In vier Tagen wird der Landtag gewählt - auch in Stormarn-Süd. Was wollen die Bewerber? Wir haben nachgefragt und geben einen Überblick.

Stormarn. Wie wollen Sie die hohen Schulden des Landes reduzieren?

Joachim Wagner (CDU):

Schleswig-Holstein kann nur in zwei Bereichen Mittel reduzieren: Beim Personal und bei den Zuwendungen. Im Laufe dieses Jahrzehnts wird die Zahl der Landesbediensteten um knapp 5200 reduziert werden. Dazu sollen für einen sozialverträglichen Abbau die natürlichen Altersabgänge genutzt werden. Auch Zuwendungen gehören auf den Prüfstand, wobei die Planungssicherheit gewährleistet sein muss.

Martin Habersaat (SPD):

Wir müssen die strukturellen Defizite des Haushalts angehen, aber auch die strukturellen Probleme des Landes lösen. Das geht mit sparsamer Haushaltsführung und neu strukturierter Aufgabenverteilung (wir können es uns nicht leisten, Aufgaben in unseren Verwaltungen doppelt zu erfüllen). Es muss aber auch Investitionen in Bildung geben, um wirtschaftliche Innovation zu ermöglichen und die überdurchschnittlichen Ausgaben bei den Sozialleistungen zu senken.

Helmut Borchers (Grüne):

Wir müssen Ausgaben reduzieren und Einnahmen steigern. Die Mittel zur Einnahmesteigerung sind auf Landesebene leider sehr begrenzt. Der notwendige Sparkurs wird schwierig werden. Es geht darum, die Prioritäten richtig zu setzen. Es muss vor allem in Bildung und Klimaschutz investiert werden. Daher müssen Förderprogramme umgebaut und das Kooperationsverbot aufgehoben werden, damit sich der Bund an Bildungsausgaben der Länder beteiligen kann.

Johannes Köhn (FDP):

Durch Förderung des Wirtschaftswachstums bei gleichzeitiger Reduzierung der Ausgaben wird es bis 2020 gelingen, keine neuen Schulden mehr zu machen. Aufgrund der Struktur Schleswig-Holsteins und insbesondere des Hamburger Randgebietes muss der Schwerpunkt in der Förderung des Mittelstandes liegen. Die Fehmarnbelt-Querung bietet gerade dem Nordosten von Hamburg großartige Wachstumschancen.

Hans-Jörg Haase (Piraten):

Konsequente Analyse des Landeshaushaltes und Kontrolle der Schuldenbremse. Nach der Analyse des Haushaltes durch entsprechende Experten müssen auch die Personalkosten, auch Pensionen, und bisherigen Nettokreditaufnahmen unter die Lupe genommen werden. Letztendlich sind Umschuldungsprogramme zu prüfen und wirtschaftliche Maßnahmen. Dazu zählen auch der Abbau der Niedriglöhne sowie die Stärkung von Unternehmen und Tourismus.

Harald Horst (Linke):

Das Land ist verschuldet, weil die Landesregierungen in den letzten Jahren der Politik der Steuererleichterung für Besserverdienende, Vermögende und große Wirtschafts- und Geldanlageunternehmen im Bundesrat zugestimmt haben. Wir wollen Steuermehreinnahmen bei denen, denen es nicht weh tut. Die Schulden sind nicht durch weitere unsoziale Kürzungen abzubauen, sondern durch eine sozial gerechte Steuerreform.

Wie wollen Sie die Schulen besser machen?

Joachim Wagner (CDU):

Zunächst muss Schluss sein mit neuen Schulstrukturdebatten. Dringend erforderlich ist die Überarbeitung der Lerninhalte, um die Belastung der Schülerinnen und Schüler zu senken. Der Stundenausfall muss weiter reduziert werden. Der Wettbewerb unter den Schulen sollte durch Freiräume in der Gestaltung des Angebotes weiter ausgebaut werden.

Martin Habersaat (SPD):

Die Hälfte der durch den Schülerrückgang theoretisch frei werdenden Lehrerstellen soll im Schulsystem verbleiben. Dadurch erreichen wir eine bessere Schüler-Lehrer-Relation und bessere Arbeitsbedingungen. Nur die Mittel für Vertretungslehrer zu erhöhen, ist Augenwischerei, weil es diese Vertretungslehrer nicht gibt. Außerdem wollen wir an mehr Gemeinschaftsschulen Oberstufen einrichten und eine Bildungspolitik, die langfristig angelegt ist.

Helmut Borchers (Grüne):

Es ist ungerecht, wenn die beste Vorbereitung aufs Abi darin besteht, Eltern mit Studienabschluss zu haben. Wir brauchen mehr Differenzierungsstunden, also zwei Lehrkräfte für eine Klasse, um besser auf einzelne Schüler eingehen zu können. Wir brauchen eine Lehrerbildung, in der individuelle Förderung im Mittelpunkt steht und mehr Gemeinschaftsschulen mit Oberstufen. Wir müssen den Erfolg von Schule an den Chancen jedes einzelnen Jugendlichen messen.

Johannes Köhn (FDP):

Die Schulen – Lehrer, Eltern und Schüler– wissen viel besser als das Ministerium in Kiel, wo es den dringendsten Bedarf gibt. Daher muss die Eigenständigkeit und Eigenverantwortung der Schulen gestärkt werden. Ob das Abitur im Gymnasium nach 8 oder 9 Jahren möglich ist, muss vor Ort entschieden werden. Für Gemeinschafts- und Regionalschulen sind gleiche Rahmenbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen.

Hans-Jörg Haase (Piraten):

Auch das ist nicht mein Kerngebiet. Innerhalb der Partei gibt es jedoch Arbeitsgruppen, die sich intensiv mit der Bildungspolitik befassen. Meiner Meinung nach muss Bildung enger mit Wirtschaft verzahnt werden. Warum sollten wir nicht über das Modell einer polytechnischen Oberstufe nachdenken?

Harald Horst (Linke):

Wir lehnen den von CDU und FDP eingeleiteten Abbau von Lehrerstellen konsequent ab. Wir wollen, dass die Schulen zu wirklichen Gemeinschaftsschulen, zu einer Schule für alle, zusammenwachsen, in der alle Kinder länger gemeinsam lernen, auch behinderte und nichtbehinderte Kinder („Inklusion“). Die Schulen sollen Ganztagsschulen sein, die offen für Lernorte außerhalb der Schule (Praktika) sein sollen. Der Weg zum Abitur in 8 Jahren erweist sich als Irrweg.

Welche drei Probleme Ihres Wahlkreises wollen Sie zuerst anpacken?

Joachim Wagner (CDU):

Gott sei Dank gibt es in meinem Wahlkreis keine gravierenden Probleme, die sich landespolitisch lösen lassen. Allerdings hat oberste Priorität die Reform der Finanzausstattung der Kommunen. Ferner werde ich mich einsetzen dafür, dass das Mittelzentrum Reinbek-Glinde-Wentorf ein Erfolg wird. Und schließlich möchte ich die Gewerbegebietserweiterung in Barsbüttel positiv begleiten.

Martin Habersaat (SPD):

Erstens: Verstetigung der Zusammenarbeit mit Hamburg und Entwicklung eines „Masterplans“ für Infrastruktur, wirtschaftlicher Entwicklung und grenzüberschreitendem Schulbesuch. Zweitens: Für Wentorf wünsche ich mir ein starkes Gymnasium und eine starke Gemeinschaftsschule. Drittens: Das neue Mittelzentrum Reinbek, Glinde, Wentorf ist noch nicht ausreichend mit Leben erfüllt. Es lohnt sich eine Zusammenarbeit mit Barsbüttel und Oststeinbek.

Helmut Borchers (Grüne):

Ich möchte die direkte Demokratie stärken. Es muss zukünftig verhindert werden, dass der Bürgerwille bei politischen Entscheidungen völlig missachtet werden kann. Um die soziale Gerechtigkeit zu stärken, müssen ausreichend Kinderbetreuungsplätze für alle zur Verfügung stehen. Auch zukünftig soll eine freie Schülerbeförderung möglich sein. Der Ausbau der alternativen Energien ist auch durch Bürgeranlagen im Kreis zu fördern.

Johannes Köhn (FDP):

Dem wachsenden Fachkräftemangel u. a. dadurch begegnen, dass durch die Flexibilisierung der Berufsausbildung verkürzte Berufsabschlüsse mit höherem praktischem Anteil geschaffen werden. Zudem durch eine flächendeckende Versorgung mit Breitbandkabel die Ansiedlung neuer Unternehmen fördern. Und: Alle Bahnhöfe und die Zugänge zu Bussen barrierefrei gestalten, damit Menschen mit Mobilitätseinschränkung nicht ausgeschlossen werden.

Hans-Jörg Haase (Piraten):

Erstens: Aktion gegen Rechts – keine Verkaufsstellen in meinem Wahlkreis. Zweitens: Analyse des kommunalen Haushaltausgleiches. Drittens: Ruhe in die G8/ G9-Diskussion bringen, vor allem eine Bildungsträgerübergreifende Gesamtlösung für die ganze Region schaffen.

Harald Horst (Linke):

Die soziale Infrastruktur unserer Gemeinden in Südstormarn muss verbessert werden. Es darf nicht sein, dass Schwimmbäder, Büchereien und Begegnungsstätten aus Kostengründen nicht mehr für alle zugänglich sind. Insbesondere für die Älteren muss ein Leben in sozialer Sicherheit durch entsprechende Einrichtungen vor Ort gewährleistet sein. Die Nahverkehrsverbindung nach Hamburg muss auch in den Abendstunden erhalten und ausgebaut werden.

Wie sollen Hamburg und Schleswig-Holstein künftig in der Metropolregion zusammenarbeiten?

Joachim Wagner (CDU):

Sinnvoll erscheint mir ein gemeinsamer Ausschuss der Länderparlamente, damit nicht nur Gespräche auf Regierungsebene stattfinden. In diesem Ausschuss sollen gezielt länderübergreifende Projekte verabredet werden, die die Zusammenarbeit fördern und Kosten senken.

Martin Habersaat (SPD):

Wir brauchen einen gemeinsamen Ausschuss, um bisher unregelmäßig stattfindende gemeinsame Beratungen zu institutionalisieren. Die Zusammenarbeit muss unabhängig von der Farbe der jeweiligen Landesregierung funktionieren. Der Ausschuss soll einerseits für gemeinsam betriebene Einrichtungen und Unternehmen zuständig sein, andererseits sich um Themen kümmern, die beide Länder betreffen oder bei denen gemeinsame Interessen zu vertreten sind.

Helmut Borchers (Grüne):

In einer vertiefenden norddeutschen Kooperation liegen große Chancen. Wichtig ist, die Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu führen und sie zu verstetigen. Wir brauchen ein Gesamtkonzept und regelmäßigen Austausch. Eine gemeinsame Landesplanung, eine vertiefte Zusammenarbeit in der Verwaltung, im öffentlichen Personennahverkehr, ebenso wie eine Zusammenarbeit im Schul- Hochschulbereich würden den norddeutschen Standort stärken.

Johannes Köhn (FDP):

Wenn beide Seiten erkennen, dass sie auf Dauer nur gemeinsam erfolgreich im internationalen Wettbewerb der Regionen bestehen können, wird ein Dialog auf Augenhöhe möglich. Dazu müssen – auf beiden Seiten – Egoismen abgebaut werden. Eine gemeinsame Landesplanung wäre ein wichtiger erster Schritt hierfür. Aber auch die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen müssen geändert werden, damit die Kooperation nicht zu finanziellen Nachteilen führt.

Hans-Jörg Haase (Piraten):

Wirtschaftlich, in der Gesundheitsversorgung und bildungspolitisch. Die Regionen liegen hier so nahe beieinander, dass die Strukturen hier ohnehin verwachsen sind. Es sollte aber im Rahmen des ÖPNV, der Schulen, der (Ärzte-)Gesundheitsversorgung und Kultur mehr konkrete Projekte und Abstimmungen geben.

Harald Horst (Linke):

Hamburg und Schleswig- Holstein und insbesondere die Randkreise und Hamburg arbeiten schon auf vielen Ebenen zusammen, in Wirtschaftsfragen, in der Naherholung, im Bildungswesen. Diese Zusammenarbeit kann ausgebaut werden, ohne dass ein unübersichtlicher Nordstaat zusammengezimmert werden muss.