Das Abendblatt stellt Stormarner und ihre Berufe vor. Wir begleiten heute: Rüdiger Feldt, Imker aus dem Steinburger Ortsteil Eichede.

Wer sich länger mit Rüdiger Feldt unterhält, sieht die Welt irgendwann mit Bienenaugen. Er sieht Wüsten, wo andere Maisfelder erblicken, und Oasen, wo verwilderte Wiesen und Biogärten sind. Bunte Blumen sieht er als Reklametafeln und die Farbe Schwarz als Warnsignal dafür, dass gerade ein Bär seine dunkle Tatze in Richtung der Behausung streckt. Rüdiger Feldt ist selbst keine Biene, er ist Imker – und dieser Beruf ist ihm Berufung. Schon als Kind züchtete er im Volksdorfer Wald die Insekten – heimlich, weil der Vater das Hobby nicht recht akzeptieren wollte. Nach dem Studium der Agrarwissenschaften wurde Feldt schnell professioneller Imker. Den Beruf übt er nun seit mehr als 40 Jahren aus. Das Hauptquartier seiner Firma ist ein ehemaliger Bauernhof in Eichede, wo Feldt auch mit seiner Lebensgefährtin Petra Müller wohnt, die in der Firma die Buchhaltung macht. Beruf, Hobby und Privatleben, all das geht ineinander über. Rüdiger Feldt ist glücklich damit. „Nee, auf keinen Fall“, sagt er auf die Frage, ob er sich einen anderen Job vorstellen könnte.

7 Uhr: Rüdiger Feldt sitzt schon vor dem Frühstück am Computer

Es ist ein Dachzimmer des Bauernhauses in Eichede, den Rüdiger Feldt vor Jahren selbst renoviert hat. Wenn er aus dem Fenster sehen würde, könnte er bis nach Ahrensburg blicken. Doch um diese Uhrzeit interessieren ihn andere Dinge. Schon vor dem Frühstück sitzt er am Computer und sieht nach, ob elektronische Bestellungen über die Homepage eingegangen sind. „Wir haben Kunden aus ganz Europa, besonders aus Österreich und Dänemark“, sagt Feldt. An diesem Morgen sind vier E-Mails von Kunden eingegangen. Außerdem eine aus der Zweigstelle auf Sardinien, die seit einigen Monaten existiert. Der dortige Mitarbeiter soll eine Bienenzucht auf der italienischen Mittelmeerinsel aufbauen, der Chef gibt Anweisungen per Mail. Wenig später frühstückt Feldt eine Etage tiefer. Es gibt Tee, Haferflocken mit Milch und – natürlich – Honig. Feldakazienhonig, denn das ist sein persönlicher Favorit.

+++ Für die meisten Imker ist es ein Hobby +++

10 Uhr: Besprechung mit den Kollegen im Lager

Eine Holztreppe führt hinab ins Lager der Firma, das sich im ehemaligen Stall des Bauernhauses befindet. Wer zum ersten Mal hineinkommt, wird sich vielleicht an ein Weinlager erinnert fühlen. Sorten aus den verschiedensten Ländern sind vorrätig, in einer Ecke stehen Honiggläser zur Verkostung. „Die Probierecke ist nur für die Kunden. Wir testen die Honige beim Abfüllen“, sagt Feldts Mitarbeiter Zekai Demircan. Und ums Abfüllen geht es für ihn und seinen Kollegen Michael Weich heute. Die Bienen haben neuen Honig produziert, unter anderem auf Rapswiesen auf der Insel Fehmarn und in den Obstplantagen des Alten Landes. Dieser Honig muss nun in Gläser gefüllt und verschickt werden. Kunden bekommen den Honig auch in Läden, unter anderem in Ahrensburg und Bargteheide. Außerdem ist Rüdiger Feldt mit seinem Stand jeden Sonnabend auf dem Volksdorfer Markt. 62 der 70 Honigsorten, die er verkauft, kommen mittlerweile aus dem Ausland, aus Ländern wie Spanien und Ungarn. Acht Sorten kommen aus eigener Herstellung. Und um eine geht es gleich: um den Weißdornhonig, den Rüdiger Feldt heute ernten will.

11 Uhr: Mit dem weißen Lieferwagen geht’s zur Honigernte

Mit einem weißen Lieferwagen, der einen Anhänger aus blankem Metall zieht, fährt Rüdiger Feldt an das Ende seines bunten Gartens, in dem nichts zufällig blüht. Alles ist auf die Bedürfnisse der Bienen ausgerichtet, und so finden sich in der einen Ecke Brombeeren („Wichtig als Nektarquelle“), in einer anderen Weiden („Wichtig für die Frühpollenversorgung“) und ganz am Ende des Gartens Weißdorn. Bevor es an die Ernte geht, hält Feldt neben der großen Solaranlage an und sieht nach, was der „Brüter“ macht. Dabei handelt es sich um einen Bienenkasten, in dem seine Schützlinge ausgesuchte Königinnen heranfüttern, mit denen dann wieder sogenannte Ablegervölker produziert werden können. Feldt hebt den Holzdeckel ab, der mit Dachpappe vor Regen geschützt ist.

Die für Imker typische Schutzmaske braucht er nicht, weil er „sehr friedliche Völker“ hat, wie er sagt. Allerdings hat er einen „Smoker“ dabei, ein Gerät, das Rauch erzeugt, der die Bienen beruhigt, wenn sie doch einmal „schlecht gelaunt“ sein sollten. Feldt zieht eine der Zargen heraus, Holzrahmen, in denen sich die Waben befinden. Was er sieht, stimmt den Imker einigermaßen zufrieden: In vier der sechs speziellen Waben, die Feldt eingesetzt hat, wachsen tatsächlich neue Königinnen heran. Der erntefertige Honig befindet sich rund 100 Meter weiter – in aufgetürmten Bienenkästen, die zu diesem Zeitpunkt schon fast leer sind. Eine spezielle Vorrichtung, „Bienenfalle“ genannt, sorgt dafür, dass die Bienen zwar hinausfliegen können, dann aber nicht mehr hinein. Die Waben sollen noch heute geschleudert werden. Mit einer speziell angefertigten Sackkarre lädt Rüdiger Feldt die Kästen auf den Hänger. Eine Arbeit, die Stunden dauert – und schweißtreibend ist.

16 Uhr: Die Schleuder schleudert, der Chef sieht nach dem Kornblumenfeld

Michael Weich und Zekai Demircan haben in einem Raum oberhalb des Lagers schon mit dem Schleudern der Honigwaben begonnen. Die Holzrahmen werden in eine metallene Zentrifuge eingespannt, der Honig läuft beim Schleudern in Plastikeimer, die unterhalb der Zentrifuge stehen. Eine Arbeit, die heute noch mehrere Stunden dauern wird. Bevor für ihn die „schmutzigste Arbeit des Imkers“ beginnt, bei der alles irgendwann voll Wachs ist und klebt, ist Rüdiger Feldt noch unterwegs zu einigen Bienenvölkern, die er am Rand eines Feldes abgestellt hat. Sie stehen, wenige Kilometer entfernt, auf dem Feld eines Biobauers – und deshalb wachsen dort auch Kornblumen, deren Honig Feldt besonders schätzt. „Der ist antibakteriell und besonders gesund“, sagt er. Angekommen auf dem Feld, zeigt sich allerdings, dass die Tiere mit der Honigproduktion noch nicht ganz fertig sind. Doch auch so liebt er es, die Insekten zu beobachten. „Manchmal machen die richtige Freudentänze. Mir kann keiner erzählen, dass Bienen keine Gefühle haben“, sagt der Imker.

19 Uhr: Zum Abendessen gibt es Erbsen, Kartoffeln und Schinken

Jeder Arbeitstag sieht für Rüdiger Feldt ein bisschen anders aus – dieser hier endete vor rund einer Stunde. Nun sitzen Rüdiger Feldt und Petra Müller an dem großen Holztisch im ersten Stock des Hauses. Es gibt Erbsen aus dem eigenen Garten, außerdem Kartoffeln und Schinken von einem nahe gelegenen Bauernhof. Auf der Fensterbank liegt ein Fernglas – vielleicht wird es Rüdiger Feldt nachher noch benutzen, um die Bienen zu beobachten, während seine Lebensgefährtin Filzarbeiten macht. Oder er liest ein Buch, in dem es auch um Bienen geht. Die schwarz-gelben Tiere, sie sind irgendwie sein Leben. „Ich lieb’ die Viecher halt“, sagt er beim Verabschieden.