Stormarns Wirte beurteilen neues Gesetz zwiespältig. Problem: Wie sollen vier Kontrolleure 2500 Betriebe überwachen?

Bad Oldesloe. Die Gastronomen in Stormarn beurteilen den Start der Hygiene-Ampel unterschiedlich. Ab 2012 müssen auch die Restaurants in Stormarn die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen öffentlich machen. Jeder Gast soll am Eingang erkennen können, wie es um die Sauberkeit in dem Restaurant seiner Wahl bestellt ist. Das bundesweit einheitliche Bewertungssystem haben die Verbraucherschutzminister der Länder beschlossen.

Die Entscheidung löst bei den Gastronomen im Kreis kontroverse Diskussionen aus. "Wir waren noch nie gegen Hygiene - aber muss es so gemacht werden?", fragt Axel Strehl, der Chef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Stormarn. Seine Kritik: "Die Ampel spiegelt doch nur eine Momentaufnahme wider", sagt er.

Auch Wilhelm Wigger, 63, Inhaber von Wiggers Gasthof in Bad Oldesloe, hat große Bedenken. "Natürlich sollte immer alles in Ordnung sein", sagt er. "Aber manchmal gibt es so viel zu tun, dass man nicht hinterherkommt." Wenn dann unerwartet der Lebensmittelkontrolleur am Morgen nach einer großen Feier vor der Tür stehe, drohe dem Restaurant sofort eine rote Ampel.

Wigger: "Wer so ein Ding draußen hängen hat, bei dem dauert es höchstens ein halbes Jahr, und er kann seinen Laden dicht machen." Deshalb müsse sichergestellt werden, dass die Kontrolleure regelmäßig kämen, um zu überprüfen, ob Missstände beseitigt wurden. "Doch wie wollen die das schaffen?", fragt er.

Im gesamten Kreis sind nur vier Lebensmittelkontrolleure im Einsatz. Sie müssen rund 2500 Betriebe überwachen. "Wir führen jährlich etwa 1400 Kontrollen durch", sagt Paul-Gerhard Domke, Leiter des zuständigen Fachbereichs beim Kreis. Die Zahl schwanke jedoch. "Wenn es zum Beispiel einen Dioxinskandal gibt, dann sind die Mitarbeiter mit Sonderaufgaben beschäftigt und können nicht so viele Routinekontrollen vornehmen."

Wiggers Gasthof wurde zuletzt vor zwei Monaten einer Überprüfung unterzogen, davor war zehn Jahre Ruhe. Wilhelm Wigger sagt: "Ich wurde ermahnt, die Decke meines Kühlraums mal wieder zu streichen. Das war auch überfällig." Der Kontrolleur habe bei seinem Besuch angekündigt, nach einem Monat wiederzukommen, um die Umsetzung der Vorgabe zu überprüfen. Bisher sei das jedoch nicht geschehen.

Paul-Gerhard Domke bestätigt, dass die Restaurants unterschiedlich oft kontrolliert werden. "Das hängt von der Risiko-Einstufung der Betriebe ab", sagt er. "Die Betriebsart, das Verhalten des Unternehmers und die Ergebnisse vorheriger Kontrollen bestimmen die Häufigkeit." Haltung und Lagerung der Lebensmittel, die Sauberkeit, die Temperatur der Kühl- und Gefrierräume und das Alter des Frittierfettes sind einige der Kriterien, die überprüft und bewertet werden. Domke sieht nun mehr Arbeit auf seine Mitarbeiter zukommen. "Noch fehlen uns aber noch genaue Angaben, wie das Ganze inhaltlich ausgeführt werden soll."

Einer, der die Hygiene-Ampel "ziemlich daneben" findet, ist Joachim Niemann. Der 59-Jährige ist Inhaber von Niemanns Gasthof in Reinbek. Er sagt: "Die Kontrolleure werden dadurch zu Göttern, die über die Restaurants bestimmen. Wer besonders nett und freundlich zu ihnen ist, wird gut bewertet." Das bedeute jedoch nicht, dass in diesem Restaurant auch wirklich besonders hohe Hygienestandards gelten würden.

Ewald Hinrichs sieht das anders. Der Inhaber des Fasanenhofs in Jersbek begrüßt die Einführung des neuen Systems. Er sagt: "Hygiene sollte immer an erster Stelle stehen." Angst vor der öffentlichen Bewertung habe er keine. Hinrichs: "Wer nichts zu verbergen hat, muss sich auch keine Sorgen machen. Und wenn vorne am Eingang eine grüne Ampel hängt, ist das doch positiv."

Sein Restaurant sei zuletzt vor etwa neun Monaten kontrolliert worden. "Mir wurde gesagt, dass ich ein bisschen was streichen soll", sagt Hinrichs, "ansonsten war alles in Ordnung."

Auch Gerhard Retter, Geschäftsführer der Fischerklause in Lütjensee, sieht der Einführung der Hygiene-Ampel entspannt entgegen. Er sagt: "Angst vor Gesetzen haben doch immer nur Verbrecher. Wenn das System den Konsumenten hilft und ihnen mehr Sicherheit gibt, ist das doch positiv." Er habe einen dänischen Küchenchef, in dessen Heimat seit mehreren Jahren Hygiene-Smileys im Einsatz sind. "Der ist diese Art der Bewertung bereits gewohnt."

Generell ist Gerhard Retter der Auffassung, dass die Hygiene-Ampel eher bei kleineren Imbissen wie zum Beispiel Dönerläden Unterschiede aufzeigen werde. Er sagt: "Große und gehobene Restaurant werden eine grüne Ampel bekommen, weil dort die eigenen Standards wesentlich höher sind als das, was gefordert wird."

Matthias Wullbrand, Inhaber des Restaurants Utspann in Bargteheide, erwartet keine Veränderungen für seinen Betrieb. "Die Kontrollen finden bisher statt, und es wird sie auch weiterhin geben", sagt er. Gegen eine Veröffentlichung der Ergebnisse habe er nichts. Der Gastronom ist jedoch gespannt darauf, wie die Behörden das Vorhaben umsetzen wollen. Er sagt: "Es gibt immer mehr Restaurants, aber die Zahl der Kontrolleure nimmt nicht zu."

Zudem beschäftige ihn die Frage, wie lange die Ampeln eigentlich gültig seien. Wullbrand: "Es kann ja nicht sein, dass sie drei oder vier Jahre hängen bleiben dürfen. In so einer langen Zeit kann sich in dem Restaurant doch viel verändert haben."