An der Großen Straße in Ahrensburg treffen sich ganzjährig jeden Mittwoch ab 18 Uhr und jeden Sonntag ab 11 Uhr die Brunnen-Bouler.

Ahrensburg. Konzentriert kneift er die Augen zusammen, die Zungenspitze gegen die Unterlippe gepresst peilt er durch seine Brille eine kleine rote Kugel in ein paar Meter Entfernung an. Er geht langsam in die Knie, lässt den ausgestreckten Arm bedächtig nach hinten schwingen. Dann fliegt die kleine Stahlkugel in einem hohen Bogen durch die Luft, prallt auf den sandigen Boden und rollt langsam an drei weiteren Kugeln vorbei. Der Wurf ist Georg Bohl geglückt, die Mitspieler gucken anerkennend über ihre Sonnenbrillen. "Sauber" ist zu hören, und: "Bravo!"

An der Großen Straße in Ahrensburg treffen sich ganzjährig jeden Mittwoch ab 18 Uhr und jeden Sonntag ab 11 Uhr die Brunnen-Bouler Ahrensburg. Der Brunnen ist allerdings wegen der Straßenumbauten hinter hohen Bretterzäunen und gestapeltem Baumaterial kaum zu sehen. "Wenn es hier nicht mehr geht, weichen wir auf einen Platz in Hoisbüttel aus", sagt Klaus Witte, der die Gruppe vor fast 20 Jahren ins Leben gerufen hat. Auf ihren Stammplatz wollen die etwa 30 Spieler auf jeden Fall zurückkehren. "Das ist der schönste Bouleplatz Norddeutschlands", sagt Witte. Der Treffpunkt unter den Linden sei weit über Ahrensburg bekannt.

"Boule ist im Trend", sagt Witte. "Unser ältester Spieler ist über 80, die Jüngste elf." Vanessa hat vor drei Wochen angefangen. "Erst dachte ich, es sei doof, Kugeln zu werfen. Aber jetzt macht es richtig Spaß", sagt die Ahrensburgerin, während sie ihre leichten Kinderkugeln mit einem Lappen von Schmutz befreit. Jeder, der mitmachen will, wird in die Gemeinschaft aufgenommen. Egal ob ambitionierter Ligaspieler oder Freizeitbouler. Gisela Benjamin aus Großensee spielt seit fünf Jahren in Ahrensburg. Der Platz am Brunnen mitten in der Stadt sei wunderschön, sagt sie: "Hier herrscht so ein französisches Flair." Im Urlaub in Krankreich habe sie den Spielern immer begeistert zugeguckt. Ein Ferienhaus mit eigener Boulebahn zum Üben gab schließlich den entscheidenden Anstoß zu Gisela Benjamins Karriere. Vorläufiger Höhepunkt: Ihr Sieg beim monatlichen Turnier der Spielergemeinschaft.

Aber nun wird ein neuer Sieger gesucht. Die ausgelosten Zweiergrüppchen verteilen sich im Halbschatten unter den Bäumen. Sonnenhüte werden zurechtgerückt, Ärmel hochgekrempelt, Kugeln geputzt. Rote Plastikringe markieren die Wurfkreise, Edelstahlkugeln rollen über die sandige Fläche, Maßbänder werden gezückt und zwischen die Kugeln gehalten. Von den angrenzenden Restaurants und Cafés gucken Zuschauer herüber, einige kommen zum Spielfeldrand, um zuzusehen. Die Regeln sind auch für Anfänger leicht verständlich. Eigentlich dreht sich alles um die kleine Zielkugel aus Holz, das "Schweinchen", die vom Wurfkreis aus sechs bis zehn Meter weggeworfen wird. Die Mannschaften versuchen, ihre Kugeln - pro Spieler zwei oder drei - möglichst nah an das "Schweinchen" heranzurollen. Mit scharf geworfenen Kugeln werden gegnerische Kugeln "weggeschossen". Am Ende jeden Durchgangs, der "Aufnahme", wird gemessen: Welche Mannschaft ist näher am Schweinchen? Pro Kugel, die besser liegt als die beste der gegnerischen Mannschaft, gibt es einen Punkt.

"Ich bin süchtig nach Boule", sagt Sabine Cordua, die seit fünf Jahren spielt. Sie setzt zum nächsten Wurf an, erzählt, dass sie in Frankreich mit ihrer kraftvollen Spielweise schon aufgefallen ist. "Ich bin als 'Madame Boumba' bekannt", sagt Cordua und lacht. Dann fliegt ihre Kugel - und trifft genau das Schweinchen, das weit wegrollt. Die Werferin guckt hinterher, schiebt ihren Sonnenschutz aus der Stirn. "Oh, das war ein Versehen." Sie müsse sich doch besser konzentrieren, sagt sie. "Beim Boule ist Gedankenarbeit gefragt. Das ist eine meditative Sache."