8100-Einwohner-Gemeinde plant Verwaltungsgebäude mit mindestens 1300 Arbeitsplätzen. Die Landesregierung unterstützt die Ansiedlung.

Oststeinbek. Die Allianz-Versicherung will ihre Niederlassung am Großen Burstah in der Hamburger Innenstadt möglicherweise aufgeben. Derzeit werden Gespräche mit Investoren und Grundstückseigentümern geführt. Am Weitesten sind offenbar die Verhandlungen mit der Gemeinde Oststeinbek gediehen. Nach Auskunft des Bürgermeisters Karl Heinz Mentzel ist dort der Allianz-Vorstand bereits vorstellig geworden. "Die wollen hier ein Gebäude mieten, das von einem Investor gebaut werden soll", sagt Mentzel. "1300 Arbeitsplätze sollen entstehen, mit einer Option auf 650 weitere." Die Aufstellung eines Bebauungsplans für das rund zehn Hektar große Grundstück am Rand des Oststeinbeker Gewerbegebiets ist bereits beschlossen.

Vera Werner, Pressesprecherin des in München ansässigen Versicherungsriesen Allianz Deutschland AG, bestätigt die Suche nach einem neuen Standort. "Noch ist aber nichts entschieden. Es gibt mehrere Varianten, die noch geprüft werden müssen." Die Allianz habe sich vorgenommen, in der zweiten Jahreshälfte zu einem Ergebnis zu kommen. "Ein Umzug würde frühestens im Jahr 2012 erfolgen." Bauherr des Verwaltungsgebäudes ist die Hanseatische Betreuungs- und Beteiligungsgesellschaft (HBB) in Lübeck. Die hat die fraglichen Grundstücke bereits erworben. Geschäftsführer Marcus Scheck sagt: "Wenn es nach mir gehen würde, könnten wir in den nächsten zehn Minuten den Vertrag mit der Allianz unterschreiben." Der HBB-Geschäftsführer rechnet mit einer Bauzeit von zwei Jahren. "Ich hoffe, dass wir im ersten Quartal 2010 die Baugenehmigung haben", sagt er. Wie hoch sind die Baukosten? Genaue Zahlen will er nicht nennen, aber: "Das wird eher an die 100 Millionen Euro heranreichen als an die 50 Millionen." Gibt es angesichts der Wirtschaftslage Schwierigkeiten, dafür das Geld von den Banken zu bekommen? "Nein", sagt Scheck, "nicht, wenn man die Allianz als Partner hat."

Sollte der Versicherungskonzern tatsächlich nach Oststeinbek ziehen, gewönne die 8100-Einwohner-Gemeinde einen potenten Gewerbesteuerzahler. "Beziffern lässt sich das natürlich nicht, aber das ist etwas, wofür es sich lohnt, sich ins Zeug zu legen", sagt der Bürgermeister Karl Heinz Mentzel. "Das ist ohne Zweifel das größte Ansiedlungsvorhaben in der Geschichte Oststeinbeks."

Einige Hürden hat Mentzel schon genommen. Zunächst galt es, die Landesplanungsbehörde davon zu überzeugen, dass auf dem Grundstück zwischen dem Gewerbegebiet, dem Sportzentrum und dem Breedenweg ein Verwaltungsgebäude entstehen kann. Denn im Flächennutzungsplan ist das Areal als potenzielles Wohngebiet ausgewiesen.

Die Landesregierung unterstützte das Vorhaben von Anfang an. Der Wirtschaftsminister Jörn Biel (CDU), damals noch nicht im Amt, sagt heute: "Angesichts der konjunkturell angespannten Lage ist die Entscheidung der Allianz ein wohltuend warmer Regen für Schleswig-Holstein und natürlich auch für Oststeinbek selbst. Das Wichtigste ist allerdings, dass die mehr als 1000 Arbeitsplätze in der Metropolregion erhalten bleiben. Das wird mittel- und langfristig spürbar positive Auswirkungen auf die Wirtschaft in Hamburg und Schleswig-Holstein haben."

Mit dem grünen Licht aus Kiel konnte Oststeinbek dann loslegen. Der Beschluss zur Aufstellung des B-Plans ist gefasst, auf einer gesonderten Veranstaltung wurden die Bürger informiert. Am 29. Juni steht der Auslegungsbeschluss auf der Tagesordnung. Bei den Abstimmungen gab es jedes Mal eine breite Mehrheit quer durch alle Fraktionen. Im Herbst soll der B-Plan fertig sein.

Dem Oststeinbeker Bürgermeister geht es mit der Ansiedlung auch darum, im Ort Verwaltungs-Arbeitsplätze anzubieten, die es dort nicht gerade in reicher Zahl gibt. "Vielleicht können wir ja auch den einen oder anderen Allianz-Mitarbeiter davon überzeugen, zu uns zu ziehen", sagt Mentzel.

Was hat die Allianz bewogen, gerade die kleine Gemeinde am östlichen Rand der Hansestadt als möglichen Standort auszusuchen? "Der Gewerbesteuerhebesatz ist ein wichtiges Kriterium", sagt Vera Werner, "aber nicht das einzige." Auch die Lage an der Autobahn habe eine Rolle gespielt.

Die Unterschiede bei den Steuern sind indes durchaus eindrucksvoll. Der Hamburger Steuersatz liegt bei 470 Punkten, der Oststeinbeker bei 275. "Zuvor lag er jahrelang bei 245", sagt Mentzel. "Wir haben hier nicht die Angewohnheit, ständig an der Steuerschraube zu drehen. Ich glaube, das hat der Allianz gefallen."

Die Allianz will in Oststeinbek als Mieter in das Gebäude einziehen. Auch der jetzige Sitz der Norddeutschlandzentrale am Großen Burstah ist nur gemietet. Diese Form ist für die Allianz offenbar die finanziell günstigste. Die Verhandlungen zwischen dem Investor HBB, der Allianz und der Gemeinde Oststeinbek sind offenbar schon weit fortgeschritten. Grundsätzlich ist man sich einig, längst sind die Partner in Detailfragen vertieft. Wie viel Parkplätze braucht man? Kann die Kreuzung Möllner Landstraße/Willinghusener Weg den zusätzlichen Autoverkehr bewältigen? Muss es einen Lärmschutz fürs Wohngebiet Breedenweg/Querweg geben? Wie kann das Verwaltungsgebäude an den öffentlichen Nahverkehr angebunden werden? Wäre ein Shuttle-Service zur U-Bahn-Station Steinfurther Allee (U 3) attraktiv? Wie viele Raucherräume werden benötigt? Viele Fragen. In Oststeinbek rauchen die Köpfe.