14 Jahre alter Faustkämpfer vom TV Fischbek wird für seinen Ehrgeiz mit dem Gewinn der nationalen Meisterschaft belohnt

Fischbek. Fragt man die vom Erfolg verwöhnten Routiniers in der Boxsparte des TV Fischbek, wie lange der Junge schon zu ihnen gehört, werden die meisten kurz nachdenklich und mit einem Lächeln antworten sie dann: "Schon immer. Ich kann mich jedenfalls nicht mehr an ein Training ohne Yunus erinnern." Neun Jahre war Yunus Öztürk alt, als ihn der große Bruder einmal mit zu den Sandsäcken brachte. Ein kleines Kerlchen mit neugierigen Augen und schwarzem Wuschelkopf, die Fäuste noch viel zu zart und die Ärmchen zu dünn für die mächtigen Handschuhe. Aber der Kleine war mit einem solchen Eifer und einem solchen Fleiß dabei, dass er schnell zum Liebling der harten Jungs wurde. Und der ehrgeizige Musterschüler von Trainer Mark Haupt.

Fünf Jahre ist das inzwischen her. Yunus ist jetzt 14 Jahre alt und sein Kampfgewicht ist auf 48 Kilo angewachsen. Beim letzten Training in der Turnhalle am Ohrnsweg war Yunus natürlich wieder dabei. Diesmal aber stand er ganz allein im Mittelpunkt. Und nicht nur all die Hau-Draufs waren gekommen, die dem TV Fischbek in den letzten Jahren so viel Ehre einbrachten. Auch die Vereinsführung war gekommen und hatte Geschenke mitgebracht. Und alle gemeinsam ließen Yunus Öztürk den neuen Deutschen Meister der Kadetten, hochleben.

Die Altersklasse der Kadetten bei den Amateuren bilden die Jahrgänge 1997 und 1998. Die 150 Besten aus den einzelnen Landesverbänden waren nach Lindow (Brandenburg) gekommen und hatten in den unterschiedlichen Gewichtsklassen um die nationale Meisterschaft gekämpft. Yunus hatte in der Schule und selbst in der Familie seine Reise nach Lindow nur so nebenbei erwähnt. "Das ist ganz allein meine Sache", hatte er die Hoffnungen und Erwartungen vorher klein geredet. Dabei hatten sich Yunus und sein Trainer Mark Haupt acht Wochen lang mit unglaublichem Einsatz auf diesen allerersten Griff des Jungen nach der Krone vorbereitet. Beinahe täglich nach der Schule und seinen Hausaufgaben holte Mark Haupt seinen Schützling von Zuhause ab und dann begann für den jungen und den alten Boxenthusiasten die gemeinsame Arbeit. "Zuerst sind wir in der Fischbeker Heide gelaufen", erzählt Mark Haupt. "So haben wir die nötige Kondition aufgebaut. Dann haben wir Tempoläufe zwischengeschaltet, wie einen ein 400-Meter-Lauf in zwei Minuten, eine Minute Pause, wieder 400 Meter. Dreimal hintereinander. In den letzten Wochen vor den Titelkämpfen waren wir beide oft ganz alleine in der Turnhalle, haben Schlagkombinationen eingeübt, Sparring gemacht und Yunus hat schnelle Serien auf die Pratzen geschlagen. Ich bin mit Yunus auch zu anderen Klubs gefahren, damit er sich auf gleichaltrige Sparringspartner einstellen konnte."

Mark Haupt, der am S-Bahnhof in Stellingen einen Imbiss betreibt, kann sich glücklicherweise seine Zeit einteilen. Und die Arbeit mit den jungen Boxern ist darauf ausgerichtet, dass sie nicht nur im Sport, sondern auch im Leben ihren Kampf bestehen können,. Dass er mit 37 Jahren nicht mehr selbst in den Ring klettern darf, ärgert ihn am meisten.

"Bei all unserer intensiven Trainingsarbeit", betont Mark Haupt, "habe ich Yunus klar gemacht, dass die Schule das Wichtigste bleibt. Eine schlechte Note und die Boxhandschuhe bleiben in der Tasche. Aber Yunus kommt auf dem Gymnasium gut zurecht." Die meisten der Fischbeker Faustkämpfer haben Abitur, studieren oder absolvieren eine Ausbildung. Um seinen Traum vom großen Ruhm im Boxring wahr werden zu lassen, hatte Yunus Öztürk in Lindow dreimal kämpfen müssen. Zum Auftakt, gegen Roman Schäfer aus Seelze, baute er ab der zweiten Runde seine Führung aus und gewann sicher mit 8:4 Punkten. In der nächsten Auseinandersetzung gegen Silvio Schierle aus Saalfeld war er in allen Belangen überlegen und gewann mit 8:2. Im Finale traf er auf Artur Mamberger aus Gießen. Da marschierte Yunus nach vorne, die Wald- und die Tempoläufe mit seinem Trainer gaben ihm die Ausdauer und die Kraft dafür. Am Ende klang durch die Boxarena in Lindow: "Neuer Deutscher Meister in der 48-Kilo-Klasse: Yunus Öztürk vom TV Fischbek."

Trainer Mark Haupt hat ihm versprochen: "Wenn Du den Titel nach Hause bringst, lade ich Dich zu einem Fallschirm-Sprung ein." Irgendwann in den nächsten Wochen werden zwei Boxer aus den Wolken fallen, Yunus Öztürk und sein Lehrmeister Mark Haupt.