“Wir sind keine Draufgänger“, sagen die beiden Wanderer. Ein Führer, ein Kofferträger und ein Pferd haben sie bei ihrer 210 Kilometer langen Tour unterstützt.

Ahrensburg. Früh morgens geht die Sonne über den Berggipfeln des Himalaja auf. Ihre ersten Strahlen tauchen die karge, unbewachsene Hochebene in fahles Licht. Zeit zum Aufstehen für Marco Prehn (37) aus Ammersbek und Lars Oumar (40) aus Groß Rönnau (Kreis Segeberg). Beide sind am Abend zuvor sehr früh schlafen gegangen. Ohne Strom und elektrisches Licht lässt sich in vollkommener Dunkelheit wenig anfangen. Außerdem wollen sie an diesem Tag wieder zig Kilometer bis zum nächsten Dorf zurücklegen. Beide machen Urlaub.

Ein harter Urlaub. Fließendes Wasser gibt es nicht, sie waschen sich mit ein paar Tropfen aus einer Trinkflasche. Nach dem Frühstück schnallen sie ihre Rucksäcke auf den Rücken. Und dann geht es los. Raus in die scheinbar endlose Bergwelt Nepals, über schmale Wanderwege, manchmal direkt an einem Abgrund entlang.

Zu Hause in Ammersbek blickt Marco Prehn zurück. "Unsere Trekkingtour durch Nepal war vielleicht keine Erholung für den Körper, aber für den Geist", sagt der Bürokaufmann. Mit Lars Oumar ist er seit der Ausbildung vor 21 Jahren befreundet. Zusammen sind die beiden schon etwa 25-mal verreist. Die knapp dreiwöchige Trekkingtour durch das Annapurna-Gebiet im Himalaja von Ende Februar bis Mitte März dieses Jahres war die zweite gemeinsame Reise nach Nepal. Mit ihren Ehefrauen fahren die beiden auch mal ganz unspektakulär zum Entspannen ans Meer

"Wir sind keine Draufgänger", sagt Marco Prehn. Das Risiko sei immer abschätzbar gewesen. "Wenn wir gemerkt hätten, wir schaffen es nicht, hätten wir auch abgebrochen." Doch sie haben es geschafft. In zweieinhalb Wochen legten sie rund 210 Kilometer zurück und überwanden mit dem 5416 Meter hohen Thorong-La-Pass einen der höchsten der Welt.

"Ich mach das nicht, um mir etwas zu beweisen, sondern weil es mir Spaß macht", sagt Lars Oumar, "ich habe Interesse an dem Land und den Leuten. Außerdem trifft man auf dem Weg viele Gleichgesinnte." Prehn ergänzt: "Die Menschen dort haben nichts. Aber geistig sind sie viel reicher als wir, weil sie so dankbar und glücklich sind."

Während der Reise mussten die beiden auf Radio, Telefon und Fernsehen verzichten. Manchmal hatten sie eine Internet-Verbindung.

Ihre Reise begannen die beiden in Kathmandu, der Hauptstadt Nepals. Von dort aus brachte sie ein Bus in das 300 Kilometer entfernte Dorf Besi Shahar, den Ausgangspunkt der Wanderung. "Als wir starteten, waren es 28 Grad. Durch die körperliche Anstrengung war uns so warm, dass wir noch bis zu einer Höhe von 3500 Metern kurze Hosen tragen konnten", berichtet Oumar. Die erste Etappe der Reise führte die beiden Freunde durch warme, trockene Gebiete mit Bananenplantagen und Affen in den Bäumen. Je höher sie in die Berge kamen, desto karger und wüstenähnlicher wurde die Landschaft. Während der gesamten Tour wurden sie von dem professionellen Führer Bibek Pandey (28) und einem sogenannten Porter begleitet, der den Großteil des Gepäcks trug. "Obwohl die Nepalesen nur etwa 1,50 Meter groß sind, war er mit unseren etwa 30 Kilo schwerem Gepäck schneller als wir", sagt Prehn. Bibek Pandey kannten die beiden bereits von ihrer letzten Tour im Himalaja 2005. Mittlerweile ist der Guide ein guter Freund und kam sogar schon zu einem Besuch nach Deutschland.

Ab einer gewissen Höhe hatte Lars Oumar aufgrund des Sauerstoffmangels mit Schlafproblemen zu kämpfen. Als mit dem Thorong-La-Pass der höchste Abschnitt der Tour kurz bevorstand, entschied er sich für eine weniger kraftraubende Fortbewegungsmöglichkeit: "Unser Führer hat für mich ein Pferd aufgetrieben, das mich auf den Pass hoch trug. Dadurch habe ich den Sauerstoffmangel kaum bemerkt." Marco Prehn hingegen, dem die Höhe bis dahin nicht zu schaffen gemacht hatte, machte sich einige Stunden früher alleine zu Fuß auf den Weg. Doch mit steigender Höhe setzten Kopf-, später auch Herzschmerzen ein. "Ich bin ein paar Meter gegangen und hatte sofort das Gefühl, ich müsste brechen," schildert er seinen Zustand, "das ging eineinhalb Stunden lang so. Ich habe echt gedacht, ich geh' drauf." Seine Familie und Freunde seien ihm durch den Kopf gegangen. Die große Erleichterung kam erst kurz vor dem Gipfel: "Ich hörte die Glocke von Lars' Pferd, als er mich endlich eingeholt hatte. Wir fielen uns in die Arme, und mir kamen die Tränen, so erleichtert war ich."

Auf dem Gipfel legten die beiden Fußballfans eine HSV-Flagge auf einem Berg aus Gebetsflaggen nieder. Nach dem Glauben der Nepalesen sollen die Gebete vom Wind in die Berge zu den Göttern getragen werden. Danach ging es wieder bergab bis zum alten Pilgerort Muktinath, der sowohl Hindus als auch Buddhisten heilig ist. Ab dort folgten sie dem Weg an der Grenze des verbotenen Königreichs Mustang entlang.

Weiter talwärts führte der Trekking-Pfad durch Regenwald und Gemüsefelder. Die letzte Strecke legten Marco Prehn und Lars Oumar wieder mit dem Bus zurück. In der Stadt Pokhara stiegen sie ins Flugzeug Richtung Heimat. "Mit Wehmut, aber auch mit Stolz" sagt Prehn.

"Nach so einer Reise sieht man viele Dinge hier anders," sagt Lars Oumar, "man weiß, dass man auf so vieles verzichten kann." Marco Prehn helfen die besonderen Erfahrungen auch in seinem Beruf: "Wenn ich Stress im Job habe, gucke ich mir die Fotos an und denke mir'wenn ich das dort geschafft habe, bekomme ich dieses hier auch hin!'"