Engländer und Franzosen waren die ersten, die die Waldfrucht im 16. Jahrhundert kultivierten. Jeder Deutsche isst im Durchschnitt 2,4 Kilogramm. Die Frucht inspirierte Dichter und Künstler - und spielten in Filmen wie “9 1/2 Wochen“ und “Pretty Woman“ eine Rolle.

Ahrensburg

"Wer könnte sich dem Zauber ihres süßen Geschmacks, ihres himmlischen Duftes, ihrer festlichen roten Farbe entziehen?" Mit diesen Worten schwärmt der Kulturwissenschaftler Torkild Hinrichsen, Leiter des Altonaer Museums in Hamburg, von der Erdbeere. Und als "Königin" der Beerenobstsorten bezeichneten sie Vergil, Ovid und Plinius in der Antike. Lange vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Mai nächsten Jahres regiert bereits Rot-Grün: Die Erdbeersaison ist eröffnet.

Aufgrund ihres köstlichen Aromas ist die Erdbeere (lat. Fragaria) sowohl bei Marmelade, Fruchtjoghurts, Eiscreme und Milchshakes Geschmacksfavorit. 2,4 Kilogramm dieser frischen Früchte verzehrt jeder Deutsche durchschnittlich pro Jahr.

Der Name Erdbeere ist allerdings irreführend: Die rote, saftige Frucht ist eigentlich gar keine Beere, sondern eine Sammelfruchtnuss und gehört zur Familie der Rosengewächse. Der rote Teil der Beere ist nur eine Scheinfrucht, während die eigentlichen Früchte die kleinen gelben Nüsschen an der Oberfläche sind.

Die Walderdbeere ist in Europa heimisch und wurde seit Jahrtausenden wild gesammelt. Die Engländer und Franzosen kultivierten sie im 16. Jahrhundert in Gärten. Im 17. Jahrhundert importierten kanadische Seefahrer zwei amerikanische Arten, die Virginische Erdbeere und die Chile-Erdbeere. Durch Kreuzungen entstanden mit der Zeit immer größere Früchte. Heute gibt es an die hundert Sorten, die sich in Farbe, Größe und Geschmack unterscheiden.

Als Symbol für Liebe und Erotik inspirierte die Erdbeere Dichter und Künstler. In der christlichen Kunst wird sie oft als Paradiespflanze dargestellt. In der Antike war sie der germanischen Fruchtbarkeitsgöttin "Freya" geweiht. Immer wieder wird sie auch in Filmen eingesetzt: In "9 ½ Wochen" verwöhnt Mickey Rourke Kim Basinger so lange damit, bis sie sich ihm in der Küche lustvoll hingibt. Richard Gere bestellt Julia Roberts in "Pretty Woman" Erdbeeren mit Champagner beim Zimmerservice.

Früher rankten sich viele Mythen um die Erdbeere. Bei den Germanen galt das Pflücken wilder Beeren als gefährlich, da es als Diebstahl am Wald angesehen wurde. In der Walpurgisnacht verfütterten Bauern Erdbeerstängel an ihr Vieh, um es vor bösen Mächten zu schützen.

Im Gegensatz zu ihrer erotischen Wirkung ist es wissenschaftlich erwiesen, dass die Erdbeere aufgrund ihres hohen Vitamin- und Kaliumgehalts äußerst gesund ist. Erdbeeren wirken blutreinigend, harntreibend und verdauungsfördernd. Schon in der Antike war die Waldbeere ein beliebtes Heilmittel. Ihre Mineralstoffe sollten vor Leber- und Gallenleiden schützen.

Im 18. Jahrhundert wurde der Saft genutzt, um Pocken, Masern und Gelbsucht zu bekämpfen. Heutzutage werden die Blätter als Tee aufbereitet, der gegen Blasenentzündung, schlechten Atem und Akne helfen soll. Die österreichische Kaiserin Sissi soll eine Schönheitscreme aus Erdbeerextrakten zur Gesichtspflege benutzt haben.

Fertig gekaufte Erdebeerprodukte enthalten allerdings meist nur Aromastoffe, die an Erdbeeren erinnern. Eingemachte oder tiefgefrorene Früchte besitzen weit weniger gesunde Inhaltsstoffe als frische. Da die Früchte bereits fünf Stunden nach der Ernte langsam ihren Aroma- und Vitamingehalt verlieren, sollte man Erdbeeren möglichst schnell essen oder weiterverarbeiten. Besonders frisch, gesund und außerdem noch günstig sind selbst gepflückte Erdbeeren.

Für alle, die ihre Liebste beziehungsweise ihren Liebsten mal wieder verwöhnen oder einfach mal ganz ohne schlechtes Gewissen etwas Süßes und gleichzeitig Gesundes naschen möchten, ist jetzt also wieder die perfekte Jahreszeit. Schließlich kann sich niemand dem Zauber ihres süßen Geschmacks, ihres himmlischen Duftes und ihrer festlichen roten Farbe entziehen.