Polizeichef sagt: Zustände sind menschenunwürdig. Stadt sucht nach neuen Konzepten. FDP will Unterbringung in Wohnungen.

Bad Oldesloe. Die in Bad Oldesloe lebenden Obdachlosen sollen nach dem Willen der FDP auf eigene Wohnungen verteilt und dort von geschultem Personal betreut werden. Das ist nach den Worten von Fraktionschef Karl-Reinhold Wurch der beste Weg, sie wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Wurch: "Eine eigene Wohnung ist zum Beispiel die Basis dafür, sich erfolgreich auf eine Arbeitsstelle zu bewerben." Sammelunterkünfte seien hingegen stigmatisierend. Und: Zudem seien sie "für das Wohnumfeld sozial schwierig zu integrieren". Das heißt im Klartext: Es gibt immer wieder Ärger.

Oldesloes Polizeichef Michael Langpaap kann das nur bestätigen. "Wir haben viele Einsätze in diesem Milieu", sagt der Erste Hauptkommissar. "Man trifft sich, und wenn dann der Alkohol kreist, geht's hoch her." Von seinem Büro aus blickt Langpaap direkt auf das Haus, das - zumindest gefühlt - am meisten Arbeit bereitet: eine ergraute Villa an der Lübecker Straße, die ganz offensichtlich schon mal bessere Tage gesehen hat. 40 Polizeieinsätze sind dort 2008 aktenkundig geworden. Etwa 20 weitere, die nicht in den Büchern stehen, weil keine Anzeige geschrieben worden ist, kämen wohl noch hinzu, schätzt Langpaap. "Und in diesem Jahr dürften die Zahlen ähnlich aussehen", sagt er.

Sein Mitarbeiter Michael Steiner, der Leiter des Ermittlungsdienstes ist, kennt die typischen Delikte: "Etwa die Hälfte aller Taten sind Diebstähle, die andere Hälfte Körperverletzungen, Drogengeschichten und Bedrohungen."

Sachbeschädigungen, in der Vergangenheit ein großes Problem, gebe es hingegen kaum noch. Womöglich auch deshalb, weil es nichts mehr gibt, das noch beschädigt werden könnte. Langpaap weiß von seinen Mitarbeitern, die im Haus ein und aus gehen, wie es drinnen aussieht: "Die Sanitäreinrichtungen im Obergeschoss sind komplett zerstört, alle Türen sind eingetreten, ganze Zimmereinrichtungen sind zertrümmert worden." Und weil die Türen kaputt seien, häuften sich nun die Diebstähle. "Ich halte das für eine nicht menschenwürdige Unterbringung", sagt der Polizeichef.

FDP-Fraktionschef Wurch hat von Handwerkern gehört, die sich inzwischen weigerten, das Objekt noch zu betreten. Er glaubt, dass sich die Situation mit einer dezentralen Unterbringung in Wohnungen entschärfen ließe - auch, weil sich der betroffene Personenkreis dann aus seinem bisherigen sozialen Umfeld lösen könne. Deshalb wird die FDP am Mittwoch kommender Woche im Bildungs-, Sozial- und Kulturausschuss (19 Uhr, Zimmer 2.09 der Stadtverwaltung, Markt 5) den Antrag stellen, die Betreuung in die Hände eines fachlich kompetenten gemeinnützigen Trägers abzugeben. Der soll für Obdachlose reguläre Wohnungen anmieten, zunächst befristet auf ein Jahr, und sie während dieser Zeit von Sozialarbeitern resozialisieren lassen.

"Wenn dieses Ziel erreicht ist, schließen die Personen mit dem Wohnungsunternehmen einen eigenen Vertrag ab", so Wurch. Die Kosten dafür könnten gegebenenfalls die Sozialbehörden übernehmen. Und weil das in der Regel nach dem Sozialgesetzbuch II ("Hartz IV") erfolge, müssten Kreis und Bund dafür aufkommen - nicht Bad Oldesloe.

Unterdessen verfolgt die Stadtverwaltung offenbar die entgegengesetzte Strategie. Wie während der jüngsten Ausschusssitzung zu Beginn dieses Monats bekannt geworden ist, sind im Rathaus Vorbereitungen für die Einrichtung einer Sammelunterkunft getroffen worden. Im Gespräch ist ein ehemaliges Gästehaus an der Hamburger Straße, das in der Vergangenheit zum Verkauf standen und das nach Informationen der Stormarn-Ausgabe des Hamburger Abendblattes langfristig angemietet werden soll.

Auf einer Linie liegen Verwaltung und FDP hingegen offenbar in der Frage, wie es mit den bisherigen Obdachlosenunterkünften weitergehen könnte. "Es würde sicherlich Sinn machen, sie zu verkaufen", sagt Karl-Reinhold Wurch.

Kleine Einheiten oder große Einheiten - was die besser Variante wäre, lässt sich aus Sicht der Polizei nicht pauschal beantworten. Michael Langpaap betont auch, dass weder er noch seine Kollegen sich berufen fühlen, der Stadt in dieser Frage Ratschläge zu geben. Deshalb nur mal ganz abstrakt gesprochen: "Einfacher umgehen könnten wir sicherlich mit größeren Einheiten. Auf der anderen Seite würden dort sicherlich auch die Probleme zunehmen."