Die erfolgreiche Laienspielgruppe zieht sogar Publikum von Rendsburg bis Hannover an. Und feiert ein rundes Jubiläum

Oststeinbek. Vera von Bröckel steht allein auf der Bühne. Heute nur kurz, denn sie ist zuständig für die Ansage, die Begrüßung des Publikums im ausverkauften Oststeinbeker Rathaussaal. Einen Witz gibt es auch immer vorweg. "Dann klatscht sich das Publikum warm", sagt die attraktive Seniorin mit einem Lächeln. "Ich habe ein Faible fürs Theater", bekennt die 81-jährige, die jedes Jahr in einer der beiden Produktionen der Laienspielgruppe auf der Bühne steht und Gründungsmitglied des Vereins ist. "Ich spiele, solange ich meinen Text behalten kann", sagt sie. Ihre Kollegin Brigitte Wegner muss gleich als Haushälterin Lina mit ihrem Mann Joachim (Gemeindevorsteher Gerd Thiesen) auf die Bühne. "Da kriegen wir uns ordentlich in die Wolle." Für die 55-jährige Personaldisponentin ist das Theaterspielen eine tolle Freizeitbeschäftigung, das auswendig Lernen gut fürs Gedächtnis.

Schon als Kind hatte sie Theaterluft geschnuppert. Ihr Vater war technischer Leiter am Stadttheater Bremerhaven. Seit 1998 spielt sie bei der Laienspielbühne, die in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag feiert. Drei Stücke werden jedes Jahr aufgeführt, zwei Lustspiele im Frühjahr und Herbst, ein Weihnachtsmärchen. "Wir brauchen keine Plakate aufzuhängen, weil die Vorstellungen immer so gut verkauft sind", sagt Udo Kolm, seit neun Jahren Vereinsvorsitzender. Das Publikum ist treu, kommt teils von weit her. Das Einzugsgebiet reicht bis Rendsburg und Hannover. "Die Leute sagen, dass wir natürlicher spielen als das Ohnsorg-Theater", erzählt Platzanweiserin Inge Pfänder. Sie ist seit 30 Jahren dabei. Und hat festgestellt, dass wieder mehr junge Leute zu den Vorstellungen kommen.

Die Laienspieler machen alles selbst: Kostümen, Kulissen und Textbücher. Ohne die "Hintermannschaft" würde es nicht klappen. Bühnenbau, Dekoration, Maskenbildnerei, Kostüm, Saaldienst und Technik erledigen handwerklich und künstlerisch begabte Helfer. Gagen gibt es nicht.

Gespielt wird immer im Rathaus, dort können alle Kulissen auf der Bühne stehen bleiben. Im Keller sind das Archiv und die Garderobe. Geprobt wird das ganze Jahr, für jedes der Stücke gibt es mindestens 20 Bühnenproben. Jedes Stück wird an fünf Wochenenden hintereinander gespielt. Das erste Jubiläumsstück in diesem Jahr war "Swattbunte Farken" von Jens Exler. Darin führt Landstreicher Jörn Bessenbinner Gemeinderat Gerd Thiesen aufs Glatteis. Udo Kolm ist dieser Schelm, der den "swattbunten" Gemeindeeber weiß anpinselt, denn der Gemeindevorsteher will nur einen weißen Eber kaufen.

Der Vorsitzende des Vereins spielt am liebsten Rollen, die auch schon das Ohnsorg-Urgestein Henry Vahl verkörpert hatte. Den knurrigen Alten mit dem Schalk im Nacken - solche Figuren liebt Kolm, ein Theatermensch mit Leib und Seele. 1988 kam er zu den Laienspielern. Vorher kannte er Bühnen nur als Zuschauer oder vom Theatersicherheitsdienst für seinen früheren Arbeitgeber, die Hamburger Feuerwehr. "An einem Dienstag schaute ich mir eine Probe an", erinnert er sich. Am Donnerstag kam er wieder - mit einem Kasten Bier als Einstand. Er fing als Inspizient an und übernahm den Job des technischen Leiters.

Zuerst spielte er nur kleine Rollen, aber es hatte ihn gepackt. "Ich hab mich regelrecht aufgedrängelt. Für mich ist wichtig, den Leuten Freude zu machen und sie zu unterhalten." Mittlerweile wird der spielfreudige 68-jährige für viele Anlässe gebucht. Er ist immer wieder als "Marktschreier" auf dem Marktfest im Sommer zu sehen, hält Lesungen und gibt Sketche zum Besten. Für Oststeinbeks einstiges Theatro stand er in "Ladies Night" auf der Bühne und agierte 2009 für die Lübecker Sommeroperette. "Ich werde Johannes Heesters übertreffen", sagt er.

Zum Jubiläumsjahr hat Udo Kolm für die plattdeutsche Schauspielbühne einen vierfarbigen Prospekt drucken lassen und will um neue Mitglieder werben. "Wir brauchen junge Leute, die als Liebespaare agieren." Neuzugänge sollten nicht nur Lust haben, Theater zu spielen, sondern auch Plattdeutsch sprechen. Können muss man es aber nicht. "Das lernen die Leute bei uns."

Gegründet wurde die Laienspielgruppe Oststeinbek von Helmut Landt, dem damaligen Rektor der Oststeinbeker Grund- und Hauptschule und Bürgervorsteher der Gemeinde. Und Ulrich Moll, der mit seiner Frau Gabriele noch heute Mitglied des Theatervereins ist. Landt war zuvor Mitglied der Trittauer Laienspielbühne gewesen und brachte die Idee 1959 bei seiner Versetzung nach Oststeinbek mit. Ein Jahr später gründeten er und 17 weitere Mitglieder die Oststeinbeker Laienspieler. Im April 1960 führten sie ihr erstes Stück auf: "De vergnügte Tankstell" von Fritz Wempners.

Heute hat der Verein rund 200 Mitglieder. "Wir haben eine tolle Crew", sagt Udo Kolm. Gefeiert wird das Jubiläum der Laienbühne im Mai. Wie, das soll noch eine Überraschung bleiben.