Kritik an “fadenscheinigen Gründen“ für die Sperrung der Großen Straße. Rangeleien und Schlägereien nach Alkohol-Exzessen. Anwohner sauer über Müllberge, Scherbenhaufen und Wildpinkler in Hauseingängen.

"Ich find's toll", sagt Caitlin und strahlt über das ganze geschminkte Gesicht. "Ich bin ein Einhorn", sagt die fröhliche kleine Ahrensburgerin, die sich mit ihrem Vater beim Stadtfest in Ahrensburg auf der Kindermeile vergnügt. Sie hat sich ein buntes Band ins Haar flechten lassen, den Highjumper ausprobiert, einen Smoothie getrunken und versucht, auf Stelzen zu laufen. "Und ich habe zwei neue Freunde gefunden. Die kommen aus Marokko. Wir wollen uns zum Spielen treffen", erzählt die Neunjährige. Vater John Reed nickt und sagt: "Beim Ahrensburger Stadtfest trifft man die ganze Welt."

Drei Tage herrschte in Ahrensburgs Innenstadt Partystimmung - mit Live-Musik auf drei Bühnen. Rund 100 000 Besucher genossen das fröhliche Treiben. Das Stadtforum als Veranstalter zog eine positive Bilanz. "Wir sind zufrieden" sagte der Vorsitzende Götz Westphal. Dass ausgerechnet zum 25. Stadtfest eine verkleinerte Fläche zur Verfügung stand, tat dem Erfolg des Festes seiner Ansicht nach keinen Abbruch.

Die Besucher feierten fröhlich und tanzten vor den Bühnen zu den Hits, die die NDR-Sommerband und die "Movemaniaxx" zum Besten gaben. Rüdiger Hofmann war verantwortlich für das Bühnenprogramm an der Hagener Allee: "Schon kurz nach der Eröffnung am Freitag waren mehr Besucher da als in den Vorjahren. Bei der Ü 29-Party war schlichtweg die Hölle los."

Die Große Straße stand wegen der Bauarbeiten nicht zur Verfügung. Kurz vor Beginn des Stadtfestes war an der Kreuzung zur Klaus-Groth-Straße eine Baugrube ausgehoben worden. "Das ist wohl eher ein Buddelloch. Eine Alibi-Grube", sagte Götz Westphal, "ich frage mich, ob das nicht bis Montag Zeit gehabt hätte?"

Bernd Freytag, Moderator der Taekwon-do-Vorführung, sieht das genauso und übt heftige Kritik an der Stadt. "Es ist skandalös, wie man eines der größten Stadtfeste im Norden mit Füßen tritt, indem man unter fadenscheinigen Gründen die Große Straße sperrt." Auf dem Weg, den Kreis Stormarn für Touristen attraktiver zu machen, seien Entscheidungen wie diese kontraproduktiv. Freytag: "Das Ahrensburger Stadtfest ist eines der größten im Norden und ein Werbeträger für den ganzen Kreis."

Jutta Bohmsach stört das nicht. Sie kommt jedes Jahr mit ihrer Clique aus Poppenbüttel in die Schlossstadt. "Es ist eine schöne gesellige Veranstaltung", sagt die 65-Jährige und prostet ihren Freuden mit einem Glas Weißwein zu. "Auf einen schönen Abend", sagt sie. Birgit Schilz aus Großhansdorf mag die "ungezwungene Atmosphäre". Birgit Niemann aus Bargteheide freut sich, alte Bekannte zu treffen.

Unterwegs sind auch zwei attraktive junge Damen in einem Polizei-Outfit. "Bei uns können die Besucher pusten und ihren Promillegehalt feststellen lassen", sagt Carina Jacobi. Auf ihrer blauen Schirmmütze steht ihre Berufsbezeichnung für diesen Abend: "Promille Polente". Einmal pusten kostet drei Euro. "Wer exakt schätzt, kriegt das Geld zurück." Die 20-Jährige ist im Auftrag eines Hamburger Unternehmens unterwegs, das mit dem Slogan "Die schönste Alkoholkontrolle der Welt" für sich wirbt. Der Leiter der Bargteheider Polizeistation Eckart von Kleist: "Mit Prävention hat das überhaupt nichts zu tun." Stadtfest-Organisatorin Kathrin Fürstenberg von der Oldesloer Eventagentur EPM Concept wundert sich, dass die beiden Damen überhaupt aufgetaucht sind. "Wir hatten die Anfrage Anfang des Jahres abgelehnt", sagt sie. "Das ist nur eine Geschäftsidee, die ein falsches Signal setzt."

Am Morgen nach der dreitägigen Party: überquellende Papierkörbe, Glasscherben auf Straßen und Fußwegen, Wodkaflaschen, Flachmänner und Sektbuddeln vor dem Penny-Markt an der Klaus-Groth-Straße, im Lehmannstieg und in der Großen Straße. "Das ist der größte Saustall seit 20 Jahren. Das habe ich noch nicht erlebt", sagt Günther Rathje. Der 77-Jährige ist gebürtiger Ahrensburger und wohnt an der Lohe, mitten im Zentrum.

"Und dann der Gestank. Direkt neben dem Bierausschank standen Toilettenwagen. Aber die wurden nicht benutzt", sagt der Rentner, "stattdessen wurden die Hauseingänge vollgepinkelt."

Bei seinem Spaziergang am Sonntagmorgen trifft er in der Rathausstraße auf eine Anliegerin, die mit einem Schrubber die Hinterlassenschaften vom Vortag beseitigt. "So schlimm war es noch nie", sagt die Frau. Günther Rathje ist froh, dass er das nicht machen muss: "Wir haben unseren Eingang in der Lohe schon abgeriegelt. Aber in den gegenüberliegenden Garageneinfahrten waren die überall."

Organisatorin Kathrin Fürstenberg lässt die Kritik nicht gelten: "Diese Straßen lagen nicht im Bereich des Stadtfestes. Der ging nur bis zur Absperrung am Rondeel." Innerhalb des Stadtfestgebietes, also an der Manhagener und Hagener Allee und an der Hamburger Straße, sei dagegen am Sonnabend- und auch am Sonntagmorgen aufgeräumt worden. Kathrin Fürstenberg sagt: "Wir hatten dafür eine Fremdfirma organisiert. Und das hat auch bestens geklappt." Die Endreinigung am Montagmorgen übernehmen die Mitarbeiter des städtischen Bauhofs.

Für die Anliegerin, die am Sonntagmorgen zum Beseneinsatz raus musste, und für Günther Rathje ist das kein Trost. "Das hat natürlich mit dem Alkohol zu tun. Die jungen Männer kamen ja mit ganzen Bierkisten. Und den Korn hatten sie im Pappkarton. Der wurde umgefüllt", sagt Rathje. Er versucht es mit Humor zu nehmen: "Am besten wär's, das Stadtfest im nächsten Jahr im Beimoor-Süd zu feiern."