138. Stover Renntag lockt mehr als 10 000 Besucher an. Lange Schlangen nicht nur vor den Wettschaltern

Stove. Es war ein langer Tag und ein schöner und aufregender dazu. Vom Stover Renntag, dem 138. in seiner langen Tradition, kehrten die 200 Vereinsmitglieder und Organisatoren ebenso in bester Laune nach Hause zurück wie die noch einmal 200 ehrenamtlichen Helfer und natürlich die weit mehr als 10 000 Besucher. Und wer nach dem letzten Rennen auf dem Heimweg oben vom Deich aus noch einmal einen Blick zurückwarf, dem blieb vor allem ein Bild in Erinnerung: Lange Schlangen vor den Wettschaltern. Die Frauen und Männer, die sich lachend und in bester Laune vor den Kassen drängelten, waren allesamt Gewinner. Und diese Schar war groß und irgendwie war das Bild ein Symbol für den Stover Renntag 2012.

Die Einsätze beim letzten Trabrennen um den Preis von Idee Kaffee waren noch einmal besonders hoch, weil es ja auch besonders viel zu gewinnen gab. Da in den vorangegangenen Rennen zweimal die Dreier-Wette nicht getroffen war, wurde dieses Geld zum Schluss verteilt. Zu den üblichen Quoten wurde also noch ein Jackpot von 6544 Euro ausgeschüttet. Und auch die Anspannung und der Nervenkitzel, der die Wetter besonders dann packt, wenn die Pferde aus dem letzten Bogen auf die Ziellinie zufliegen, waren noch einmal doppelt so stark zu spüren.

"Black Woman noch in Führung", rief auf dem Richterturm Jan von Witzleben in sein Mikrofon. "Aber Manfred Walter mit Classic Girl greift noch einmal an. Kann er an Black Woman vorbei ziehen?" Es sind diese lauten, leidenschaftlichen Kommentare von dem Mann auf dem Richterturm und seinem Partner Hans-Ludolf Matthiessen unten auf dem Geläuf, die die Menschen immer wieder aufrütteln und mitreißen und rund um die Bahn den Zuschauern den Überblick über den Rennverlauf verschaffen und ihnen die Sieger in Sattel und Sulky näher bringt.

Sieger im letzten Rennen war nach einem harten Finish Jochen Holzschuh mit Black Woman. Der junge Mann, so wurde den Zuschauern aus den riesigen Lautsprechern rund um die Bahn verkündet, ist eigentlich auf den kleineren Bahnen im Süden Deutschlands zu Hause. Seine erste Reise nach Stove hat sich für Jochen Holzschuh allerdings ausgezahlt. Sein Erfolg im letzten Rennen war bereits der dritte Sieg für ihn. Mit seinen drei Siegen in den sieben Trabrennen, die diesmal ausgetragen wurden, war der neue Gast aus Süddeutschland zugleich Fahrer des Tages.

Noch einmal Zweiter zum Abschluss war Manfred Walter mit Classic Girl geworden und Hans Theo Giesel mit Vlado Victory kam als Dritter ins Ziel. Manfred Walter hat in den zurückliegenden Jahren die Renntage in Stove mitgeprägt und ist dort von den Kommentatoren und auch vom Publikum als "Grasbahnkönig" auf den Traberthron gehoben worden. In zehn Jahren gewann er gleich sechs Mal den Großen Preis von Stove, den Höhepunkt eines jeden Renntages. Natürlich war er auch diesmal wieder hinter dem Startwagen zu finden, hatte Le Carolus angespannt. Den Sieg aber musste der Grasbahnkönig wie im vergangenen Jahr Sjoerd von der Galien aus den Niederlanden überlassen. Der verteidigte den Titel souverän mit Automatic Frisia vor Jochen Holzschuh mit Quildy Yacom und Manfred Walter, der Dritter wurde.

Am frühen Nachmittag hatte die Polizei über die Lautsprecher verkündet, dass alle Parkplätze besetzt sind und die Elbuferstraße in Stove völlig verstopft ist. Selbst Dauergäste konnten sich nicht daran erinnern, je einmal einen solchen Andrang erlebt zu haben auf dem Deich, der sich wie eine exklusive grüne Loge über dem lang gezogenen Zieleinlauf hinzieht, und in der die Budenstadt im Zentrumsrund und vor allem mitten in dem Gute-Laune-Treiben des Spielparadieses für Kinder.

Schlangen bildeten sich an diesem übervollen Renntag überall, ob vor den Toiletten, Bierständen, dem Pommes-Zelt oder den Wettkassen. Die längste Schlange aber hatte sich vor den Jumping-Bändern gebildet, wo die Mädchen und Jungen anstanden, um sich an den Gummiseilen in die Luft katapultieren zu lassen.

Dabei haben die schlauen Füchse vom Stover Rennverein mit dem gewieften Geschäftsführer Jörn Reimers auch mit ihren Trabrennen allein große Erfolge, wo doch der Pferdesport allerorten so tief in der Krise steckt. Von der Trabrennbahn in Hamburg-Bahrenfeld war denn auch Geschäftsführer Jan Kleeberg nicht nur zum Wetten nach Stove gekommen. "Auch wir haben in Bahrenfeld einen Spielplatz aufgebaut und organisieren dort ein Kinderland", berichtete er mit Blick auf die Spielwiese. "Das ist schon toll, wie die das hier machen. In dieser Richtung werden auch wir unser Gesamtkonzept ausbauen, damit der Besuch beim Pferderennen zu einem sonntäglichen Familienausflug wird."

Der Stover Renntag allerdings ist auch deshalb für die gesamte Region so ein Muss-Tag geworden, weil er jedes Jahr aufs Neue und immer wieder so einmalig ist. "Macht das doch zwei oder gar drei Mal im Jahr, haben uns manche schon geraten", sagt Jörn Reimers. "Das würde nicht funktionieren. Wir machen das mit so viel ehrenamtlichem Einsatz ja auch nicht, um das große Geld zu verdienen, sondern um die Tradition frisch und lebendig zu halten." Und dann funkeln seine Augen und er lächelt verschmitzt und sagt: "Wir hier in Stove sind die Besten."