Zahl der mit dem Darmbakterium infizierten Menschen steigt weiter. Viele verzichten auf Rohkost. Gemüseverkauf geht zurück

Ahrensburg. In Stormarn ist die Zahl der mit dem EHEC-Erreger infizierten Menschen weiter gestiegen. "Wir haben jetzt 18 bestätigte Fälle", sagt Dr. Ruth Wessel vom Kreisgesundheitsamt. Am Dienstag hatte die Behörde noch elf an dem Darmbakterium erkrankte Personen gemeldet, am Montag sieben. Dr. Wessel: "Nicht alle Patienten mussten in Krankenhäuser gebracht werden."

Das Reinbeker St. Adolf-Stift hat gestern drei Menschen entlassen, die sich mit dem Erreger angesteckt hatten. Sie müssen sicherheitshalber noch jeden Tag zur Blutkontrolle kommen. Sieben Erkrankte werden nach wie vor in Reinbek behandelt. Zwei Patienten, bei denen die Krankheit ein schweren Verlauf genommen hatte, wurden mit HUS (hämolytisch-urämisches Syndrom) ins Universitätskrankenhaus (UKE) Hamburg-Eppendorf verlegt.

EHEC-Erreger war nicht Ursache für Tod von 80-Jähriger in Bad Oldesloe

In Eppendorf liegen auch die Brüder Johannes und Maximilian Lucka aus Hoisdorf. Sie hatten vor zehn Tagen im Ahrensburger Indoo-Spielwerk getobt und plötzlich über Bauschmerzen geklagt. Ihr Zustand verschlechterte sich, bis sie eine knappe Woche später mit schweren Symptomen ins UKE gebracht wurden. "Wir haben von diesem Vorfall nichts gemerkt, die Familie hat uns auch nicht informiert", sagt Indoo-Geschäftsführer Jens Eickmeier. Er betont: "Die Inkubationszeit beträgt mehrere Tage. Es ist also vollkommen ausgeschlossen, dass sich die Jungen bei uns angesteckt haben." Alle Geräte würden ohnehin jeden Tag desinfiziert. Der Spielbetrieb gehe ganz normal weiter.

Mittlerweile steht fest, dass die Frau in der Oldesloer Asklepios-Klinik nicht am EHEC-Erreger gestorben ist. Die 80-Jährige war vor mehreren Tagen mit verschiedenen Beschwerden ins Krankenhaus gebracht worden und am Sonntag gestorben.

Vorgefertigte Salate im Verdacht, die Bakterien zu verbreiten

Die Suche nach der Ursache für die sich immer weiter ausbreitende Darminfektion geht weiter. Dabei verdichte sich der Hinweis "in Richtung Salat und Gemüse", sagt Landesgesundheitsminister Heiner Garg (FDP). Er verweist auf die "Frankfurter Spur". In der hessischen Landeshauptstadt stehen vorportionierte Salate im Verdacht, mit dem EHEC-Erreger verunreinigt worden zu sein. Das Robert-Koch-Institut hält es für möglich, dass die Bakterie über das Düngen mit Gülle auf das Gemüse übertragen wurde. "Im Moment sieht es so aus, als wenn vorbereitete Salatteile eine Rolle spielen", sagt Susanne Huggett, ärztliche Leiterin des Großlabors Medilys der Asklepios-Kliniken in Hamburg.

Kunden auf dem Ahrensburger Wochenmarkt sind verunsichert

Auf dem Ahrensburger Wochenmarkt gibt es kein abgepacktes Gemüse. Dennoch sind die Kunden verunsichert. "Viele fragen, womit gedüngt wurde. Und es kommen wesentlich weniger Leute", sagt der Obst- und Gemüsehändler Reinhard Mietzner. Er habe etwa 30 bis 40 Prozent weniger Kundschaft. Marlies, 57, und Achim Malitte, 58, aus Barsbüttel verzichten in diesen Tagen auf Rohkost. "Salat essen wir erst einmal nicht. Auch sonst halten wir uns bei Frischem zurück", sagt die Barsbüttelerin. Auf Blumenkohl will sie allerdings nicht verzichten. "Der wird ja auch gekocht."

Auch Renate Böhringer hat Salat von ihrer Einkaufsliste gestrichen. "Man macht sich schon seine Gedanken, auch wenn noch nicht klar ist, ob es wirklich am Obst und Gemüse liegt", sagt die Großhansdorferin und kauft von Bettina Oben-Fein, 45, Erbsen. Die Händlerin sagt: "Viele Kunden sind irritiert. Vor allem beim Gemüse sind die Verbraucher vorsichtig."

Werner Timm, 55, lässt sich nicht verunsichern. "Erst ist es das Fleisch, dann sind es die Eier, jetzt ist es das Gemüse. Wenn man alles so ernst nimmt, darf man bald gar nichts mehr kaufen", sagt der Großhansdorfer. Stefanie Grubbe sieht das ganz ähnlich. Die 41-jährige Ahrensburgerin kauft auch weiterhin Salat. "Ich wasche ohnehin alles gut ab", sagt Grubbe. Auf rohes Fleisch verzichtet sie: "Mett kommt erst einmal nicht auf den Tisch". Fleisch- und Wurstwarenverkäufer André Vorwerk hat noch keine Veränderungen bemerkt. "Die Leute kaufen wie sonst auch", sagt der 35-Jährige und reicht Gerhard Peikert, 75, eine Scheibe Schinken zum Probieren.

Kreisbauernverband sieht keine Gefahr bei Erdbeeren und Spargel

Beim Kreisbauernverband rufen Landwirte an, die sich nun auch Sorgen um den Absatz von Spargel und Erdbeeren machen. "Da kann man nur den Kopf schütteln", sagt Geschäftsführer Peter Knoll. Spargel wachse unter der Erde und werde außerdem nicht organisch gedüngt. Zudem werde das Edelgemüse dreimal gewaschen, bevor er in den Handel komme, einmal sogar mit Eiswasser. Koll: "Und geschält und gekocht wird er auch noch."

Genauso unwahrscheinlich sei eine Infektion über den Verzehr von Erdbeeren. Koll: "Auch Erdbeeren werden nicht mit Gülle gedüngt." Momentan werden ausschließlich Erdbeeren aus Folientunneln verkauft. Dass fertig gemischte und abgepackte Salate Ursache für die Infektion seien könnten, hält der Geschäftsführer des Kreisbauernverbands für möglich.

Schulmensa nimmt rohes Gemüse und Obst aus dem Angebot

"Bei uns wird das Obst und Gemüse jeden Tag frisch geliefert. Wir bekommen es von einem Bio-Betriebe aus der Region", sagt Katja Balkenhol von der Kantine der Ahrensburger Stormarnschule. Um ganz sicher zu gehen, hat die Küchencrew seit gestern trotzdem Gemüse und Obst aus dem Angebot genommen. Auf Schildern werden die Schüler informiert. "Das ist eine Vorsichtsmaßnahme und vernünftig", sagt der stellvertretende Schulleiter Eckhard Gaumnitz.

"Bei uns läuft alles wie gehabt", sagt Siegrid Wagner, Chefin vom Steakhaus Maredo in Ahrensburg. Die Salate seien frisch und werden gründlich gewaschen. Im Block House dasselbe Bild. "Wir merken nichts von Verunsicherung und Zurückhaltung", sagt die Chefin von Dienst, Christina Callsen.

Einen stärkeren Andrang verzeichnet der Bioladen Grünkern. "Mit Gülle gedüngte Ware kommt nicht in den Bio-Handel. Deswegen werden jetzt wieder mehr Kunden zu uns kommen", sagt Burkhard Krebs, der das Geschäft mit Iris Behnke betreibt.

Die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) richtet am Freitag, 27. Mai, eine EHEC-Hotline ein. Unter der Nummer 0180/100 07 42 beantworten Mediziner von 8 bis 20 Uhr alle Fragen rund um die Darminfektion.