Abschlag: Wir stellen in einer neuen Serie die Golfanlagen in der Region vor. Heute ist der Golfclub Schloss aus Lüdersburg dran.

Lüdersburg. Die drei Rehe, die am Rande des Grüns unter uralten Obstbäumen äsen, heben nur gelegentlich die Köpfe und schauen kauend zu den beiden seltsamen Gestalten hinüber, die mit langen Knüppeln seltsame Bewegungen machen. Dabei müsste das kurze, harte "Pink", das anzeigt, wenn der Schläger den Ball trifft, die Tiere doch eigentlich in Panik versetzen, wenn die Golfer mit ihrem Eisen den kleinen Ball in den Himmel schicken. Aber in der ländlichen Idylle von Schloss Lüdersburg sind selbst Rehe und Hasen mit dem Golfsport aufgewachsen.

Das in Deutschland älteste Inselgrün ist rundherum von Wasser umgeben

Es ist kurz nach sechs Uhr in der Früh. Auf den geschorenen Grüns der beiden 18-Löcher-Anlagen perlt noch der Raureif. Und über den kleinen Seen schwebt der Frühnebel. Achim Schneider, ein 52-jähriger Marketing-Fachmann, ist mit einem Bekannten aus Hamburg gekommen. Die beiden treiben ihre Bälle dem Loch vier entgegen. Das Grün hier ist rund um von Wasser eingeschlossen. Neulinge in der Golfgemeinschaft von Schloss Lüdersburg werden gerne darauf hingewiesen, dass hier sei das älteste Inselgrün von allen Plätzen in Deutschland.

Als der Marketing-Mann versucht, mit dem vierten Schlag das Grün zu erreichen, hören die beiden nur kurz ein "Plop" und sehen Ringe im Wasser. "Aber bevor du den Kopf hängen lässt", sagt der Partner lachend, "schau einmal in den Himmel."

Mit mächtigen, ausgebreiteten Schwingen spielt ein Habicht mit dem Wind und lässt sich der Morgensonne entgegentragen. "Ich liebe diese frühen Stunden auf dem Platz", sagt Achim Schneider, "wenn ich hier eine Runde spiele, ist das wie drei Tage Urlaub für mich."

Golfen und Urlauben, die attraktiven Grundpfeiler unserer sportiven Freizeitgesellschaft haben Alexander Freiherr von Spoercken und Ehefrau Christiane in den vergangenen zwei Jahrzehnten perfekt und exklusiv miteinander verwoben. Schloss Lüdersburg, seit Jahrhunderten Mittelpunkt dieser Landschaft und Familiensitz derer von Spoercken, ist längst ein beliebtes Ziel für Freunde des Golfsports aus ganz Europa.

Als Alexander Freiherr von Spoercken Mitte der 80er-Jahre das Erbe mit dem 400 Hektar umfassenden landwirtschaftlichen Betrieb übernahm, da habe Schloss Lüdersburg in einer Art Dornröschenschlaf dahin gedämmert. "Mit der Landwirtschaft war kaum noch Geld zu verdienen", erzählt der sportliche Herr mit dem weißen Haar, "wir mussten eine neue Zukunft suchen. Und haben uns, sicher mit einer kräftigen Portion Blauäugigkeit, ins Geschäft mit den Schlägern und kleinen Bällen gewagt. Damals gab es in unserer Region bis nach Hamburg nur zwei Klubs, St. Dionys und Hittfeld. Es gab auch noch, wenn auch nicht mehr lange, die DDR und die nahe Grenze und das eingeschlossene Berlin."

Das wiederum hat sich für das Golfabenteuer des Barons als Glücksfall erwiesen. "Denn für die Berliner waren wir der am nächsten gelegene Klub im Westen", ergänzt der Mann, der sich inzwischen im deutschen Golfsport einen Namen als Vorantreiber und Neuerer gemacht hat. "Ich muss sagen, noch heute denke ich mit viel Freude an die langen, fröhlichen Abende mit meinen Berliner Gästen zurück", sagt er.

Es war 1989, da wurde auf Schloss Lüdersburg der erste Golfplatz eingeweiht. Die zweite 18-Loch-Anlage kam 1996 dazu. Das stattliche Herrenhaus, im Jahre 1776 erbaut, die kleinen Kavaliershäuschen, Scheunen, Pferde- und Schweineställe, alles wurde mit den Jahren zu einer nostalgisch schönen und exklusiven Hotelanlage umgebaut und erneuert. Zu den 72 Zimmer und Suiten kam im vergangenen Jahr das dritte Restaurant hinzu.

Der "Golf- und Landklub Schloss Lüdersburg" ist mit knapp 1400 Mitgliedern noch immer das Herzstück dieses Golf-Refugiums und Freiherr von Spoercken der Präsident. "Aber rund 40 Prozent unserer Gäste reisen inzwischen aus Skandinavien, aus Holland und Belgien an", ergänzt der Baron, "und aus allen Teilen Deutschlands sowieso. Inzwischen haben wir ja auch hier rund um Lüneburg ein halbes Dutzend weitere Anlagen dazu bekommen-"

Damit aber doch auch ein halbes Dutzend Konkurrenten? "Nein", sagt der Baron, "so sehe ich das nicht. Wir sind hier eine Golf-Region geworden. Wir ergänzen uns und sind damit ein maßgeblicher Faktor für den Fremdenverkehr. Denn der Golf-Sport, das ist in Deutschland noch immer ein schlafender Riese."

Der "elitäre" Golfsport muss weiter demokratisiert werden

Wobei wir beim Lieblingsthema des kämpferischen Golf-Barons von Schloss Lüdersburg wären. Seit Jahren setzt sich Alexander Freiherr von Spoercken dafür ein, diesen noch immer mit dem Etikett "elitär" abgestempelten Freizeitsport zu demokratisieren. "Aus der Tradition mit dem Klubleben heraus ist dieser Sport in Deutschland noch immer viel zu stringent geregelt. Wir haben rund 600 000 organisierte Golfer in unserem Land. Aus Erhebungen wissen wir aber, es gibt rund vier Millionen, die es gerne versuchen möchten. Rund 50 000 Interessierte probieren es auch jedes Jahr, aber 40 000 geben es jährlich wieder auf. Für die wachsende Schar derer, die kommen möchten, bezahlen, spielen und wieder gehen, müssen wir unseren Sport flexibler, moderner und unbürokratischer organisieren."

Der Legende nach waren es ja schottische Schäfer, die aus Langeweile mit ihren Krummstäben Bälle in die Landschaft schlugen. Heute sind es häufig die Gestressten, die auf dem Golfplatz alles hinter sich lassen, sich ganz auf den Sport konzentrieren und dabei innere Ruhe und Entspannung finden - sei es auch nur für ein paar Stunden.

"Der größte Mangel und damit das wichtigste Gut ist für immer mehr Menschen die Zeit", sagt der Herr von Schloss Lüdersburg und nimmt sich die Zeit für einen Espresso auf der Terrasse vor dem Klubhaus, "für die müssen wir marktgerechte Angebote schaffen, beispielsweise mit Power-Golf über neun Löcher."

Und das möglichst nahe beim Arbeitsplatz für ein Spielchen zwischendurch. Mit seiner Klubhaus AG hat der Unternehmer aus der Nordheide die Idee vom City-Golf in Köln verwirklicht. Eine Anlage mit neun Bahnen mitten in der Stadt - kommen, bezahlen, spielen und zurück ins Büro oder in den Feierabend.

Für eine entsprechende Anlage in Hamburg-Horn allerdings hat der Vorstandsvorsitzende der Klubhaus AG dieses Vorhaben resigniert aufgeben müssen. "Bis zu 14 Jahre hätten die Genehmigungsverfahren gedauert", sagt er, "da ist uns das Risiko einfach zu groß gewesen."

Es ist gegen elf Uhr inzwischen. Über den Kiesweg kommen Achim Schneider und sein Partner zum ersten Schluck nach der Runde. "Ich habe vier Stunden gespielt", ruft der Marketing-Mann dem Hausherren auf Schloss Lüdersburg zu, "schöner kann der Tag nicht mehr werden."