sich ohnehin von nichts und niemandem stressen. Vor kurzem wurde er erneut zum Schiedsmann im Amt Bargteheide-Land für weitere fünf Jahre gewählt. Ob ihm zehn Jahre als Schiedsmann dann genug sind, darüber möchte er noch nicht spekulieren.

Der lärmende Staubsauger seiner Nachbarn ist jedenfalls mittlerweile ausgestellt. Niels-Peter Horn lehnt sich bequem auf seiner Lieblingsbank zurück und sagt: "Sehen Sie, wenn man sich nicht aufregt, kann sich schnell alles von selbst erledigen."