“Gelbe Karte“ für das Gesundheitssystem: Umsatz sinkt um bis zu 50 Prozent. Mediziner fragen: Was ist uns die Gesundheit der Bevölkerung wert?

Ahrensburg/Bad Oldesloe. Am kommenden Mittwoch werden in zahlreichen Städten und Gemeinden Stormarns die Arztpraxen geschlossen bleiben. Die Mediziner wollen an diesem Tag ihre Proteste gegen die Honorarreform fortsetzen und "Gelbe Karten" als Denkzettel an das Gesundheitsministerium in Kiel übergeben. Ein Notdienst hält die Patientenversorgung im Kreis aufrecht. Durch die Honorarreform stehen jedem Haus- und Facharzt nur noch zwischen 6 bis 12,50 Euro je Patient im Monat zur Verfügung. Auch in den Praxisräumen der Ahrensburger Augenmediziner Peter Hermjacob und Johannes Prädikow konnten Patienten in den vergangenen Tagen die "Gelben Karten" ausfüllen und damit ihre Stimme gegen die Reform abgeben. Im Wartezimmer informieren Plakate über die Lage der Ärzte.

Und die ist bei manchen schon jetzt dramatisch. 50 Prozent Umsatzeinbußen hat die Gemeinschaftspraxis der Augenärzte nach eigenen Angaben bei den gesetzlich versicherten Patienten eingefahren. Die Mediziner bekommen etwa 20 Euro für einen Patienten im Quartal - egal, wie oft er sich behandeln lässt. Zusätzlich ist die Gesamtzahl der Patienten begrenzt. In ihrem Fall auf etwa 1000. Wenn sie mehr behandeln, gibt es nicht mal mehr die 20 Euro, sondern lediglich einen Cent je Patient von den Kassen. Der ist natürlich nur symbolisch. "Wir dürfen nicht gratis behandeln", sagt Augenarzt Hermjacob.

Trotzdem blieben die Kosten für jeden weiteren Patienten bei den Ärzten hängen. Denn Mieten, Personal und Geräte müssten weiterhin bezahlt werden. Hermjacob: "Das ist so, als würde bei einer Autoreparatur einen Teil die Versicherung, einen weiteren Teil die Werkstatt bezahlen." Sein Kollege Johannes Prädikow ergänzt: "Wir haben keine Planungssicherheit, da wir unser Geld von den Kassen erst nach sieben Monaten bekommen." Von einer Freiberuflichkeit könne nicht mehr die Rede sein. Das persönliche und über mehrere Jahre aufgebaute Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt bleibe auf der Strecke. Die freie Arztwahl und die bisherige gute medizinische Versorgung könnten ihrer Meinung nach bald Geschichte, Portalkliniken und Polikliniken könnten die Folge sein. All diese Entwicklungen fasst Augenarzt Prädikow in einer Frage zusammen: "Was ist einer Gesellschaft die Gesundheit der Bevölkerung wert?"

Peter Hermjacob sagt, es sei "politisch gewollt, dass Ärzte in Abhängigkeit kommen. Sie lassen sich dann besser steuern." Einige Kollegen hätten ihre Selbstständigkeit aufgegeben und sich anstellen lassen. Unterm Strich sehen die beiden Ärzte düstere Zeiten auf ihren Berufstand und die Patienten zukommen. Sie befürchten eine schlechtere Versorgung und längere Anfahrtswege für die Patienten.

In Mollhagen nimmt Hausarzt Dr. Matthias Ogilvie die gesammelten "Gelben Karten" für die Kollegen, die am Mittwoch ihre Praxis dennoch öffnen wollen, mit nach Kiel. Mehrere Tausend seien da zusammengekommen. Ogilvie sagt: "Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es Irrsinn, am Ende des Quartals die Praxis noch zu öffnen. Aber viele Ärzte leiden nun mal unter dem Helfersyndrom. Trotzdem machen einige Kollegen zum Quartalsende nur noch Notfallbehandlung." Der Allgemeinmediziner habe selbst Einbußen von etwa 10 bis 20 Prozent. "Das tut schon weh."

Ein weiterer Kostenfaktor: Seit dem 1. Juli bekommen Arzthelferinnen fünf Prozent mehr Gehalt. Damit ist der Berufsstand trotzdem noch "grottenmäßig unterbezahlt", sagt der Mollhagener. Am Mittwoch wird ein Notdienst die ärztliche Grundversorgung sicherstellen. Das ist allen Ärzten wichtig. Denn die Patienten leiden nach ihrer Auffassung schon genug unter der Reform. Auf Anrufbeantwortern und mit Aushängen werden die Patienten an geschlossenen Praxen informiert.

Weitere Aktion sind vor den Bundestagswahlen vorgesehen. Dann wollen die Mediziner statt Verwarnungen "Rote Karten" verteilen.