Ansiedlungspolitik: Verwaltungsgericht in Schleswig weist Klage des Einzelhandelsriesen gegen Bauverbot ab. Stadtverwaltung erleichtert.

Ahrensburg. Die Stadt Ahrensburg hat eine Eigenheit, um die sie andere Städte wie Bad Oldesloe oder Reinbek beneiden dürften: eine lebendige Innenstadt mit etlichen alteingesessenen Geschäften und einem breiten Angebot an Waren. Politik und Verwaltung wollen den Einzelhandel im Zentrum schützen. Als Etappenerfolg für ihre Ansiedlungspolitik wertet die Stadt nun ein Urteil des Verwaltungsgerichts in Schleswig, das die Klage des Einzelhandelskonzerns Lidl abwies.

Stadtjustiziar Thomas Reich hatte dort gestern mit dem Unternehmen gestritten. Der möchte an der Kreuzung Beimoorweg/Kornkamp im Gewerbegebiet einen Markt mit einer Verkaufsfläche von 799 Quadratmetern bauen. Die Stadt hatte jedoch die Genehmigung verweigert und argumentiert mit dem Schutz des Gewerbes in der Innenstadt. Die Kaufkraft könnte entzogen werden (wir berichteten).

Dass neben Reich auch Bürgermeister Michael Sarach und Bauamtsleiterin Angelika Andres nach Schleswig gekommen waren, beweist, wie wichtig die Verwaltung das Verfahren nimmt. Den Handelsriesen vertraten Prokurist und Immobilienleiter Lars Merschmann sowie die Anwälte Peter Oberthür und Yves Daniel Krog von der Kanzlei Oberthür und Partner aus Hamburg. Sie sind Spezialisten für Verwaltungs- und Baurecht.

Während sich Merschmann nach dem Urteil von Richterin Brigitta Hilgendorf-Petersen nicht äußern wollte, zeigten sich Sarach und Reich erleichtert. "Herr Reich hat einen hervorragenden Job gemacht. Er hat ruhig und souverän argumentiert und die Schwachstellen der Gegenpartei deutlich herausgearbeitet", sagte der Bürgermeister. Er habe mit seiner Anwesenheit moralische Unterstützung leisten wollen. "Ich bin froh, dass unsere Rechtsposition bestätigt wurde. Die Entscheidung bestätigt zugleich die Politik dieser Stadt, der Innenstadt einen besonderen Stellenwert einzuräumen", sagte der Bürgermeister. Reich geht jedoch davon aus, dass Lidl das Urteil anfechten wird. "Für ein mögliches weiteres Verfahren sind wir nun aber in einer wesentlich besseren Position", sagte der Stadtjustiziar. Anwalt Oberthür wollte zwar das Ergebnis noch nicht kommentieren, sagte aber: "Es gibt noch viele offene Punkte. Daher wird meine Empfehlung sicherlich sein, zum Oberverwaltungsgericht zu gehen."

In den 70er- und 90er-Jahren waren die Bebauungspläne für das Gebiet nördlich der Straße Beimoorweg so angepasst worden, dass Einzelhandel auf den Grundstücken nahezu ausgeschlossen wurde. Mit diesen Plänen argumentierte die Stadt, als sie die Bauvoranfrage von Lidl 2009 abwies, und nun erneut im Verfahren. "Ahrensburg hat eine große Innenstadt mit vielen Läden. Das ist ein spezifischer Grund für die Ablehnung aus städtebaulicher Sicht", argumentierte Reich in Schleswig. "Die Bedeutung eines Lidl-Marktes an der Stelle ginge über die Versorgung der umliegenden Anwohner weit hinaus. Außerdem bietet Lidl immer wieder auch Kleidung zum Verkauf", so der Stadtjustiziar weiter. Gerade der Verkauf von Kleidungsstücken gilt als besonders zentrenrelevantes Angebot, weil sie in vielen Geschäften der Innenstadt verkauft werden. Für die vielen Beschäftigten im Gewerbegebiet reiche das Angebot von Famila und Aldi am Kornkamp aus, nannte Reich einen weiteren Grund gegen die Lidl-Ansiedlung. Die beiden vorhandenen Märkte hätten sich vor der Wirksamkeit des Ausschlusses dort angesiedelt, so Reich.

Lidl-Anwalt Oberthür wandte dagegen ein: "Die Interessen der rund 10 000 Angestellten im Gewerbegebiet wurden bei der Ablehnung durch Ahrensburg nicht berücksichtigt." Er zog ein Gutachten der Gesellschaft für Unternehmens- und Kommunalberatung Dr. Lademann und Partner im Auftrag der Stadt aus dem Jahr 2009 heran. Oberthür: "Darin wird vorgeschlagen, dass den Beschäftigten dort ein Nahversorgungsangebot gemacht werden muss. Sie stellen sich also gegen den Rat ihres eigenen Gutachters."

Darüber hinaus bemängelte der Anwalt ein Wirrwarr verschiedener Bebauungspläne. "Keiner weiß, welcher nun gültig ist", sagte er. "Außerdem nennen sie keine spezifischen Ausschlussgründe für den Einzelhandel, sondern verweisen nur allgemein auf einen anderen Bebauungsplan." Die genannten Gründe reichten nicht für eine Ablehnung des Vorhabens von Lidl aus, so der Anwalt weiter. Oberthür: "Den Schutz der Innenstadt und einen möglichen Kaufkraftabfluss könnte jede deutsche Stadt als Grund anführen. Da ist eine ordnungsgemäße Abwägung nicht ansatzweise zu erkennen."

Die Richterin folgte jedoch der Argumentation des Stadtjustiziars Reich. Bürgermeister Sarach sprach nach dem Urteil von einer Einzelfallentscheidung. Er sagte: "Sie hat keine Bedeutung für die Vorhaben von Aldinger oder Kibek, weil es für diese Gebiete noch keine Bebauungspläne gibt."