“Tritt keck auf, mach's Maul auf, hör' bald auf!“ Das Zitat von Martin Luther steht in Großbuchstaben auf einem grünen Plakat, dass im Raum 5 der Volkshochschule in Ahrensburg hängt.

Ahrensburg. Die zwölf Jugendlichen, die an Inge Decker-Meyers Kommunikationstraining teilnehmen, haben es aufgehängt. Dass aber selbst Profi-Redner diese Tugend nicht immer beherzigen, bewies der Gast des von der Bürgerstiftung Ahrensburg veranstalteten Seminars.

Mit Spannung erwarteten die 15- bis 18-Jährigen gestern Mittag ihren hohen Besuch: Ralf Stegner, Landesvorsitzender der SPD Schleswig-Holstein. Er war der Einladung von Michael Eckstein, dem Vorsitzenden der Bürgerstiftung, gefolgt, um mit den Jugendlichen eine Stunde lang über Kommunikationstechniken in der Politik zu sprechen. "Bisher haben wir gelernt, wie wir überzeugend auftreten und auf was wir beim Reden achten müssen - Mimik, Gestik, Sprachgeschwindigkeit, Pausen", sagte Mareike Moormann, "jetzt bin ich gespannt, ob uns Herr Stegner vielleicht seine ganz persönlichen Tricks verrät. Und worauf er das Augenmerk bei seinen Reden legt."

Ralf Stegner enttäuschte seine jungen Zuhörer nicht und plauderte in lockerer Manier aus seinem Erfahrungsschatz. "Ich bin ein großer Freund der freien Rede", sagte der 49-jährige Politiker. "Das wirkt überzeugender als vom Manuskript abzulesen." Der Nachteil sei, dass seinen Mitarbeitern dabei häufig der Schweiß auf der Stirn stehe, weil sie nicht wüssten, was er als nächstes sagen würde. Generell seien Reden natürlich abhängig vom Publikum und davon, was man will: "Bei einer 20-Minuten-Rede im Parlament bleiben mit Glück zwei knackige Sätze hängen."

Mit besonders neugierigen Blicken verfolgten die Jugendlichen Ralf Stegners Ausführungen zu seinen "Grundregeln". "Man sollte nicht immer alles sagen, was man weiß, aber man sollte wissen, was man sagt", das sei eine der wichtigen Regeln. "Und man ist als Politiker auch nicht verpflichtet, langweilig zu reden", sagte Stegner mit einem Schmunzeln. Es könne auch mal ein "bisschen bunter" sein. "Wenn man nicht nur zwei Jahre in der Politik tätig sein will, sollte man keine Dinge formulieren, die einen nächstes Mal wieder einholen", so Stegner. Deshalb mache er nur wenige Versprechungen.

Jana Olbrich interessierte weniger die Redekünste des dreifachen Familienvaters, sondern vielmehr seine Mankos. "Haben Sie eigentlich auch Schwächen, Herr Stegner?", fragte die Schülerin. Ja, davon habe er eine Menge, sagte er und lachte. "Mich kurz zu fassen, ist zum Beispiel keine Stärke von mir." Es sei nicht immer klug, wenn man diese Fähigkeit nicht besitze. "Zudem wird ein gewisses Maß an Eloquenz von anderen manchmal als Arroganz interpretiert", sagte Stegner. Und er neige dazu, immer zu sagen, was er denke. "Ich bin kein guter Schauspieler. Ich kann Sympathien und Antipathien nicht verbergen." Das sei ein Vorteil und Nachteil zugleich. Das sei zumindest ehrlich, bemerkte eine junge Teilnehmerin der Gesprächsrunde.

Und welchen Eindruck hat der SPD-Landesvorsitzende bei den anderen Jugendlichen des Kommunikationstrainings hinterlassen? "Er wirkt wesentlich zahmer als im Fernsehen", sagte Hendrik Schmidt. "Er ist eben ein Politiker", stellte Mareike Moormann fest, "und das ist seinen Äußerungen auch anzumerken." Neulich sei bei ihr an der Schule auch eine Politikerin gewesen, die sehr ähnliche Dinge vorgetragen habe. "Ralf Steger ist zum Teil zu wenig auf unsere Fragen eingegangen", sagte die 18-Jährige. Aber interessant seien seine Antworten trotzdem gewesen. "Toll ist auf jeden Fall, dass er sich die Zeit genommen hat, unser Seminar zu besuchen."