Landwirte wollen Grundstücke verkaufen und bekommen Unterstützung von neuer Mehrheit. Bürgermeister droht mit Rücktritt

Rausdorf. Gibt es in Rausdorf, wo bis vor zwei Jahren die Wählergemeinschaft WGR einzige politische Kraft war, einen Machtwechsel? Bei der jüngsten Gemeindevertretersitzung ist auf Antrag der neuen Rausdorfer Wählergruppe (DRW) der bisherige Bauausschuss aufgelöst und der fraktionslose Gemeindevertreter Norbert Walther gegen die Stimmen der WGR in den neuen Bauausschuss gewählt.

Flächennutzungsplan sorgte schon 2008 für Ärger

Die WGR sieht darin einen ersten Schritt zur Umkehr des Wählerwillens, befürchtet größere Baulandausweisungen. Bürgermeister Otto Kertelhein, WGR, seit 16 Jahren im Amt, droht mit Rücktritt. Norbert Walther sagt: "Ich bin nicht in die DRW eingetreten. Ich habe nur eine gerechte Situation geschaffen."

Was ist geschehen? Es geht um die Ausweisung des Flächennutzungsplans, es geht um landwirtschaftliche Flächen, die zu Bauland werden könnten. Mehrere Landwirte wollen für ihre Kinder Bauplätze schaffen. "Das gönnen wir ihnen natürlich. Aber wir befürchten, dass andere Absichten dahinter stehen, dass das nur der Anfang ist für ein Baugebiet ist", sagt Otto Kertelhein.

Die Angst vor dem Verlust der dörflichen Idylle ging schon einmal um in der Gemeinde. Vor gut zwei Jahren war das, als der Streit um eben diesen Flächennutzungsplan kurz vor der Kommunalwahl zur Spaltung der WGR und zur Gründung der DRW führte. "Die DRW war scharf auf Bauland. Wir waren aber mit der Aussage angetreten, dass die Gemeinde die im F-Plan vorgesehenen Baugrundstücke selbst verkauft", sagt der Bürgermeister. Die WGR errang bei der Wahl fünf der neun Sitze in der Gemeindevertretung.

Norbert Walther sei derjenige WGR-Kandidat gewesen, der die drittmeisten Stimmen bekam, sagt Kertelhein. Doch vor einem Jahr trat Walther aus persönlichen Gründen aus der Wählergemeinschaft aus, blieb als fraktionsloses Mitglied in der Gemeindevertretung. In einem Ausschuss saß er nicht. "Er hat in diesen zwölf Monaten nicht gegen uns entschieden. Das ist nun hinfällig", sagt Otto Kertelhein.

Er ist erschüttert von dem Verhalten des ehemaligen WGR-Mitstreiters und wirft ihm vor, dass er sich von der Opposition hat einkaufen lassen. Die wolle um jeden Preis die Diskussion um den Flächennutzungsplan wieder aufnehmen und in ihrem Sinne durchbringen. Dazu werde ihnen Walther nun verhelfen, ist sich Kertelhein sicher. "Mit seiner Stimme hat die DRW nun auch im Gemeinderat die Mehrheit. Er wird deren Position vertreten", meint der Bürgermeister.

Fraktionsloser Walther verteidigt Wechsel des Lagers

Norbert Walther versteht die Aufregung nicht. Er habe seinen Entschluss, sich in den Bauausschuss wählen zu lassen, langfristig angekündigt. "Das war keine spontane Geschichte. Das war ein Prozess, der bekannt war. Die Gespräche mit der DRW sind über Wochen gelaufen. Ich habe den Bürgermeister davon rechtzeitig in Kenntnis gesetzt", sagt er und betont, dass er weiterhin fraktionslos bleibe. Zum Motiv für seinen Schritt sagt er, ihm sei es wichtig gewesen, eine Ungleichheit zu beseitigen. "Die WGR hat die Mehrheit im Finanzausschuss. Die DRW ist nun stärkste Fraktion im Bauausschuss. Das ist nur gerecht."

Er begrüßt es, dass die Beratung über den Flächennutzungsplan nun wieder aufgenommen werden. Für die Planung sei schließlich schon viel Geld ausgegeben worden. Außerdem gebe es junge Rausdorfer, die gern bauen möchten. "Das sollten wir ihnen ermöglichen, sonst laufen sie uns aus dem Ort weg", sagt Norbert Walther. Die Angst vor einer großflächigen Bebauung teilt er nicht. Die sei unbegründet, sagt er.

Bürgermeister Otto Kertelhein hatte noch während der Sitzung der Gemeindevertretung seinen möglichen Rücktritt angekündigt. "Wenn ich als Bürgermeister Themen behandeln muss, die nicht im Sinne meiner Fraktion sind, kann ich das Amt nicht weiter ausüben", sagt er. Er werde sich nicht erpressen lassen, auch aus Verantwortung den vielen Rausdorfer Bürgern gegenüber, die die WGR vor zwei Jahren gewählt haben, weil sie nicht wollten, dass die 230-Einwohner-Gemeinde über Gebühr wächst.

Bürgermeister hofft noch auf eine gemeinsame Lösung

Wie geht es nun weiter? "Wir werden jetzt den Planer einladen und mit ihm die Möglichkeiten für den Flächennutzungsplan klären", sagt der Bürgermeister. Mit den Grundeigentümern soll der Bauausschusses über ihre Vorstellungen sprechen. Kertelhein hegt die Hoffnung, sie vom Standpunkt der WGR überzeugen zu können. "Wenn sie uns jeweils einen Bauplatz abgeben würden, den wir als Gemeinde vermarkten könnten, wären wir schon zufrieden", sagt er.

Die Gemeinde hätte dann die nötigen Mittel für die nötige Infrastruktur, zum Beispiel für weitere Kinderbetreuungsplätze. Die DRW sollte an das Wohl der Gemeinde denken und gemeinsam mit der WGR daran arbeiten, sagt Kertelhein. Sonst werde er seine Rücktrittsdrohung wohl wahr machen.