Fünf Monate nach der Einsatzpanne bei einem Zwischenfall bei Tremsbüttel probten Feuerwehr, Sanitäter und Betreuer den Ernstfall in Bad Oldesloe

Bad Oldesloe. Ein schwer verletzter Mann wird aus dem Zug getragen, zwei Sanitäter stützen eine bewusstlose Frau. Kinder schreien um Hilfe, schlagen verzweifelt gegen die Fensterscheiben des Regionalexpresses. Andere laufen mit Platzwunden am Kopf scheinbar verwirrt über die Gleise - auf der Suche nach ihren Eltern oder Freunden. Rauch steigt aus den beiden Doppelstockwagen auf, die rund 500 Meter vom Oldesloer Bahnhof, kurz vor dem Gelände der Firma Hiss Reet, zum Stehen gekommen sind. In der Ferne sind die Sirenen von Feuerwehr- und Rettungswagen zu hören.

Es sind furchtbare Bilder, die sich den rund 200 Rettern, die nach und nach an den Bahnschienen eintreffen, zeigen. Doch es gibt Grund zur Entwarnung: Bei der scheinbaren Katastrophe handelt es sich nur um eine Übung der Deutschen Bahn und des Katastrophenschutzes des Kreises.

Für die starke Rauchentwicklung ist eine Vernebelungsmaschine verantwortlich. Die verletzten Bahnreisenden werden von Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr, der Jugendwehr sowie Mitarbeitern des Kreises simuliert. Jeder der 40 Teilnehmer hat vor Beginn der Übung genaue Anweisungen bekommen, welche Verletzungen er vorspielen muss. Dennoch rufen die Szenen Erinnerungen wach. Erinnerungen an den 16. Dezember 2010. Damals waren Hunderte Reisende bei Tremsbüttel mehr als drei Stunden lang in einem liegen gebliebenen Regionalexpress gefangen gewesen. Ohne Heizung, ohne Licht und ohne zu wissen, was eigentlich los war. Die Toiletten waren übergelaufen und von den Zugbegleitern abgeschlossen worden. Fahrgäste waren in Panik geraten, mehrere hatten Kreislaufzusammenbrüche erlitten.

Die Leitstelle in Bad Oldesloe hatte erst nach mehr als zwei Stunden von dem Zugausfall erfahren - aber nicht von der Deutschen Bahn. Reisende hatten den Notruf gewählt. Auf Nachfrage bei der Leitstelle der Bahn in Hannover hatte es die Auskunft gegeben, alles sei unproblematisch. Dennoch waren Einsatzkräfte zum Regionalexpress gefahren und hatten sofort Verstärkung angefordert. Die Deutsche Bahn hatte nach dem Vorfall viel Kritik einstecken müssen. Mehrere Fahrgäste hatten die Deutsche Bahn wegen unterlassener Hilfeleistung in Verbindung mit Körperverletzung angezeigt. Es wurde eine Entschädigung von je 250 Euro an die Passagiere gezahlt.

"Ziel der Übung ist, dass so ein Vorfall wie in Tremsbüttel nicht noch einmal passiert und in Zukunft zeitnaher gehandelt wird", sagt Hans-Heinrich Lemster von der Regionalbahn Schleswig-Holstein. Und dieses Mal scheint die Kommunikation wesentlich besser zu funktionieren als noch vor fünf Monaten: Es ist 9.31 Uhr, als Lokführer Michael Lübbert die Meldung "Feuer im Zug" erhält. Sofort sendet er einen Notruf zum Fahrdienstleiter ins wenige Meter entfernte Stellwerk. Dieser leitet die Meldung zur Leitstelle der Bahn nach Hannover weiter. Acht Minuten später ist die Rettungsleitstelle in Bad Oldesloe über den Vorfall informiert und alarmiert die Freiwillige Feuerwehr Bad Oldesloe, einen Rettungswagen und ein Noteinsatzfahrzeug.

Um 9.43 Uhr sind die ersten Retter vor Ort. Sie fordern Verstärkung an. Weitere 17 Minuten später ist der vermeintliche Schwelbrand gelöscht. Unter den kritischen Augen zahlreicher Zuschauer - unter ihnen zum Beispiel Landrat Klaus Plöger, Andreas Rehberg, Fachdienstleiter beim Kreis für Recht und Gefahrenabwehr, Tremsbüttels Bürgermeisterin Erika Mosel und Tremsbüttels Wehrführer Marcus Jurga, der beim Zugausfall vor fünf Monaten Einsatzleiter war - werden die Menschen aus dem Regionalexpress geholt.

Landrat Klaus Plöger zieht anschließend ein positives Fazit. Er sagt: "Die Zusammenarbeit mit der Bahn war dieses Mal gut. Ich habe das Gefühl, die bahninternen Abläufe sind besser geworden." Auch Folke Achterberg, technischer Leiter beim Regionalverband Stormarn-Segeberg des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB), hat eine Verbesserung gesehen. Er sagt: "In Tremsbüttel wusste keiner, wer Chef ist. Das war heute anders." Dennoch hat es in seinen Augen immer noch zu lange gedauert, bis seine Leute alarmiert wurden. Achterberg: "Je mehr Betroffene es gibt, desto wichtiger ist die Betreuungsgruppe. Sonst werden Rettungskräfte gebunden, weil sie sich um die Menschen kümmern müssen."

Kreisbrandmeister Gerd Riemann sieht ebenfalls noch Verbesserungspotenzial. Er sagt: "Nachdem das Feuer gelöscht ist, müssen sofort alle Reisenden, die noch laufen können, vom Unglücksort weggebracht werden." Vorher sei es allerdings wichtig, die Menschen namentlich zu registrieren, um bei Nachfragen von Angehörigen Auskunft geben zu können. Riemann: "Das war auch schon ein Problem bei dem Vorfall in Tremsbüttel."