Rang zwei für Tierärztin Stephanie Spitzlei und Carlotta bei der Saisoneröffnung der Vielseitigkeitsreiter

Sahrendorf. Noch bestimmt das Wintergrau die Heidelandschaft in Sahrendorf. Aber an den Hügeln, wo der Blick die meisten und spektakulärsten der festen Hindernisse einfängt, haben sich die Reitsportfreunde in der Frühlingssonne niedergelassen. Unten, in der Talsenke vor dem Teich mit seinen beiden Einsprüngen, haben die Gastgeber vom Reit- und Fahrverein Auetal ein paar Stehtische aufgestellt. Prickelndes und Anregendes wird hier ausgeschenkt.

Und die Stimme aus den Lautsprechern lässt klangvolle Namen über das Vielseitigkeitsgelände in Sahrendorf erschallen. "Am Start jetzt Ingrid Klimke mit Tabasco" vernehmen die Besucher. Mit ihren Blicken verfolgen sie die Reiterin, wie sie aus dem Wäldchen hervor galoppiert, die ersten Hindernisse nimmt, rechts den Hang hoch, hinter dem Hügel verschwindet, im scharfen Galopp zurück und in das Tal reitet und auf der anderen Seite erneut am Waldrand verschwindet.

Bettina Hoy ist dabei, Peter Thomsen, Andreas Dibowski aus dem nahen Döhle. Bundestrainer Hans Melzer selbst hat im Gelände die 21 Hindernisse für insgesamt 27 Sprünge angeordnet. "Noch nicht so ganz schwer", wie er selbst erläutert. "Denn für die meisten der Teilnehmer ist das hier ja der Neubeginn, der Start in die Saison 2011".

Und die soll für den Vielseitigkeitssport in der Heide die Krönung bringen. Vor allem für das Neue, das mit so großem Aufwand erneuerte und erweiterte Luhmühlen. Hier wird, beim traditionellen internationalen Turnier vom 16. bis 19. Juni die deutsche Meisterschaft in einer Drei-Sterne-Prüfung entschieden und die Weltelite bei der Vier-Sterne-Prüfung brillieren, vom 15. bis 28. August dann die Europa-Meisterschaft in Luhmühlen.

Und dafür ist hier in Sahrendorf, sozusagen der kleinen Schwester von Luhmühlen, zumindest der bundesdeutsche Aufgalopp. Sahrendorf mit seiner traditionellen Einlaufprüfung auf M-Niveau ist nicht nur beliebter Neubeginn für die Championats-Pferde und die professionelle Elite des deutschen Vielseitigkeits-Sport. Die Starter in der ersten Abteilung allerdings als Freizeit- oder gar Hobbyreiter einzuordnen, kann das Bild doch noch verzerren.

Da waren zum Beispiel Dr. Stephanie Spitzlei und ihre Carlotta mit dabei, ein Paar, das längst bekannt ist unter den Pferdefreunden. Zum einen ist Frau Doktor mit eigener Tierarztpraxis für kranke und verletzte Pferde im Landkreis Harburg im Einsatz. Zum anderen hat sie ihre Stute schon als Fohlen erworben, von Karl Rabeler, dem Ersten Vorsitzenden des gastgebenden Reit- und Fahrvereins Auetal und Turnierchef in Sahrendorf.

Jetzt, fast zwölf Jahre später, belegten Stephanie Spitzlei und ihre Carlotta Platz zwei in der ersten Abteilung. Besser war hier nur Sophia Marle Stölzle, eine 21-jährige Nachwuchsreiterin aus Baden-Württemberg und ihr Gin Tonic. Als die Tierärztin aus Salzhausen und ihr Lieblingspferd im Gelände über die 21 Hindernisse flogen, gab es Applaus von einer kleinen Fangemeinde. Am Ende gratulierten auch die Großen.

Denn so konzentriert und schnell, wie die beiden die 2475 Meter lange Strecke bewältigten, waren nicht einmal die Olympiasieger. Vier Minuten und 32 Sekunden für das Paar aus Salzhausen. Selbst Andreas Dibowski und sein Butts Avedon hatten vier Sekunden länger benötigt. Dabei waren die beiden die Schnellsten unter den Profis. Der Mannschafts-Olympiasieger aus Döhle freute sich, "weil mein Schwarzer im Gelände eine Klasse für sich ist."

Auch Frau Doktor bedankte sich vor allem bei ihrem Pferd für den schnellen, begeisternden Ritt in der Heide. "Für Carlotta war das ideal, und sie war mit einer solchen Freude bei der Sache. Für uns war das die erste Platzierung in einer Zwei-Sterne-M-Prüfung".

Das wiederum war nicht nur ein Erfolg der Reiterin und ihres Wintertrainings, sondern auch eine Genugtuung für die Tierärztin. "Carlotta war vor einem Jahr mit einer schwierigen Stichverletzung von der Weide gekommen", erzählte die Zweitplatzierte von Sahrendorf. "Sie musste narkotisiert werden, musste lange angebunden im Stall bleiben, es war eine schwierige Zeit für das Tier. Deshalb freue ich mich so auf diesen Neubeginn."

In der zweiten, der Abteilung mit den großen Namen und den Championats-Pferden war der Sieg im Grunde vorprogrammiert. Ingrid Klimke und ihr Butts Abraxxas - das Spitzenpaar auf Weltniveau, war auch in Sahrendorf nicht zu bezwingen. Zweite wurde mit Bettina Hoy, die zurzeit mit ihren Pferden in Warendorf Station bezogen hat, auch eine der großen Frauen des Vielseitigkeits-Sports. Sie platzierte sich mit Lanfranco. Andreas Dibowski sicherte sich Platz drei mit seiner neuen Hoffnung Butts Avedon. "Mit ihm werde ich auch bei der deutschen Meisterschaft im Juni in Luhmühlen starten", erläuterte er am Rande der Geländeprüfung seine Turnierpläne. "Mit Fantasie bin ich hier nur in der Dressur und im Springen gestartet, damit sie in Prüfungslaune bleibt."

Der Geländeritt hatte Frieda, wie die Stute im Vielseitigkeits-Unternehmen Dibowski in Döhle nur gerufen wird, zuviel Kraft gekostet. Denn mit seinem zweiten Spitzenpferd wird der Zweite des Weltcups im vergangenen Jahr vom 21. bis 25. April in Badminton in England wieder dabei sein. Vergangene Woche war Andreas Dibowski bei der Drei-Sterne-Prüfung in Fontainebleau sowohl mit Fantasie (Platz neun) wie auch mit Butts Leon am Start. Der Braune hat zwar gerade erst mit der harten Konditionsarbeit begonnen, wurde in Frankreich aber auf Anhieb Sechster unter den 57 internationalen Spitzenpferden.