Irene Janeras nimmt für den 37. Süderelbe-Halbmarathon der LG HNF eine weite Reise auf sich ... und erlebt eine Überraschung

Hausbruch. Auch im 37. Jahr des Süderelbe-Halbmarathons, der spannendste Augenblick ist immer wieder der gleiche. Noch liegt sonntäglicher Frieden über der Sportanlage am Neumoorstück in Hausbruch. Die Zeitnehmer lungern noch herum, junge Mütter, manchmal auch die Väter, schieben Kinderwagen, größere Geschwister spielen Fangen auf dem Rasen. Und alle warten. Auf den einen Ruf: "Da kommt der erste Läufer."

Ganz hinten rechts aus dem Gebüsch hastet ein blaues Trikot auf die alte Aschenbahn, nimmt die erste Kurve, macht noch einmal Tempo auf der Geraden. Die ersten Hände klatschen, zaghaft noch, dann ein tiefes Schnauben. Urs Schumann, ein 25-Jähriger aus Bargteheide ist im Ziel. 17 Minuten und 31 Sekunden, das ist die erste Zeit, die von den Helfern der Leichtathletik-Gemeinschaft Hausbruch/Neugraben/Fischbek (LG HNF) festgeschrieben wird. Für jeden Kilometer hat er also drei Minuten und 24 Sekunden benötigt. Da weiß jeder Läufer, er hat einen aus der Elite dieser millionenfachen Volksbewegung vor sich. "Dabei bin ich die fünf Kilometer ganz locker zum Spaß gelaufen", erzählt der erste Sieger der Traditionsveranstaltung.

Wie fleißig er denn trainiere, wollen wir wissen. "Täglich", kommt wie selbstverständlich die Antwort. "Und wie viel Kilometer in der Woche?" "Immer so 120". Und doch, wie ein Ausdauerfreak sieht dieser Medizinstudent im neunten Semester, der für den LAV Rostock startet, überhaupt nicht aus. Der Junge ist voll bepackt mit Muskeln. "Dabei habe ich schon 15 Kilo Muskelmasse abtrainiert", erzählt Urs Schumann. "Zehn Jahre lang habe ich Bodybuilding gemacht, auch fast täglich". Im Grunde gilt das für alle, die bei den größeren Laufveranstaltungen zu den Ersten gehören, die über die Ziellinie hasten: Leistungsfreaks sind sie alle, und ihr Sport ist wichtiger Bestandteil ihres Lebens.

Olaf Matt beispielsweise war viele Jahre Leistungsruderer, beim Wilhelmsburger RC zuerst, noch stärker dann beim Ruder-Club Allemannia an der Alster. Inzwischen rennt der 29-jährige aus Wilhelmsburg. "Auch zwischen 70 und 100 Kilometer in der Woche", erzählt er und ringt noch ein wenig nach Atem. Er ist der Sieger über die zehn Kilometer-Strecke. Seine Zeit: 37 Minuten und 44 Sekunden. Und diesen Lauf ordnet er eher unter "gemütlich" ein. Am Ende erreichten 91 Männer und 39 Frauen über diese Strecke das Ziel. Elvira Flurschütz, mit 41:40 Minuten die Schnellste der Frauen, war aus Bayreuth gekommen, wo sie für das Team Ice House startet. Die weitaus längste Reise hatte allerdings die Frau mit der Startnummer 619 auf sich genommen. Irene Janeras war aus Barcelona für das Wochenende nach Hamburg gekommen. "Ich habe diesen Lauf im Internet entdeckt und mich angemeldet", erzählte die 40-Jährige und erlebte beim Warmlaufen eine besondere Überraschung. Mit ihrem Partner trabte sie an der ukrainischen Kirche im Rehrstieg vorbei und besuchte spontan das Gotteshaus. "Mein Onkel war hier jahrelang Priester", erzählte die Läuferin aus Barcelona und eilte davon, um den Start nicht zu verpassen.

Das Herzstück dieser Herbstveranstaltung der LG HNF ist der Halbmarathon. Obwohl bereits zum 37. Mal gestartet, war der Lübecker Michael Thiel das allererste Mal dabei. Obwohl der Schlosser, 43 Jahre inzwischen, sich seit vielen Jahren in ganz Norddeutschland einen Namen auf den langen Strecken gemacht hat. "Aber das hier war eine verdammt harte Prüfung", prustete der Sieger im Ziel. "Es war dieser scharfe Wind, der einen gequält und ausgelaugt hat."

Michael Thiel, der für Tri-Sport-Lübeck startet, trug sich mit 1:18:16 Stunden in die ewige Siegerliste des Süderelbe-Halbmarathons ein. Mehr als drei Minuten später kam erst sein Verfolger an. Und der ist auf dieser windigen Strecke eigentlich ja zu Hause. Wieslaw Slawinski, 56 Jahre, war im HSV-Trikot am Start (viele Jahre gehörte er der LG HNF an), war mit seiner Zeit von 1:21:36 Stunden überhaupt nicht zufrieden. "Ich wollte unter 1:21 bleiben", verriet der kleine Pfiffikus, "das wäre neuer Hamburger Rekord in meiner Altersklasse, bei den Männern über 55 Jahre gewesen. Aber der Wind, der Wind". Der Schnellste im Trikot der Gastgeber war Jens Kelling, der als Fünfter (1:26:51) über die Ziellinie stampfte. Siegerin bei den Frauen wurde Judith Kauders vom Tri Michels Hamburg in 1:44:34 Stunden, Zweite die Hamburgerin Carola Eschenbach (1:45:34) und Dritte Stephanie Bockelmann von der LG HNF in 1:45:41.