Die Straße Rickmerspark verrät es schon: Hier mitten im Ahrensburger Alleenviertel hat die Familie der berühmten Reederei Rickmers gewohnt.

Unübersehbar ragt ihr ehemaliges Sommerhaus über die später daneben gebauten Häuser. In einer Broschüre aus dem Jahr 1911 werden die Vorzüge der neu gebauten Wohnsiedlung beschrieben. Fazit: "Es dürften wohl kaum viele Orte in landschaftlicher und sanitärer Beziehung sich besser zur Niederlassung eignen als Ahrensburg." Außerdem hielten sich die Preise noch auf "sehr mäßiger Höhe" - auch in allerbester Lage.

Offenbar überzeugten diese Vorzüge auch die Familie Rickmers. Ab 1921 lebte Paul Henry Rickmers (1873-1946) in dem Haus, das bereits Anfang des Jahrhunderts gebaut wurde. "Die Rickmers Villa soll 1908/09 von dem Kaufmann Hertwig erbaut worden sein", berichtet Angela Behrens vom Ahrensburger Stadtarchiv. 1931 Jahre zog Paul Rickmers, der Großvater der heutigen Unternehmensführer Erck und Bertram Rickmers, in die Schweiz. Zurück ließ er sein herrschaftliches Haus in der Parkallee 2. Das dazugehörige Grundstück wurde später als Rickmerspark besiedelt. Anfang der 80er-Jahre wurde das Haus entkernt und in acht Eigentumswohnungen aufgeteilt.

Wer das Haus heute betritt, sieht direkt auf ein Bild der "Rickmer Rickmers", das einer der Bewohner an der Wand im Flur aufgehängt hat. Aber wer lebt heute in der Villa, mit dem die Familie Rickmers Spuren in Ahrensburg hinterließ? Die meisten ihrer Nachbarn seien Junggesellen, erzählen Carsten und Anne Braumann. Das Ehepaar hat vor fünf Jahren eine Wohnung im ersten Stock gekauft. Oder in der "Beletage", wie es der Groß- und Außenhandelskaufmann nennt. "Damals war es hier drin ziemlich dunkel", sagt Anne Braumann. Sie zeigt Fotos von moosgrünen Wände, einer rustikalen Eichenküche, dunkelbraunen Türen - so sahen die Zimmer vor der Renovierung aus.

Heute wohnen die Braumanns mit ihren Kindern Hanna Marie und Jan Hendrik in einer modernen hellen Wohnung mit Laminatboden und weiß gestrichenen Wänden. Die 110 Quadratmeter der Zwei-Zimmer-Wohnung haben sie in drei Räume geteilt. An die alte Aufteilung der Rickmers Villa erinnert noch eine Glaswand, die die Balkonseite der Braumanns von der Seite ihres Nachbarn trennt. Auch die großen Fenster zeugen noch von der Bauweise des frühen 20. Jahrhunderts. "Unter der abgehängten Decke haben wir Stuck entdeckt", sagt Carsten Braumann. Die Verzierungen seien jedoch bei früheren Bauarbeiten mit Dübeln durchlöchert worden.

Wenn die Braumanns auf ihrem Balkon sitzen, sind sie umgeben von Grün: Große Bäume auf allen Seiten, von unten leuchtet der Rasen aus dem Garten des 3000 Quadratmeter-Grundstück und auf dem Balkon haben Anne und Carsten Braumann zahlreiche Pflanzen aufgestellt. "Heute morgen habe ich die Physalis gegossen", sagt der dreijährige Jan Hendrik stolz. Ein Stockwerk tiefer klingt Hämmern und Klopfen aus leer geräumten Zimmern. Ein junges Paar, das demnächst mit seinen Kindern hier einziehen wird, renoviert seine neue Altbauwohnung. Unter ihrem Fenster liegt die Terrasse von Horst Franck. Der Rentner wohnt im Souterrain der Rickmers Villa. "Aber im Sommer ist die Terrasse mein eigentliches Wohnzimmer", sagt der 74-Jährige. Er hat gehört, dass die Familie Rickmers das Haus als Sommersitz genutzt habe. "Es ist ja auch wunderschön hier", sagt Franck. Hinter den neu bepflanzten Beeten, die seine Terrasse begrenzen, beginnt der Garten, den alle Hausbewohner nutzen können.

Oben auf dem Balkon sitzen die Braumanns beim Tee zusammen. Die Tradition der täglichen Teatime hat Carsten Braumann aus Südafrika mitgebracht, wo er aufgewachsen ist. So wie die junge Familie saß vielleicht auch früher Paul Henry Rickmers auf diesem Balkon. Trank eine Tasse Tee und genoss den Ausblick ins Grüne. Heute füllen die neuen Bewohner die Villa wieder mit Leben. Familie Braumann wird ihre Traumwohnung jedoch wohl bald wieder verlassen. "Wir brauchen mehr Platz, suchen jetzt ein Haus", sagt Anne Braumann. Trennen könnten sie sich nur schwer von ihrer Wohnung in der Parkallee. "Die Rickmers Villa ist schon ein ganz besonderes Haus."