Gartenarbeit gegen selbst gestrickte Pullover, Bürodienst gegen gebastelte Gestecke: Für fast alles gibt es einen freundlichen Fachmann.

Bad Oldesloe. Es ist wohl der älteste Handel - das Tauschgeschäft. In Zeiten, in denen Geldmünzen noch rar waren und es noch keinen Dollar und Euro gab, tauschten die Menschen Nahrungsmittel, Kleidung und Arbeitsleistungen: Der handwerklich begabte Nachbar half bei Reparaturen am Haus, und umgekehrt wurde er bei der Ernte unterstützt. Ähnlich wie vor vielen Jahrhunderten funktioniert auch der Oldesloer Tauschring "Tat und Rat".

Die Initiative wurde vor rund einem Jahr gegründet und hat jetzt 15 Mitglieder. "Die Idee ist eher aus der Not entstanden", sagt Adelgunde Denkena: "Als ich mich von meinem Mann getrennt hatte, fehlte jemand daheim, der handwerkliche Dinge erledigen konnte." Gemeinsam mit Marion Petersen beschloss sie, den Tauschring zu gründen. "In vielen alltäglichen Dingen kann man sich gegenseitig helfen", sagt Petersen: "Jedes Mitglied im Tauschring hat seine Stärken, und diese bringt es ein. Wichtig ist jedoch, dass man das Handwerk wirklich beherrschen muss, wenn man beispielsweise Reparaturen an elektrischen Geräten oder am Auto anbietet. Denn nur ein Fachmann sollte die Bremsen an einem Auto erneuern."

Marion Petersen ist Frührentnerin und arbeitet als Tagesmutter. Im Tauschring bietet sie auch Blumengestecke und Torten an. Für Adelgunde Denkena hatte sie dieses Jahr ein Ostergesteck gemacht sowie eine große Schale Tiramisu für eine Familienfeier. "Dies ist nicht so meine Stärke", sagt Denkena. Sie kennt sich als Beamtin besser in Büroangelegenheiten aus und bietet im Tauschring beispielsweise an, Dokumente zu sortieren oder Briefe zu verfassen - so wie für Wilma Heider. Die Rentnerin musste an eine Behörde schreiben. Dabei half ihr die Beamtin. Wilma Heider ist wiederum sehr gut im Stricken und hat schon für Adelgunde Denkena und Marion Petersen eine Jacke und einen Pullover gestrickt. "Besonders beliebt sind jetzt auch diese Handytaschen. Die werden im Tauschring auch häufig bei mir angefragt", sagt Wilma Heider. Da die alte Dame nicht mehr so fit ist, braucht sie vor allem Hilfe im Garten. "Zuletzt musste bei mir ein Baum gefällt und das Garagendach gereinigt werden", sagt sie. Dies machte dann Rainer Goergens. Der Straßenwärter hat eine Kettensäge und half der Rentnerin. Für Adelgunde Denkena mähte er den Rasen, und für Marion Petersen fuhr er mit seinem Anhänger schon mal die Gartenabfälle zum Recyclinghof. "Weil ich ein großes Auto und einen Anhänger habe, kann ich besonders sperrige Sachen gut transportieren", sagt er. Und dieses Angebot nahm auch Marc Denkena an, der Sohn der Vereinsgründerin. "Als ich aus Hamburg zurück zu meiner Mutter gezogen bin, half mir Rainer, mein Bett zu transportieren." Marc Denkena bietet seinerseits Hilfe an, wenn der Computer streikt. Der Auszubildende zum IT-Systemelektroniker kennt sich sehr gut mit dem Innenleben eines Rechners sowie mit diversen Programmen aus. Für Rainer Goergens reparierte er beispielsweise einen Laptop. "Von so etwas habe ich gar keine Ahnung", sagt Goergens.

Auch Dinge zum Verleih werden angeboten, beispielsweise ein Partyzelt oder ein großer Grill. "Der Tauschring ist praktisch - vor allem für Menschen, die nicht viel Geld haben", sagt Marion Petersen. Wer was anbietet, können die Mitglieder im Internet auf der Homepage sehen. "Dort hat jeder auch sein Zeitkonto. Denn die Währung, mit der bezahlt wird, ist Zeit. Wenn beispielsweise ein Mitglied ein anderes zum Arzt gefahren oder den Rasen gemäht hat, gibt derjenige, der die Leistung in Anspruch genommen hat, 60 Minuten von seinem Konto ab", sagt Petersen. Eine Spielregel ist, dass nie jemand mehr als 900 Minuten im Plus oder Minus sein darf. Petersen: "Dann darf derjenige keine Arbeit mehr anbieten beziehungsweise annehmen." Eine weitere Regel: Sprit- oder Materialkosten müssen von den Mitgliedern mit Euro bezahlt werden.

Der Tauschring sucht noch Mitglieder. Interessierte können zum nächsten Infotreffen am 17. August um 18 Uhr ins Bürgerhaus (Mühlenstraße 22) nach Bad Oldesloe kommen.

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