Bargteheide. Sogenannte “Spaziergänger“ haben auf Personen eingeschlagen, die symbolisch die Rote Karte zeigten. Die Polizei sucht jetzt Zeugen.

Das Bündnis Solidarisches Bargteheide hat am Montagabend den sogenannten „Spaziergängern“, die gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gingen, symbolisch die Rote Karte gezeigt. Etwa 100 Menschen waren dem Aufruf gefolgt, friedlich für Solidarität in der Pandemie und gegen Egoismus und Ignoranz zu demonstrieren. Im weiteren Verlauf der angemeldeten Kundgebung kam es zu einem Angriff auf die Gruppe, die sich mit Transparenten und Schildern direkt vor dem Rathaus positioniert hatte und diese ruhig den vorbeiziehenden „Spaziergängern“ entgegenhielt.

Corona-Demo Bargteheide: Randalierer wehrt sich gegen ausgesprochenen Platzverweis

Mehrere Teilnehmende der Kundgebung berichten übereinstimmend, dass sich einige aus dem Zug gelöst und auf der gegenüberliegenden Straßenseite positioniert hätten. Nachdem der Aufmarsch vorübergezogen sei, sei ein älterer Mann auf die Gegendemonstranten zugekommen und habe einem der Teilnehmenden nach einem kurzen Wortgefecht unvermittelt ins Gesicht geschlagen.

In einer Pressemitteilung äußert sich das Bündnis zum weiteren Verlauf wie folgt: „Daraufhin hielten mehrere Personen aus der Kundgebung diesen Herren fest, um Anzeige zu erstatten.“ Statt der herbeigerufenen Polizei hätten sich zwei Männer genähert, die erst die Umstehenden lautstark beleidigt, geschubst und dann mit Fäusten auf einige eingeschlagen hätten.

Das Bündnis Solidarisches Bargteheide hat den sogenannten
Das Bündnis Solidarisches Bargteheide hat den sogenannten "Spaziergängern" symbolisch die Rote Karte gezeigt. © JP Meier

Die Polizei Bargteheide hat nach Corona-Demo die Ermittlungen aufgenommen

„Da die Polizei immer noch nicht eingriff, mussten sich die Teilnehmenden selbst verteidigen“, heißt es weiter. Kurz darauf sei die Polizei angerückt und habe die beiden Angreifer mitgenommen. Letzteres bestätigt die Pressesprecherin der Polizeidirektion Ratzeburg, Jacqueline Fischer, auf Anfrage unserer Redaktion. Einer der beiden sei bei der Rangelei gestürzt und im Rettungswagen behandelt worden. Der andere habe einen Platzverweis erhalten.

„Weil er sich dagegen gewehrt hat, wurde er für die Dauer der Kundgebung in Gewahrsam genommen“, so Fischer. Da eine Straftat vorgefallen sei und der Vorwurf der Körperverletzung im Raum stehe, habe die Polizei die Ermittlungen aufgenommen.

Am Mittwoch teilte die Polizei mit, dass gegen zwei 51 und 38 Jahre alte Männer wegen des Verdachts der Körperverletzung und der Störung einer Versammlung ermittelt werde. In diesem Zusammenhang gebe es auch Hinweise auf einen weiteren beteiligten und noch unbekannten älteren Mann. Zeugen sollen sich bei der Polizei unter der Telefonnummer 04102 809-0 melden.

Mehr als 120 Polizisten waren in Bargteheide im Einsatz

Auch in 15 weiteren Orten in Stormarn und dem Herzogtum Lauenburg habe es am Montagabend Versammlungen mit etwa 1100 Gegnern der Corona-Maßnahmen und fünf Gegendemonstrationen mit circa 160 Teilnehmern gegeben. Insgesamt seien in beiden Kreisen mehr als 120 Beamte im Einsatz gewesen, darunter 44 in Bargteheide.

Trotz des Vorfalls wollen sich die Organisatoren der Kundgebung nicht unterkriegen lassen. „Wir erachten die Demonstration als vollen Erfolg“, heißt es vonseiten des Bündnisses. Der Angriff sei zwar erschreckend, „aber leider nichts Ungewöhnliches“.

In Ahrensburg formiert sich Widerstand gegen die "Spaziergänge"

Und auch in Ahrensburg formiert sich Widerstand gegen die „Spaziergänge“, die seit Wochen in regelmäßigen Abständen durch die Innenstadt ziehen. Initiator ist diesmal der Runde Tisch Ahrensburg für Zivilcourage und Menschenrechte, der für Donnerstag, 27. Januar, von 17.30 Uhr an zu einer Kundgebung am Rondeel aufruft. Dessen Sprecherin Bernadette Kölker sagt: „Es geht darum, öffentlich Haltung zu zeigen gegen den Missbrauch des Freiheitsbegriffs.“ Das Netzwerk habe beispielsweise mit Unbehagen verfolgt, dass die Corona-Kritiker bei ihren Sonnabend-Kundgebungen im vorigen Jahr in Ahrensburg immer wieder einen Zusammenhang zwischen dem Begriff Diktatur und den Maßnahmen gegen die Pandemie hergestellt hätten.

Es gehe nicht darum, Diskussionen zu unterdrücken. „Wir sind ein Bündnis mit vielen Haltungen“, stellt Kölker klar. Es gebe keine einheitliche Lösung. „Das ist das Wesen unserer Demokratie, die durch Diskurse und unterschiedliche Ansätze lebendig gehalten wird.“ Es müsse aber eine solidarische Auseinandersetzung sein.

Ahrensburger wollen eine klare Abgrenzung gegen rechtes Gedankengut

Denn klar sei auch: „Wo keine Abgrenzung zu rechtem Gedankengut gezogen wird, sind wir präsent.“ Bei den Versammlungen der Querdenker in Ahrensburg sei unter anderem der Holocaust verharmlost worden. Mit der Kundgebung mache sich der Runde Tisch für ein tolerantes und demokratisches Ahrensburg stark.

Angst vor gewalttätigen Aktionen wie in Bargteheide hat Kölker nicht. Sie sei gesprächsbereit. „Wenn es Fragen gibt, diskutieren wir mit den Menschen. Ich sehe keinen Grund, warum jemand uns gegenüber wegen unserer Haltung Aggressionen entwickeln sollte.“