Alle Jahre wieder: Rund 300 Gesangfreunde pilgerten gestern zum 23. Tag des Liedes auf dem Sängerberg, um sich zu vergnügen und der Musik zu lauschen.

Trittau. Wenn Melodien aus kräftigen Kehlen durch den Wald schallen und die Vogelgesänge verblassen lassen, dutzende Autos den Waldrand säumen und Wandersleut im fortgeschrittenen Alter sich ihren Weg auf den Trittauer Sängerberg bahnen, kann das nur eines bedeuten: Es ist Tag des Liedes. Einmal im Jahr lädt der Trittauer Gesangverein von 1843 auf den Sängerberg ein, um inmitten der Natur deutschen Liedern zu lauschen - und auch ein wenig der guten alten Zeit nachzuhängen.

Am Sonntag war es wieder soweit. Rund 300 Gesangsfreunde hörten den Trittauer Chören und den Gastchören aus Nah und Fern zu: dem Gemischten Chor "Jungbrunnen" aus Glinde und dem Nordseechor Büsum. Das Abendblatt war dabei und sprach mit Stormarner Sängern über ihre Leidenschaft.

Einer, der seit Anfang an beim Tag des Liedes dabei ist, ist der Trittauer Dieter Schmoll, für seine Sängerfreunde einfach nur kurz "Schmolli". 1986 trat er in den Trittauer Gesangverein ein. Und singt bis heute Tenor, die hohe männliche Gesangs-Stimmlage. "Mein ganzes Leben habe ich schon gesungen, in der Schule, später mit meinen Kindern. Leider wird ja kaum noch altes deutsches Liedgut gelehrt", sagt Schmoll. Schade sei das. Denn damit gehe auch ein Stück Kultur verloren. "In Amerika gibt es Country und hier gibt es eben Volkslieder. Man kann ja Modernes singen, aber das Alte darf nicht vergessen werden", sagt Schmoll, der singt, weil es Freude und Freunde macht - "und den ganzen Körper gesund und jung hält."

Schon fast Gründungsmitglieder des Gemischten Chores Trittau nennen sich Margarethe und Friedhelm Braemer. Seit mehr als 53 Jahren singen sie im 1960 gegründeten Verein, der anders als der Trittauer Gesangverein auch Frauen mitträllern lässt. "Mein Mann war schon etwas länger im Verein und hat mich überredet - und ich habe es nicht bereut", sagt sie lachend und zupft an der Jacke ihres Mannes. "Das macht sie beim Singen auch manchmal. Ja, so ist das eben", fügt er zwinkernd hinzu.

Für sie bedeute das Singen: Leidenschaft, Gemeinschaft und nie Langeweile. Deswegen bekommen auch beide kaum genug davon. Während Margarethe Braemer noch den Gemischten Chor Großensee mit ihrer Sopran-Stimme unterstützt, schenkt ihr Mann Friedhelm seinen Tenor neben dem Gemischten Chor Trittau noch den Großenseern und Siekern. "Dabei kann ich gar nicht singen, aber ich tue es trotzdem", sagt er lachend. Hauptsache: Singen. Ist ja schließlich auch gesund.

Schade sei nur, dass diese Erkenntnis bei der jüngeren Generation noch nicht so angekommen sei. Zwar komme mal dann und wann jemand neues dazu, aber den Altersdurchschnitt in den meisten Chören und auch im Gemischten Chor Trittau würde das nicht entscheidend senken. "Die meisten sind schon über 60 Jahre alt. Bisher hatten wir noch Optimismus, aber der stirbt so langsam", sagt Friedhelm Braemer ein wenig sentimental. Ja, die Sorge sei schon groß, dass Gesangsvereine mal nicht mehr sein könnten.

Auch der Altersdurchschnitt der Mitglieder des Gemischten Chor "Jungbrunnen" in Glinde liegt bei etwa Mitte 60, sagt Erhard Kamlade, lange Vorsitzender des Vereins, der seit Jahren gemeinsam mit seiner Frau singt. "Aus Lust an der Freude und weil wir einfach alles gern zusammen machen", sagt sie lachend. Auftritte wie diesmal in Trittau seien aber mittlerweile auch anstrengend geworden. Das Gehen macht ihnen Schwierigkeiten, aber die Stimmen, ja, die wollten immer noch. Und so singen und summen die beiden nicht nur im Chor, sondern auch leidenschaftlich gern im Auto - gemeinsam natürlich. Sie Alt, er Bass. Erhard Kamlade: "Ohne singen geht das bei uns gar nicht."

Und da haben sie etwas mit jemanden gemeinsam, der noch ganz jung ist: "Singen macht einfach Spaß, auch weil man da viel lernt und Freunde kennenlernt", sagt Robyn Hansen von der Singschule Jona der evangelischen Kirche in Trittau, die neben dem Sextanerchor vom Gymnasium Trittau als Kinderchor auf dem Sängerberg antrat. Robyn singt seit knapp zwei Jahren mit ihrer hellen, klaren Stimme im Chor und stand beim Tag des Liedes in Trittau gleich in der ersten Reihe.

Aufgeregt ist sie bei Auftritten "immer nur ein bisschen". Bei den Liedern schwingt sie mit, reist auch mal die Arme hoch, vor lauter Begeisterung. Vor allem bei dem Lied Mischwald von Felix Janosa, bekannt als Komponist von "Ritter Rost" - "das ist so schön laut und kräftig", erklärt Robyn. Auch wenn sie gerne singt, das Berufsziel Sängerin hat sie nicht. "Nee, das ist mir zu stressig. Das ist ein Hobby, ein schönes Hobby."