Auf Euroridings Butts Leon gewinnt Andreas Dibowski zum ersten Mal das Vier-Sterne-Turnier in Luhmühlen

Luhmühlen. Andreas Dibowski, der Zweifler, der sich selbst schon als "ewigen Zweiten" im internationalen Vielseitigkeitssport einordnete, hat Luhmühlen gewonnen. Der Lokalmatador aus Döhle als bescheidener Triumphator, was hätte es Schöneres bei dieser Premiere des "neuen" Luhmühlen geben können? Am Ende der international bedeutenden Vier-Sterne-Prüfung mussten seine Fans zittern. Piggi French, die 30-jährige Engländerin und ihr Flying Machine durften als Führende nach Dressur und Geländeritt als letzte auf den Springparcours. Nur, wenn die beiden einen Fehler machten, konnte Dibowski siegen. Zwölfmal machte French keinen Fehler. Das 13. und ein weiteres Hindernis aber fielen.

Als Dibowski mit Butts Leon nach null Fehlern den Parcours verließ, scherzte Doppel-Olympiasieger Hinrich Romeike als Co-Kommentar im NDR-Fernsehen: "Jetzt habe ich ihn sogar lächeln sehen." Als der Sieg fest stand, sagte er: "Vor 22 Jahren bin ich das erste Mal hier in Luhmühlen die große Tour geritten. Ich habe also lange auf den Sieg hinarbeiten müssen." Dabei war schon tags zuvor bei der Geländeprüfung trotz all der Ehrengäste und internationalen Stars nicht zu überhören, wer der Liebling ist. Der Beifall brauste, als aus den Lautsprechern ertönte: "Am Start Andreas Dibowski mit Euroridings Butts Leon." Tausende von Zuschauern an der 5989 Meter langen Geländestrecke mit 43 Sprüngen über 29 Hindernisse verloren ihn immer wieder aus den Augen. Aber der Beifall zeigte, wo Dibowski und Butts Leon das nächste Hindernis nahmen.

Auf der Wiese hinterm Ziel hatten die Fernsehleute ein Zelt mit zwei Bildschirmen aufgebaut. Dibowski hatte gerade zwei Ritte durch den Teich hinter sich gebracht. Da ging ein Aufstöhnen durchs Zelt und ein stiller Mann mit weißem Haar ging kurz in die Knie, als könne er dem Pferd weiter helfen. Der Schrecken war kurz, aber Manfred Giensch, Mitbesitzer von Butts Leon, muss an die WM 2010 in Kentucky gedacht haben. Da hatte der sonst so willige Wallach beim Sprung über einen Graben zweimal verweigert und so wahrscheinlich Gold fürs deutsche Team verspielt. Den Graben hatte Dibowskis Paradepferd genommen, in der engen Schleife kam er kurz ins Straucheln aber dann ein Aufatmen. Eine Stunde zuvor hatte sich Dibowski hier selbst noch auf einen Gartenstuhl neben Bettina Hoy gezwängt. Gemeinsam verfolgten beide auf dem Schirm, wie Anna Siemer aus Salzhausen bei ihrer Vier-Sterne-Premiere den Einsprung zum Milford-Teich anritt und stürzte. "Zu vorsichtig angeritten, da fehlte der Schwung", lautete der Kommentar.

Dibowski war mit seinem Motorroller bereits wieder unterwegs, um nach dem großen Regen den Boden vor einzelnen Hindernissen zu kontrollieren, als Anna Siemer im Zielbereich eintraf. Und von ihrer Mutter in den Arm genommen wurde. "Ach Mami", machte das blonde Mädchen seiner Enttäuschung Luft, "da kommst du einmal und dann fall ich vom Pferd." Als Hoy später auf der Strecke war, kam über den Lautsprecher: "Bettina soll Hindernis zehn ausgelassen haben." Das war am Jeep-Komplex der zweite Einsprung ins Wasser. Auch Weltmeister Michael Jung hatte aufgeben müssen. Und Peter Thomsen hatte die Führung nach dem Geländeritt eigentlich schon sicher, als sein Pferd Horseware`s Parko kurz vorm Ziel verweigerte.

Als Dibowski, der nach der Dressur Fünfter war, auf den letzten Metern seines Geländeritts (danach lag er auf Rang drei) war, stürmte sein Fan-Club über die Wiese. Und Bundestrainer Hans Melzer gratulierte noch vor Ehefrau Susanna, von der "Dibo" dann ein Küsschen bekam. Zweite der Vier-Sterne-Prüfung wurde Neuling Sandra Auffarth mit Opgun Louvo und Dritter Frank Ostholt mit Little Paint. Sein jüngerer Bruder Andreas hatte sich vorher mit Franco Jeas mit einem Null-Fehler-Ritt den deutschen Titel geschnappt.