Mitglieder des Hilfswerks bemühen sich seit zehn Jahren darum, mit Spenden ein wenig Hoffnung in die südamerikanische Hauptstadt zu bringen

Ahrensburg. Ein Blick in die strahlenden Augen der Kinder aus Bogotá genügt, um zu erkennen, wie wichtig ehrenamtliches Engagement und gemeinnützige Arbeit sind. Arbeit, wie sie das Kinderhilfswerks für Bogotá, Maria Jakob e.V. übernimmt. Mädchen und Jungen, im Alter zwischen zwei und fünf Jahren, sitzen gemeinsam an einem Tisch. Alle tragen saubere Vorschulkleidung, die Mädchen haben geflochtene Zöpfe, vor den Kindern stehen Becher und Teller. Eben so, wie es sich gehört. Doch für die Kinder, die jetzt glücklich am Tisch sitzen, hat es nicht immer gut ausgesehen.

Sie stammen aus den ärmsten Vierteln der kolumbianischen Hauptstadt. Vertrieben von Paramilitärs, versteckt vor der Drogemafia, geflüchtet vor Guerillas. Zehn ehrenamtliche Mitglieder des Kinderhilfswerks für Bogotá, Maria Jakob e. V. bemühen sich nun seit mittlerweile zehn Jahren darum, mit Spenden ein wenig Hoffnung in die südamerikanische Stadt zu bringen.

Rudolf Courth, Vereinsvorsitzender, sagt: "Die Kinder hausen in Blechhütten, unter Pappdeckeln. Die ganze vertriebene Landbevölkerung findet in diesen Slums Unterschlupf, vegetieren dort." Durch den Verein bekommen sie eine Ausbildung und ein richtiges Zuhause. "Da kommen die Kinder plötzlich in die Häuser und Einrichtungen, bekommen regelmäßiges Essen, Schulkleidung, eine psychologische Betreuung, um ihre Traumata zu verarbeiten. Die fühlen sich wie im Paradies." Die Initiative, den Verein am 6. März 2000 zu gründen, beruht auf dem jahrelangen Bogotá-Engagement des Ahrensburger Ehepaars Maria und Hans-Heinz Jakob. Durch deren Anstoß spendet das Gemeindezentrum von Sankt Marien seit 1972 den Erlös des alljährlichen Adventsbasars an die Bogotá-Kinder. "Nachdem die Jakobs alters- und gesundheitsbedingt ihre Arbeit beenden mussten, haben wir überlegt, wie wir die Hilfe in ihrem Namen weiterführen können. Der Grundstein des Kinderhilfswerks war gelegt.

Heute vermittelt es Patenschaften, versucht, neue Freunde und Förderer zu gewinnen. "Es gibt bei uns allgemeine Patenschaften. Dabei legt ein Spender fest, mit wie viel Geld er monatlich die Schwestern unterstützen möchte." Andererseits gäbe es persönliche Patenschaften. Förderer würden so Pate eines bestimmten Kindes, zu dem sie Briefkontakt hielten. "Die Gelder gehen grundsätzlich nicht an die Kinder. Finanziert werden davon Kleidung, Essen, Unterkunft und die Erzieher."

Wenn ein Kind erst den Weg in eine der Einrichtungen gefunden hat, heißt es noch lange nicht, dass seine Ausbildung bis zum Ende gesichert ist. Denn häufig verschwinden die Kinder einfach. Courth dazu: "In Kolumbien besteht keine Schul- und Meldepflicht. Die Kinder sind in den seltensten Fällen Waisen. Wenn ihre Eltern wegziehen, weil sie wieder auf der Flucht sind, ist das Kind auch weg." So bestehe in den Einrichtungen eine hohe Fluktuation. Deswegen erlischt jede Patenschaft sofort, wenn das Kind nicht wiederkommt. Zu jedem Schuljahr müssen sich die Kinder neu anmelden.

Bogotá zählt zu den größten städtischen und am schnellsten wachsenden Ballungsgebieten Kolumbiens. Aus diesem Grund gibt es eine hohe Landflucht in die Hauptstadt, um der Verarmung zu entgehen. Derzeit schätzt das Auswärtige Amt die Bevölkerungszahl Bogotás auf 7,5 Millionen Menschen. Doch wo viele Menschen leben, gibt es auch viel Armut - dies zeigt sich in der kolumbianischen Hauptstadt vor allem an den verwahrlosten Marginalsiedlungen, die an der Peripherie der Stadt entstanden sind. Hier leben zahlreiche Menschen unterhalb der Armutsgrenze.

Eines der vielen Elendsviertel am Rande von Bogotá ist Altos de Cazucá. Hier fehlt es an allem: Infrastruktur, feste Behausung, eine funktionierende Kanalisation. Courth: "Die Kinder dort müssen nicht nur lernen, dass man sich nach der Toilette die Hände wäscht, sondern auch, dass man überhaupt zur Toilette geht." Es herrschten Armut und unvorstellbare soziale Not. Derartige Verhältnisse sind ein Nährboden für Krankheiten und Kriminalität. Der Vereinsvorsitzende sagt: "Die Jungs können auch mal auf dem Bau oder als Tagelöhner arbeiten. Zur Not greifen sie zur Gewalt, um zu überleben. Aber was den Mädchen und jungen Frauen in solchen Situationen nur noch übrig bleibt, liegt ja auf der Hand."

Das ist der Grund, weshalb von den mehr als 2500 betreuten Kindern rund 90 Prozent Mädchen sind; die brauchen am dringlichsten die Unterstützung der Schwestern, Mitarbeiter und Psychologen. "Besonders Mädchen haben keine Chancen. Erst recht nicht, wenn sie keine Ausbildung haben", so Courth. Und die wird ihnen mit den Mitteln des Vereins geboten.

Rudolf Courth ist laufend auf der Suche nach neuen Unterstützern, Spendern, Sponsoren. Seit 2002 verbindet den Verein eine Projektpartnerschaft mit dem Kindermissionswerk in Aachen. "Die sind wesentlich weiter aufgestellt als wir. Sie schicken zum Beispiel Projektkoordinatoren, die vor Ort die Verwendung und den Einsatz unserer Gelder kontrollieren." Außerdem stocke das Kindermissionswerk die Spendensumme auf.

Die vom Kinderhilfswerk finanzierten und geförderten Kinderhorte, Internate und Schulen sind staatlich anerkannt. Courth: "Das ist nicht so einfach. In Kolumbien gibt es durch den Staat vorgegebene Qualifizierungsmerkmale, die eine Schule aufweisen muss. Zum Beispiel haben die lehrenden Schwestern alle den höchsten Qualifizierungsgrad." Nur so haben die Kinder nach der Schule die besten Aussichten. Das sind immerhin fast 350 jährlich. "Dabei erhalten wir vom Staat fast keine Unterstützung, der zahlt kaum etwas. Und die Eltern und Familien der Kinder haben in der Regel nicht einen Pesos für die Ausbildung ihrer Kinder." Sie seien auf Spenden angewiesen.

"Unser Bestreben ist es, die Ausbildung dennoch zu sichern." Von den 2500 Kindern, denen die Spenden des Kinderhilfswerks und des Kinderkommissionswerks zugute kommen, "hängen rund 600 allein am Tropf von Ahrensburg", sagt Rudolf Courth. Darum sei er ständig auf der Suche nach neuen Stellen, um Geld locker zu machen. Die Reaktion der Kinder zeigt dem Vereinsvorsitzenden, dass sich seine Arbeit lohnt. Rudolf Courth sagt: "Nur, wenn sich die Kinder wohlfühlen, können sie die Hoffnung aufbringen für eine neue, andere Zukunft in Bogotá."

www.strassenkinder-bogota.de