Ruth Kastner ist vor rund drei Jahren in die Partei eingetreten. Seitdem hat die Grünen-Politikerin eine Blitzkarriere hingelegt.
Bargteheide. In drei Jahren von der Basis an die Spitze: Die Bargteheiderin Ruth Kastner ist neue Landesvorsitzende der Grünen. Erst 2009 in die Partei eingetreten, führt die ehemalige Redakteurin des Hamburger Abendblatts jetzt zusammen mit Marlene Löhr die Grünen in Schleswig-Holstein an. Beim außerordentlichen Landesparteitag in Neumünster holte Kastner 58 der 102 abgegebenen Stimmen und machte die Sache damit im ersten Wahlgang klar - und das bei zwei Gegenkandidatinnen. Hatte sie mit dem Erfolg gerechnet? "Ja", sagt sie zögernd, lacht und fügt hinzu: "Aber dass die Entscheidung so deutlich ausfiel, hat mich dann doch überrascht."
In einem Alter, in dem andere ans Aufhören denken, hat die 60-Jährige einen Senkrechtstart hingelegt, der sie selbst ein bisschen schwindelig macht. Nach ihrer Wahl zur Landes-Chefin fuhr die Bargteheiderin nach Hause. Ihr Mann hatte Sekt kaltgestellt. "Aber der blieb erst einmal im Kühlschrank. Ich war platt, richtig erledigt. Die ganze Anspannung ist von mir abgefallen. Am nächsten Tag bin ich in unseren Garten gegangen und habe Unkraut gepflückt, um mich wieder zu erden."
Anstrengend war nicht nur die Vorbereitung auf den Landesparteitag gewesen, sondern auch der monatelange Landtagswahlkampf - der bei Kastner allerdings nicht zum erhofften Einzug ins Kieler Parlament geführt hatte. Warum dann sofort die Kandidatur für den Landesvorsitz? "Parteifreunde haben mich ermuntert. Ich habe mir Bedenkzeit genommen und auf die Eingebung des heiligen Geistes gewartet", sagt Kastner mit einem Schmunzeln, "Pfingstmontag habe ich meine Bewerbung abgeschickt."
Die Bedenkzeit sei notwendig gewesen, fügt sie hinzu: "Vor den Grünen liegen gewaltige Aufgaben - in der Partei, in der Fraktion und in einer Regierung, die nur eine Stimme Mehrheit hat. Da wird der Druck, Kompromisse einzugehen, sehr groß sein. Das kann leicht zu einer Zerreißprobe führen."
Als Landes-Chefin sei es ihre Aufgabe, die Partei in solchen Krisen zu einen und das grüne Profil zu schärfen. "Das ist eine große Herausforderung für mich und eine Aufgabe, vor der ich Respekt habe", sagt Kastner, die aber zugleich auf eine große inhaltliche Übereinstimmung der drei Regierungsparteien setzt. "Es ist so klar erkennbar, dass alle das Gleiche wollen", sagt die Bargteheiderin, die als Mitglied der Arbeitsgruppe Bildung an den Koalitionsverhandlungen teilgenommen hatte. "Bildungspolitik wird ein Schwerpunkt sein. Das Kürzen bei den Lehrerstellen muss zurückgenommen werden. Wir brauchen endlich Schulfrieden", sagt Kastner, die sich aber eher als Generalistin versteht und sich auch um die Energiewende, die Finanzen und um die Vorbereitung der Kommunalwahlen 2013 kümmern will.
An ihrer Seite: Marlene Löhr aus Flensburg. Zwei Frauen als Doppelspitze - geht das? "Das geht super", sagt die Bargteheiderin, "Marlene ist Ende 20, und ich bin etwas älter, auch wenn ich mich nicht so fühle. Das wird eine tolle Zusammenarbeit."