Bad Oldesloe bietet Training für betroffene Schüler an. Teilnehmer sollen merken, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind

Bad Oldesloe. "Es fängt langsam an, mit blöden Sprüchen", sagt Kathrin Stehr. "Und wenn es nicht von außen gestoppt wird, folgt irgendwann Gewalt." Die Oldesloer Stadtjugendpflegerin redet über Mobbing. Sie sagt: "Es ging auch bei uns in der Kreisstadt mehrmals so weit, dass Arme gebrochen wurden." Klaus Wenderholm erlebt häufig Fälle von Mobbing. Er ist Schulsozialarbeiter an der Theodor-Mommsen-Schule und sagt: "Kinder werden zum Beispiel auf dem Schulhof gemieden oder ihre Turnhose wird beim Sportunterricht versteckt."

Die jungen Mobbing-Opfer sollen positive Gruppenerfahrungen machen

Laut Statistik leidet jedes sechste Kind einmal in seinem Leben unter Mobbing. Die Stadt Bad Oldesloe bietet deshalb ab dem kommenden Schuljahr ein kostenloses Gruppentraining für Opfer an. Es richtet sich an Mädchen und Jungen im Alter von 12 bis 16 Jahren, die in der Kreisstadt zur Schule gehen und bereits über einen längeren Zeitraum gehänselt, bedroht, beraubt, erpresst oder geschlagen werden. "Mobber wählen diejenigen aus, die sich nicht wehren können", sagt Bürgermeister Tassilo von Bary. "Bei uns sollen die Opfer lernen, selbstbewusst zu sein und den anderen zu signalisieren, dass sie so etwas nicht mehr mit sich machen lassen."

Kathrin Stehr und Klaus Wenderholm werden das Training leiten. Die beiden Sozialpädagogen haben sich im vergangenen Jahr zu Stand-up-Trainern ausbilden lassen. In einer festen Gruppe von acht bis zehn Personen werden sich die Betroffenen einmal pro Woche für zwei Stunden treffen - ein halbes Jahr lang. "Die Kinder sollen positive Gruppenerfahrungen machen", sagt Stehr. "Wir werden nicht nur im stillen Kämmerlein sitzen und uns traurige Geschichten erzählen, sondern viele Unternehmungen machen."

Die Kinder sollen aber auch über ihre Erlebnisse sprechen. Wenderholm: "Sie werden merken, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind und dass andere so etwas auch schon einmal erlebt haben." Ziel sei es, sie aus ihrer Passivität und Isolation zu befreien. Zudem soll das Projekt auch eine präventive Aufgabe erfüllen. Stehr: "Oft werden aus den Opfern von heute die Täter von morgen. Das wollen wir verhindern."

Es sei jedoch schwierig, an die Betroffenen heranzukommen. Kinder würden nur ungern zugeben, Opfer zu sein. Deshalb sichern die Sozialpädagogen den Teilnehmern Anonymität zu. Stehr: "Die Mitschüler werden nicht erfahren, dass sie an dem Training teilnehmen." Eltern müssten zudem wachsam sein. "Es ist kein Makel, sich einzugestehen, dass das Kind in der Schule Probleme mit anderen Schülern hat."

Die Opfer leiden häufig unter Schlaf- und Appetitlosigkeit

Aber woran können Eltern erkennen, dass ihr Sohn oder ihre Tochter gemobbt wird? Dazu sagt Stehr: "Mobbing-Opfer leben zurückgezogen, können unter Magenproblemen, Schlaf- und Appetitlosigkeit leiden und haben oft Angst davor, zur Schule zu gehen." Typische Opfer gebe es nicht "Es sind nicht die abstehenden Ohren, die jemanden zum Opfer machen", sagt Wenderholm. Auch erfolgreiche Sportler könnten gefährdet sein, weil sie nicht in die Gruppe passten. "Es geht unglaublich schnell, abgestempelt zu werden."

Wer an dem Angebot der Stadt teilnehmen möchte, sollte sich vor den Sommerferien bei Klaus Wenderholm (Telefon: 04531/50 46 89) oder Kathrin Stehr (04531/50 43 56) melden.