Vor der Abstimmung über die Nordtangente versuchen Vertreter mehrerer Interessengruppen, Einfluss auf die Entscheidung der Politiker zu nehmen

Ahrensburg. Die einen sprechen von Nachteilen, die schnell erkennbar seien. Die anderen von einer optimalen Lösung. Dritte wiederum befürchten Erpressung durch die Nachbargemeinde. Unterdessen sagt der Bürgermeister, all das sei zum jetzigen Zeitpunkt irrelevant. Und die Ahrensburger Stadtverordneten sollen am Montagabend entscheiden: Wollen sie das formale Planungsverfahren für die sogenannte Nordtangente in Gang setzen?

Kurz vor der Abstimmung schlagen die Wellen in der Schlossstadt noch einmal hoch. Verschiedene Interessengruppen versuchen, Druck auf die Politiker auszuüben. Ihre Ziele könnten gegensätzlicher nicht sein, ihr Motiv ist dasselbe: Ruhe vor der eigenen Haustür.

Da ist zum Beispiel die Interessengemeinschaft Ahrensburg Nord-Ost, kurz IGANO. Deren Sprecher sind an der Lübecker Straße zu Hause. Als solche hätten sie einen großen Nutzen von einer Entlastungsstraße, die vom Kornkamp in einer weiten Kurve bis zur Bundesstraße 75 nördlich von Ahrensburg führte: Einer Berechnung des Verkehrsplaners Stefan Luft von der Lübecker Beratungsgesellschaft Urbanus zufolge ginge die Verkehrsbelastung auf der Lübecker Straße um rund 30 Prozent zurück - um mindestens 7000 Fahrzeuge täglich.

Der Bau ist nur noch bis zum Jahr 2013 förderungsfähig

Entsprechend positiv sind die IGANO-Verantwortlichen der Nordtangente gegenüber eingestellt. In einem offenen Brief an die Stadtverordneten schreiben die Sprecher Tobias Ruprecht und Werner Haering: "Mit der Nordtangente wird die Kernproblematik des Ziel- und Quellverkehrs im Norden von Ahrensburg optimal gelöst und die wirtschaftliche und städtebauliche Entwicklung von Ahrensburg erheblich gefördert." Alle Forderungen der Straßengegner - allen voran eine umfangreiche Bürgerbeteiligung - seien in den vergangenen fünf Jahren erfüllt worden. Ruprecht: "Nach fünf Jahren Bürgerbeteiligung sind es dieselben Interessengruppen und Akteure, die den Bau der Nordtangente erneut infrage stellen und verschieben wollen."

Dabei dränge die Zeit, so die IGANO-Sprecher. Denn der Bau der Nordtangente sei nur noch bis 2013 förderungsfähig. Dieses Argument ist auch aus Sicht der Stadtverwaltung gravierend. Der Verkehrsplaner Luft hatte herausgefunden, dass die Nordtangente als einziger von elf berechneten Verkehrsplanfällen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz förderungsfähig ist. Bei geschätzten Baukosten von sechs Millionen Euro könnte Ahrensburg einen Zuschuss von vier Millionen Euro bekommen - aufgrund geänderter Gesetze aber eben nur noch bis spätestens in zwei Jahren.

Für die Interessengruppen und Akteure, die den Straßenbau verhindern wollen, zählt das nicht. Besonders scharfe Kritiker sitzen im Stadtteil Gartenholz. Und dort in der gleichnamigen Interessengemeinschaft. Rollten den Berechnungen zufolge täglich 7000 Autos weniger an den Häusern der IGANO-Vertreter an der Lübecker Straße vorbei, so wären es gleichzeitig 8000 mehr hinter den Grundstücken im Gartenholz.

Sprecher Stefan Kupffer: "Unsere Forderung an die Stadtverordneten: Nein zur Nordtangente über den Kornkamp!" Als Nachteil führt Kupfer unter anderem auf, dass die Trasse eben dicht am Gartenholz verlaufe.

Der genaue Trassenverlauf soll erst später festgelegt werden

Besonders argwöhnisch blicken die Bewohner des Stadtteils nach Norden, auf den Nachbarn Delingsdorf. Der Korridor für mögliche Trassen läuft über dessen Gemeindegebiet. Doch die Delingsdorfer wollten die Nordtangente nicht etwa verhindern. Sie pochten lediglich auf eine Route möglichst weit südlich. Möglichst dicht am Gartenholz.

Gartenholz-Bewohner Reinhard Schatte, der auch für den Verein Bürger für Ahrensburg spricht, fragt: "Kann es sein, dass sich der Bürgermeister und seine Gremien zulasten der Bürger des Stadtteils so erpressen lassen?"

Davon könne nicht die Rede sein, sagt Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach. "Am Montag geht es erst mal darum, ob das Planungsverfahren überhaupt gestartet wird. Eine Entscheidung über den genauen Verlauf der Straße wird erst viel später getroffen, nachdem alle Meinungen sorgfältig gegeneinander abgewägt worden sind."

Die Sitzung der Ahrensburger Stadtverordneten beginnt am Montag um 19.30 Uhr in der Reithalle des Marstalls an der Lübecker Straße.