Günstige Sammelgräber werden immer beliebter, Grabsteine im Internet bestellt, Trauerfeiern immer seltener.

Ahrensburg. Im Leben gibt es kaum etwas geschenkt. Und auch der Tod ist nicht gratis. Bestattung, Grabstelle, Trauerfeier - da können schnell 10 000 Euro zusammenkommen. Aber das kommt für viele Hinterbliebene nicht in Frage. Selbst beim Abschied von einem geliebten Menschen machen sie da offenbar keine Ausnahme. "Die Leute sparen am Tod", sagt Joachim Gersch, Friedhofsverwalter in Ahrensburg.

Er berichtet von einem Trend, der nicht erst seit der Wirtschaftskrise erkennbar sei, sondern schon seit fünf, sechs Jahren. "Viele haben das Geld einfach nicht. Die Frage 'Was kostet mich das?' ist gang und gäbe." Das bekomme die ganze Branche zu spüren. "Es werden zum Beispiel Preise von Bestattungsinstituten verglichen, und örtliche Steinmetze stehen im Wettbewerb mit Anbietern aus dem Internet", sagt Gersch, "die Pietät auf diesem Sektor verändert sich."

Olaf Falke vom Ahrensburger Beerdigungsinstitut Falke bestätigt, dass bei der letzten Ruhe zunehmend aufs Geld geachtet wird: "Etwa die Hälfte der Kunden interessiert sich für günstige Bestattungsvarianten." Einen Grund dafür sieht Falke im Wegfall des Sterbegeldes. Früher übernahm die Krankenversicherung einen Teil der Bestattungskosten, umgerechnet 2000 Euro wurden gezahlt, seit 2004 müssen die Angehörigen alles selbst bezahlen.

Auf dem Ahrensburger Friedhof ist die günstigste Bestattungsform der Kieferngarten, ein Urnengemeinschaftsgrab ohne Namensnennungen. "Die Grabkosten betragen 290 Euro", sagt Joachim Gersch. Zum Vergleich: Ein Einzelgrab kostet etwa 810 Euro. "Hinzu kommen noch die Kosten für Grabpflege, Grabstein und Bepflanzung."

Den Kieferngarten gibt es seit November 2005. Die Standorte jeder Urne werden mit einem Ziergras gekennzeichnet. "Die Verstorbenen werden also namenlos, aber nicht ortlos bestattet." Das sei vor allem für die Hinterbliebenen wichtig. Gersch sagt: "Anders als bei anonymen Bestattungen, die wir bis 2005 hatten, können Angehörige bei der Beisetzung dabei sein und wissen genau, wo die sterblichen Überreste des Verstorbenen liegen. Sie haben einen Ort, an dem sie trauern, Blumen ablegen an den Verstorbenen denken können." Viele würden mit der seelischen Belastung nicht fertig, nicht zu wissen, wo der Verstorbene begraben liegt. "Dieser Anonymität wollten wir mit dem Kieferngarten entgegenwirken", sagt der Friedhofsverwalter. "Wir haben uns bewusst dafür entschieden, Verstorbene nicht mehr still und leise irgendwo auf der grünen Wiese zu beerdigen." Jemanden völlig anonym zu bestatten, müsse nicht sein - auch nicht aus Kostengründen. Und das Angebot sei sehr gefragt. "Bisher hat es dort 180 Urnenbeisetzungen gegeben. Von den durchschnittlich 330 Bestattungen im Jahr sind rund 25 Prozent im Kieferngarten", sagt Gersch. Zwei Drittel dieser Bestattungen seien ohne Trauerfeier. "Eine erschreckend hohe Zahl", meint er.

Auch Bestattungsunternehmer Olaf Falke vom Beerdigungsinstitut Falke sagt: "Ja, wir beobachten, dass immer häufiger keine Trauerfeiern gewünscht werden." Weil es den Hinterbliebenen zu teuer sei. Weil sie keine Trauerfeier wollten. Oder weil es keine Angehörigen oder Bekannten mehr gebe.

Der Ahrensburger Pastor Detlev Paschen nennt diese Menschen die "unbedacht Verstorbenen". Menschen, die ohne Verwandte oder Freunde beigesetzt werden. Die unbedacht Verstorbenen seien eines der seelsorglichen Themen, mit denen er sich dieses Jahr intensiver auseinandersetzen wolle. "Das ist ein Trend, der in letzter Zeit erheblich zunimmt", sagt Paschen. Ein Trend, dem er entgegenwirken will. "Bestattungsunternehmer melden sich bei mir, wenn sie einem Toten keine Angehörigen zuordnen können." Er begleite den Bestatter, wenn die Urne beigesetzt wird. "Weil es mir grundsätzlich wichtig ist, dass Verstorbene nicht unbedacht bleiben", sagt Paschen. Im Gottesdienst wird der Namen unter Gottes Wort und Gebet genannt, und die Gemeinde nimmt Anteil. Die Gründe dafür, dass Menschen versterben und kein Lebender davon Notiz nimmt oder nehmen will, seien vielfältig. "Auch ich kann nur Vermutungen anstellen, welche Faktoren eventuell dazu beitragen", sagt der Pastor. Die Familienverbunde seien beispielsweise kleiner geworden, und die soziale Bindung sei früher wesentlich höher gewesen. "Manchmal wollen sich die Angehörigen auch der Pflicht entziehen, die Bestattung zu übernehmen. Oder es sind keine Verwandten zu ermitteln." Andererseits hätten viele den Wunsch, nach dem Tod niemandem zur Last zu fallen. "Sie wollen anonym bestattet werden."

Joachim Gersch schätzt, dass in Deutschland ein Drittel der Toten anonym beigesetzt wird. Wenn sich die Eltern eine anonyme Bestattung wünschten, seien die Kinder jedoch häufig unglücklich damit. "Sie wollen den Willen der Verstorbenen respektieren, aber auch eine Ort zum Trauern auf dem Friedhof", sagt Pastor Paschen.

Der Kieferngarten kann beide Ansprüche er füllen. "Es kommt häufiger vor, dass mich eine Familie bittet, sie zur Beisetzung zu begleiten. "Ich halte an dem Urnengrab dann eine Ansprache, in der ich mit den Angehörigen in besonderer Weise den Dialog suche", sagt er. "Mein Ziel ist, die Lebensmelodie des Verstorbenen zum Klingen zu bringen." Mit Geld hat die seelsorgerliche Arbeit von Pastor Paschen nichts zu tun: "Einige denken jedoch, dass ein Pastor extra kostet, wenn er bei der Bestattung dabei ist."

Doch das ist - Gott sei Dank - nicht so. Wenigstens den Beistand der Kirche in den schweren Stunden des Abschieds von einem geliebten Menschen gibt es weiterhin gratis.