In Rausdorf wurde die schönste Kuh des Kreises gekürt. Der Besitzer der Siegerin: “Ihr Euter hat's gebracht“

Rausdorf. Die Bedeutung der Kuh wird unterschätzt, überall auf der Welt. Nur am Sonnabendabend in Rausdorf war das anders. Zur Kreisrinderschau haben sich Menschen zusammengefunden, die der Kuh endlich zu der Beachtung verhelfen wollen, die sie verdient. Es sind Landwirte und Kuhzüchter aus Stormarn, sie haben ihre schönsten Kühe mitgebracht. Und sie haben Sabrina Heldt eingeladen, 21, kommende Agrarstudentin und an diesem Abend Preisrichterin. Der Preis ist ein Titel: Schönste Kuh von Stormarn, "Miss Stormarn".

In der Reithalle Bockholt riecht es nach Stall. Es ist 19 Uhr, vor den Wänden der Halle warten die 60 Kühe auf ihren Auftritt. Wenn sie dran sind, führen sie ihre Besitzer in den Ring in der Mitte, aufgebaut vom Stormarner Zuchtverein, dem Veranstalter. Um den Ring sitzen rund 100 Zuschauer, essen Thüringer Bratwurst mit Nudelsalat und lauschen der Stimme von Sabrina Heldt. Heldt spricht ins Mikrofon: "Katalognummer 67 konnte durch ihre Stärke überzeugen, Katalognummer fünf durch ihre harmonischen Übergänge und die Eins durch ihre jungen, vitalen Fersen."

Oft trennen Siegerkuh und Platz zwei nur Kleinigkeiten, sagt die Preisrichterin

Es geht zu Beginn um die Siegerauswahl der jungen Kühe. Mittel und alt folgen später. In mehreren Runden ziehen die Züchter ihre Kühe durch den Ring, in der Mitte steht Heldt und begutachtet sie von Kopf bis Euter. Die Züchter hoffen, dass die Tiere nicht gerade in dem Moment Stuhlgang haben, aber Kühe kennen nun mal keine Scham, manchmal passiert es einfach. Dann stinkt es 20 Sekunden lang und die Show geht weiter.

Die Siegerauswahl Jung ist keine leichte Angelegenheit. Die vier Finalistinnen findet Sabrina Heldt "beeindruckend". Sie sagt, sie habe sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht, sich aber am Ende für Kuh Nummer 68 entschieden, Karola. "Eine Kuh, die begeistert." Wie hübsch eine Kuh ist, dafür gibt es vier Kriterien: Milchtyp, Körper, Fundament und Euter. Sabrina Heldt bekam vorab einen Katalog mit den Tieren, aber ihre Entscheidung fällt sie erst am Abend, wenn sie sie zu Gesicht bekommt. Die Tiere laufen um sie herum, sie bückt sich, reckt den Kopf, sieht genau hin. Oft, sagt sie, trennen Siegerkuh und Platz zwei nur Kleinigkeiten.

Für Frau Heldt ist es nicht die erste Misswahl, sie ist seit zwei Jahren Preisrichterin. Sie macht gerade ein Praktikum, mit dem sie sich auf ihr Agrarstudium vorbereitet. "Dass ich in die Landwirtschaft will, war immer schon klar, ich komme von einem Bauernhof." Aber Kühe sind für Sabrina Heldt nicht nur Fleisch- und Milchspender, es sind auch "wunderbare Tiere".

Bei der Miss-Wahl vor vier Jahren gewann eine Kuh namens Winzerling

In Stormarn hat der Züchterverein zum letzten Mal vor vier Jahren die schönste Kuh gesucht und gefunden, eine Dame namens Winzerling. Der Abstand soll die Bedeutung der Wahl herausstellen, schließlich ist auch nicht jedes Jahr Fußball-WM. Die Siegerauswahl Mittel steht an, der Preis für die Kühe mittleren Alters. Sabrina Heldt lobt viel, spricht von "überzeugender Gesamterscheinung" und stellt bei einer der Kühe fest: "Ihr Euter weist große Vorzüge auf." Am Ende gewinnt Kandy, viereinhalb Jahre alt, braunes Muster. Kandy kommt ins Finale, zusammen mit der jungen Siegerin Karola.

Während über Rausdorf die Sonne untergeht, erzählt Eggert Schröder, Landwirt aus Stapelfeld, warum er seinem jüngsten Kalb gerade den Namen Nora gab. "Wir dürfen aus dem Namensregister des Kontrollverbands auswählen", sagt er. Ein Register mit Namen wie La Fayette, La Paloma und Garnele. "Im Moment sind wir bei N wie Nordpol", sagt Eggert Schröder. Auf seine Krawatte sind kleine Kühe gemalt. Er mag schlichte Namen: Greta, Klaudia, Karin.

Vier Kühe schickt Schroeder ins Rennen, und muss kräftig ziehen, denn Karin hat keine Lust auf das Kreisen im Ring, aber alle Mühe ist vergebens. Sabrina Heldt befindet Karin nicht für siegestauglich. Bei den älteren Kühen gewinnt Heidelinde, die bei Heldt "mit ihrer Länge und ihrem Schliff überzeugen konnte". Und Heldt mag die alten Kühe generell. "Viele konnten immer noch mit ihrer Jugendlichkeit bestechen." Dass Thomas Schmahl einmal Kühe züchten würde, stand schon immer fest, es liegt in der Familie. Die Schmahls züchten auf ihrem Bauernhof in Wesenberg bei Lübeck seit Generationen. Seit 2004 führt Thomas Schmahl den Betrieb. Er verkauft im Jahr 30 Bullen, 120 Milchkühe hält er.

"Ich habe diese Kuh auf mich wirken lassen, sie hat mich einfach fasziniert"

Und er züchtet gezielt, er liebt schöne Kühe, er fährt oft zu Schönheitswettbewerben wie diesem. Kandy gewann schon bei einer Rinderschau in Neumünster den zweiten Platz. "Damals hat sie 1 b gemacht", sagt Schmahl. "Heute in der mittleren Gruppe 1 a."

Kurz vor 22 Uhr muss Kandy wieder in den Ring, sie konkurriert jetzt mit Heidelinde und Karola um den Miss-Titel. Sabrina Heldt macht sich Notizen, grübelt, lacht. Sie findet die Kühe hübsch, alle drei. Wie entscheiden? Welche ist die Miss Stormarn 2011? Es ist jetzt still geworden in der Reithalle. Die Lautsprecherboxen, aus denen zuvor Diana Ross dröhnte, sind verstummt. Männer mit roten Krawatten vom Zuchtverein tragen Blumensträuße an den Ring. "Ich habe diese Kuh auf mich wirken lassen", sagt Heldt und macht eine Pause. "Sie hat mich einfach fasziniert."

Kandy ist die neue Miss Stormarn, die schönste Kuh des Kreises. Besitzer Thomas Schmahl jubelt. "Sie besticht durch ihr tolles, lebendiges Euter", sagt Heldt. Eine Ehrenrunde dreht Schmahl mit seiner Miss, Kandy bekommt ein blau-weiß-rotes Band umgehängt. Und wenn die Freude nicht aus Kandys Augen spricht, dann immerhin aus denen von Thomas Schmahl. Der sagt, er wisse, warum Kandy gewonnen hat. "Von der Statur her waren zwei, drei andere besser." Doch in einem konnte sich keine andere Kuh mit Kandy messen. Schmahl: "Ihr Euter hat's gebracht."