Das Hamburger Abendblatt und der ADAC testen die Park-and-ride-Anlagen in Stormarn. Heute war der S-Bahnhof in Reinbek dran.

Reinbek. Ratlos steht Carsten Willms vor dem Reinbeker Bahnhof und sieht sich um. 176 Plätze soll die Park-and-ride-Anlage an der Sophienstraße haben, so steht es auf der Internetseite des Hamburger Verkehrs-Verbunds (HVV). "Selbst wenn ich die Stellflächen mitzähle, die offiziell eigentlich gar keine sind, komme ich auf maximal 110 Plätze", sagt der verkehrspolitische Sprecher des ADAC.

Gemeinsam mit der Stormarn-Ausgabe des Abendblattes haben Carsten Willms und sein Kollege Christian Schäfer sämtliche Bahnhöfe im Kreis getestet und Sicherheit, Sauberkeit und Benutzerfreundlichkeit der Anlagen überprüft. Jeder Bahnhof kann maximal 100 Punkte - und damit die Schulnote "sehr gut" - erreichen. Den Reinbeker Bahnhof hatte der ADAC 2003 schon einmal gestestet. Das Ergebnis damals: "mangelhaft". Mittlerweile wurde der Bahnhof umgebaut. Willms: "Wir werden sehen, ob sich die Situation seitdem verbessert hat."

Der ADAC-Experte bewertet unter anderem auch die Beschilderung. Die ist in Reinbek denkbar schlecht. "Weder auf dem Bahnsteig noch auf der Straße oder an der Anlage selbst gibt es einen Hinweis auf eine P+R-Anlage", sagt Carsten Willms. Das findet er "schlimm", denn als Standortfaktor sei ein solcher Parkplatz für Pendler für eine Kommune sehr wichtig. "Problematisch ist, dass sich durch die fehlende Beschilderung Anwohner- und Pendlerparken vermischen", sagt Willms.

Von 2005 bis 2007 wurde der Reinbeker Bahnhof für rund 6,1 Millionen Euro umgebaut. "Offenbar wurde im Zuge des Umbaus die Chance verpasst, auch die P+R-Anlage zu verbessern", sagt Willms. Unzufrieden ist der Experte auch damit, dass im Internet mehr Stellplätze angegeben wurden als an der Sophienstraße tatsächlich vorhanden sind. Willms: "Das suggeriert Pendlern, dass es hier eine riesige Anlage gibt, auf der man auf jeden Fall einen Parkplatz findet." Dabei habe der ADAC im vergangenen Jahr zahlreiche Beschwerden erhalten, weil die Parkplätze nicht ausreichten.

Zwischen den kostenfreien Parkplätzen für Pendler gibt es einige Stellplätze, auf denen das Parken nur für zwei Stunden mit Parkscheibe erlaubt ist. "Wo fängt auf dieser Anlage überhaupt das P+R-Parken an?", fragt sich Willms. "Es gibt überhaupt keine klare Abgrenzung, das ist sehr ungünstig." Schilder, die auf die auf zwei Stunden limitierte Parkdauer hinweisen, sind zum Teil von Ästen verdeckt. "Da muss man aufpassen, dass man sich nicht aus Versehen auf so einen Platz stellt, wenn man morgens zur Arbeit will."

Zufrieden ist der ADAC-Experte dagegen mit den Fahrradstellplätzen. Sowohl am Ausgang Sophienstraße als auch auf der Seite des Reinbeker Schlosses gibt es sogenannte Bike-and-ride-Anlagen, die zum Teil überdacht sind. "Es sind sogar noch Kapazitäten frei", sagt Willms. "Gut finde ich auch, dass die Plätze so nah am Bahnhof sind."

Für die Autostellplätze gilt diese positive Einschätzung jedoch nicht. Die Park-and-ride-Anlage ist zu 100 Prozent ausgelastet. Ärgerlich: an einigen Parkplätzen fehlt die Markierung. "Wenn keine eindeutige Abgrenzung zu erkennen ist, parken viele Autofahrer einfach irgendwie", sagt Willms. "Dadurch wird viel Platz verschenkt."

Als nächstes holt der Tester ein Maßband aus seiner Tasche. Schräg angeordnete Parkplätze sollten mindestens 2,40 Meter breit sein. "Diese hier sind mit 2,20 Meter deutlich zu schmal", sagt Willms. Das sei schlecht. "Zumal an der neuwertigen Pflasterung erkennbar ist, dass die Parkplätze erst vor kurzem angelegt wurden."

Von den Serviceeinrichtungen am Reinbeker Bahnhof hat der ADAC-Experte einen positiven Eindruck. Er zählt auf: "Kiosk, Briefkasten, Telefon, Toiletten, Recyclingcontainer und Taxistand - das ist alles okay."

Seit dem Umbau vor fünf Jahren ist der Bahnhof behindertengerecht. Zwei Fahrstühle führen von der Sophienstraße aus zu den Gleisen. Eine Toilette für Behinderte ist am Bahnhof ebenfalls vorhanden. Auch auf der Park-and-ride-Anlage sieht es zunächst gut aus. Zwei Parkplätze für Behinderte gibt es dort. "Es sind immerhin welche vorhanden, aber beide sind nur 2,95 Meter statt der vorgeschriebenen 3,50 Meter breit", bemängelt Willms. "Das wurde beim Umbau nicht richtig geplant."

Einen weiteren Behindertenstellplatz findet der Tester direkt gegenüber des Bahnhofseingangs. Dort ist es allerdings nur möglich, parallel zur Straße einzuparken. "Das ist denkbar ungünstig für Behinderte", sagt Willms. "Gerade Rollstuhlfahrer brauchen Zeit zum Aussteigen. Das ist hier viel zu gefährlich." Zumal der Parkplatz nur zwei Meter breit ist. "So gerät der Fahrer beim Aussteigen direkt auf die Fahrbahn."

Parkplätze für Frauen und Eltern-Kind-Parkplätze sucht man am Reinbeker Bahnhof vergebens. Auch eine Video-Überwachung gibt es nur auf dem Bahnsteig, nicht aber auf der weitläufigen P+R-Anlage.

Überzeugt hat die Reinbeker Park-and-ride-Anlage den ADAC-Experten auch dieses Mal nicht. "Es wundert mich, dass das ganze Bahnhofsgelände neu gestaltet wurde, die P+R-Anlage dabei aber offensichtlich nicht vernünftig mit einbezogen wurde."

Fazit: Die Park-and-ride-Anlage Reinbek erhält 37 Punkte und damit die Note "mangelhaft". Morgen: Die Testergebnisse aller P+R-Anlagen in Stormarn auf einen Blick und wie die Bürgermeister das Abschneiden bewerten.

Alle Folgen der Serie mit den Tests der Park-and-ride-Anlagen in Stormarn lesen Sie auf www.abendblatt.de/parkandride