Das Abendblatt beobachtet die Bundestags-Direktkandidaten. Franz Thönnes (SPD) und Gero Storjohann (CDU) treten in Stormarn-Nord zum dritten Mal gegeneinander an.

Ahrensburg/Norderstedt. Franz Thönnes (SPD) und Gero Storjohann (CDU) sind alte Kontrahenten. Die beiden Bundestagskandidaten im Wahlkreis Segeberg/Stormarn-Nord treten bereits zum dritten Mal gegeneinander an. 2002 gewann Franz Thönnes die Direktwahl, 2005 Gero Storjohann. Thönnes (54) gehört dem Bundestag seit 1994 an und ist seit 2002 Parlamentarischer Staatssekretär, derzeit beim Bundesminister für Arbeit und Soziales. Er wohnt in Ammersbek. Storjohann (51) ist seit 2002 Bundestagsabgeordneter und kommt aus Seth.

Die Stormarn-Ausgabe des Hamburger Abendblattes hat die beiden Politiker im Wahlkampf beobachtet. Gero Storjohann schlendert lässig über den Wochenmarkt vor dem Norderstedter Rathaus. Links von ihm bietet ein Obsthändler Kiwis aus Neuseeland an, rechts gibt es am griechischen Spezialitätenstand frischen Krautsalat. Storjohann trägt helle Jeans, roten Anorak, kariertes Hemd. Die Haare fallen locker in die Stirn. Auf dem Plakat sieht er anders aus. Seriöser. Der jungenhafte Charme, den er mit seinen 51 Jahren ausstrahlt, bleibt auf der Strecke. "Ich habe mich bewusst für das seriöse Foto entschieden", sagt Storjohann. "Es gefällt nicht allen." An diesem Morgen gibt Gero Storjohann also nicht den Staatsmann, sondern den netten Nachbarn von nebenan. Die Wahlhelfer von der Norderstedter CDU haben schon alles vorbereitet: Bistrotisch und Sonnenschirm stehen, die Broschüren liegen bereit.

Direkt nebenan bauen die Kollegen der SPD ihren Stand auf. Hier soll in etwa einer Stunde Franz Thönnes auftauchen und am frühen Nachmittag Spitzenkandidat Ralf Stegner.

Die Wahlkämpfer stehen etwas am Rande des Wochenmarktes, fast an der Straße. Das ist ungünstig, weil die meisten Marktbesucher aus einer anderen Richtung kommen. Gero Storjohann ist das egal. Er ist ohnehin nicht der Mann für schnelle Gespräche im Vorübergehen. Er sucht sich seine Gesprächspartner sorgfältig aus, taxiert die Entgegenkommenden erst unauffällig, aber gründlich, bevor er sie anspricht. "Ich hab' früher mal Tannenbäume im Familienbetrieb verkauft", sagt der Politiker. "15 Jahre lang, da habe ich gelernt, die Menschen einzuschätzen."

Aber auch diese harte Schule schützt ihn nicht vor Fehleinschätzungen. "Guten Tag, ich kandidiere für den Bundestag", sagt er lächelnd zu einer jungen Frau, die mit ihrem Kinderwagen vorbeikommt. Keine Reaktion. Die Angesprochene geht weiter und würdigt den Politiker keines Blickes. Den nächsten Passanten, einen älteren Herrn im Jeanshemd, verwickelt er in ein Gespräch. "Die Wahlprogramme sind schlimm", sagt der Mann und wirft Gero Storjohann damit den Ball zu, den er dankbar auffängt. "Ich kann sagen, wofür ich stehe", kontert der Politiker. Die Diskussion nimmt ihren Lauf: Über die mageren Renten für ältere Menschen, über Hartz IV bis hin zum schwerfälligen Gesetzgebungsverfahren zieht sich das Gespräch. Gero Storjohann lacht, fragt nach, zählt Beispiele auf, rechnet mit den Fingern nach, spricht eindringlich auf den Mann ein und wird auch nicht ungeduldig, als der auf sein eigentliches Problem zu sprechen kommt: Er hat wegen vermieteter Wohnungen Probleme mit dem Finanzamt. Gero Storjohann gibt ihm Tipps und klärt ihn auf, beißt sich fest.

15 Meter weiter hat inzwischen Franz Thönnes Quartier bezogen. Er begrüßt die Wahlhelfer seiner eigenen Partei und die der CDU freundlich per Handschlag. Gero Storjohann und er winken sich zunächst nur lässig zu. Die Begrüßung erfolgt später, weil der CDU-Kandidat noch immer ins Gespräch vertieft ist.

Der SPD-Mann geht burschikoser an die Arbeit: Er spricht alle vorübergehenden Passanten an und versucht, ihnen seine Broschüre in die Hand zu drücken. Das klappt nicht immer, aber oft. "Ein schönes Wochenende wünsche ich Ihnen", ruft er den meisten hinterher. Eine junge Frau interessiert sich nicht für das Wahlprogramm, hat aber ein bestimmtes Ziel vor Augen. "Darf ich mir die Gummibärchen nehmen?", fragt sie. "Klar", sagt Franz Thönnes und lacht.

Nein, eine bestimmte Taktik beim Verteilen der Wahlprogramme habe er nicht, sagt Franz Thönnes, der seine blaue Jeans mit einem dunkelblauen Jackett adelt. Er tritt heute seriös auf. Mehrere große Plakate mit seinem Bild machen den Passanten schon von weitem deutlich, wer sie hier erwartet. "Viele erkennen mich", sagt Franz Thönnes. "Manche sprechen gerne ein bisschen lange", sagt er. Er lässt sich darauf ein, achtet aber darauf, dass nicht zu viel Zeit dabei verloren geht. "Vor allem die jungen Leute sind eher zurückhaltend, wenn ich sie anspreche." Zwei Männer schaffen es, ihn in ein Gespräch über Leiharbeit und die Arbeitslosigkeit junger Menschen zu verwickeln. Thönnes geht auch darauf ein, bricht aber bald ab, notiert sich die Namen und E-Mail-Adressen seiner Gesprächspartner. Er bedankt sich, dass die Männer ihn angesprochen haben.

Gero Storjohann, von dem es kein Wahlplakat am Stand gibt, ist derweil wieder in ein langes Gespräch verwickelt. "Ich würge niemanden ab", sagt er hinterher.

Die beiden Wahlkämpfer gehen kollegial miteinander um, lachen, machen Scherze. Spätestens im Herbst treffen sich beide wieder im Plenum. Denn sowohl Franz Thönnes (Listenplatz 3 in Schleswig-Holstein), als auch Gero Storjohann (Listenplatz 5) haben ihre Plätze im nächsten Deutschen Bundestag sicher - egal, wer die Direktwahl gewinnt.