Zahl der am blutigen Durchfall erkrankten Menschen steigt stündlich. Erste Engpässe bei Rettungswagen

Reinbek/Bad Oldesloe. Die Zahl der in Stormarn an der von gefährlichen EHEC-Bakterien ausgelösten Darminfektionen erkrankten Menschen steigt stetig an. Gestern um 10 Uhr registrierte die Gesundheitsbehörde zwei betätigte EHEC-Infektionen (Enterohämorrhagische Escherichia coli) sowie 15 Verdachtsfälle. Um 15.30 Uhr meldete die Behörde sieben erkrankte Patienten und 16 Verdachtsfälle.

Obwohl die Zahl der Erkrankungen schnell steigt, warnt Andreas Musiol, Leiter des Fachdienstes Gesundheit in der Kreisverwaltung, vor Panikmache. "In vielen Fällen handelt es sich um ganz normale Durchfall-Erkrankungen", sagt Musiol. Auch Prof. Dr. Stefan Jäckle, Ärztlicher Direktor des Reinbeker Krankenhauses St. Adolf-Stift, möchte noch nicht von einer Epidemie sprechen.

Vor rund einer Woche waren im Reinbeker Krankenhaus die ersten Patienten mit Verdacht auf das Darmbakterium eingeliefert worden. Inzwischen werden in der Klinik drei erkrankte Menschen im Alter zwischen 35 und 40 Jahren behandelt. Eine 64 Jahre alte Frau musste ins Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf verlegt werden, da sich bei ihr die gefährliche Folgekrankheit, das sogenannte Hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), entwickelt hat. 13 Patienten sind in Reinbek isoliert, bei ihnen besteht der Verdacht einer Infektion.

"Das Hauptsyndrom ist blutiger Durchfall, weil die Bakterien die Darmwand angreifen", sagt Prof. Stefan Jäckle. Weitere Anzeichen sind Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen. Von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit vergehen im Durchschnitt drei bis vier Tage. "Eine EHEC-Infektion ist eher harmlos und nicht lebensbedrohlich. Alle unsere Patienten sind stabil. Gefährlich wird es, wenn sich das Hämolytisch-urämische Syndrom entwickelt. Dies passiert normalerweise bei etwa sechs bis neun Prozent der EHEC-Erkrankten", sagt Jäckle.

Für die Mediziner ist es wichtig, das HUS frühzeitig zu diagnostizieren und zu behandeln, da es zu einem akutem Nierenversagen, Hirn-Komplikationen, Blutarmut und Gerinnungsstörungen kommen kann. Weil das HUS erst einige Tage nach der EHEC-Erkrankung auftritt und die Patienten eigentlich schon auf dem Weg der Besserung sind, ist es für die Ärzte schwierig, die Folgekrankheit zu erkennen. "Wir führen täglich Blutanalysen im Labor durch. So konnten wir auch bei unserer 64 Jahre alten Patientin feststellen, dass die roten Blutkörperchen anfingen zu zerfallen. Bei der Frau musste deswegen eine Plasmapherese gemacht werden, wofür sie ins UKE nach Hamburg gebracht wurde. Bei diesem Verfahren wird das Blutplasma ausgetauscht, da in den Eiweißen die gefährlichen Giftstoffe sind", sagt Jäckle.

Patienten, die ausschließlich mit dem EHEC-Bakterium infiziert sind, können die Krankheit ohne besondere Behandlung oder Medikamente auskurieren. "Wir müssen bei den Betroffenen natürlich darauf achten, dass sie viel Flüssigkeit zu sich nehmen. Antibiotika können wir den Patienten aber nicht immer verabreichen, da dies die Bildung der Giftstoffe fördert und somit das Risiko einer HUS-Erkrankung erhöht", sagt Jäckle.

Obwohl in dem Reinbeker Krankenhaus die Sicherheitsvorkehrungen sehr hoch sind, gehört EHEC nicht zu den hochansteckenden Krankheiten wie beispielsweise die Influenza, die durch Tröpfcheninfektion übertragen wird. "Deswegen ist es auch nicht nötig, bei Patienten einen Mundschutz zu tragen, Handschuhe indes schon", sagt Jäckle. EHEC-Bakterien werden über die Nahrung aufgenommen, beispielsweise durch rohes Fleisch oder ungewaschenes Gemüse. Der Erreger kann jedoch auch von Mensch zu Mensch durch eine sogenannte Schmierinfektion weitergegeben werden. Deswegen raten Experten, sich immer gründlich die Hände zu waschen.

Auch der Stormarner Rettungsdienst muss nach jeder Fahrt mit einem Patienten, bei dem der Verdacht einer Virus- oder bakteriellen Infektion besteht, das Auto gründlich desinfizieren. Dies dauert rund 45 Minuten. Am Wochenende soll es wegen zahlreicher Transporte mit EHEC-Verdachtsfällen zeitweise zu Engpässen gekommen sein, da viele der 17 Rettungswagen im Kreis desinfiziert werden mussten.