Landesmeisterschaften in der Nordheidehalle Buchholz. Organisator Martin Weber gewinnt drei Goldmedaillen

Buchholz Der Chef wirkt angespannt. Auf der großen Fläche der Nordheidehalle in Buchholz herrscht der übliche Trubel einer Landesmeisterschaft im Karate. Auf zwei der vier blau-roten Matten wird gerade gekämpft. Immer wieder übertönen aufschreckende Kampfschreie das allgemeine Gemurmel. Martin Weber, als Chef des Karate-Dojo von Blau-Weiss Buchholz auch oberster Ausrichter dieser Titelkämpfe, hat sich an den Rand des Geschehens zurückgezogen. Das Organisationsteam wird ohnehin von seiner Frau dirigiert. Der 41-Jährige bereitet sich auf seinen ersten Kampf vor, in der Leistungsklasse Männer bis 75 Kilogramm

Martin Weber hüpft auf den Zehenspitzen, beugt und lockert Oberkörper und Arme. Nur einen Meter neben ihm macht ein jugendlicher Rotschopf ähnliche Vorbereitungen. Martin Weber kennt den 22 Jahre jüngeren Widersacher aus Lüneburg. Gelegentlich trainieren die beiden zusammen. Aber jetzt ist jeder mit sich selbst beschäftigt. Es ist das erste Mal, dass sich der erfahrene Karatemeister aus Buchholz dem hoffnungsvollen Talent stellen muss.

Kämpfe im Karate mit Faust- und Fußschützern werden im Semikontakt ausgetragen. Das heißt, die Faust und Fußstöße müssen Zentimeter oder Millimeter vor der Nase, dem Kinn oder den Schläfen abgestoppt werden. Und doch ist es Martin Weber, der nach einem Angriff des Jungen rechts am Auge blutet. Nach einer kurzen Verarztung der Platzwunde geht das Duell auf der Matte weiter.

Jun-Patrick Raabe mit der ungestümen Angriffslust der Jugend, Martin Weber geschickt ausweichend und auf die Fehler des Jungen lauernd. Er liegt lange mit einem Punkt vorne. Aber dann, fast am Ende der drei Minuten, gelingt dem 19-Jährigen doch noch eine wirbelnde Aktion. "Das war ein Ura Mawahi Geri", flüstert ein Fachmann am Mattenrand bewundernd, "das ist ein Fußtritt zum Kopf mit einer Rundkreis Bewegung ausgeführt."

Auf jeden Fall sind das drei Punkte für den Jungen aus Lüneburg und der Buchholzer Gastgeber ist als Kämpfer bereits nach seinem ersten Auftritt ausgeschieden. Aber nur in der Leistungsklasse, also beim Kräftemessen mit den zehn und 20 Jahre jüngeren Aktiven.

In der Nordheide wurde aber auch um die Krone in den Masterklassen gekämpft, also bei den Aktiven über 30 Jahre oder, noch eine Stufe erfahrener, über 40 Jahre. Und da hat Martin Weber noch schnell und kraftvoll hingelangt.

Im Karatesport in Buchholz ist Martin Weber, seit 28 Jahren der Lebensphilosophie dieses Kampfsports verschrieben, die treibende Kraft, der Motivator und Lehrmeister. Rund 80 Mitglieder zählt die Abteilung, aber zum Training, vor allem am Sonnabend, reisen häufig Kämpfer aus Hamburg und allen Teilen Niedersachsens nach Buchholz an.

Als Sigrid Weber ihren Mann kennenlernte, war sie keineswegs überrascht, als der ihr erzählte, dass er Karatekämpfer sei. "Das passt zu ihm, habe ich sofort gedacht", sagt die Organisationschefin dieser Landesmeisterschaften. "Die hohe Selbstdisziplin, die zu diesem Sport gehört, das kontrolliert kämpferische auch, seinem Gegner nachzugeben und ihn am Ende doch zu besiegen, auch diese meditativen Momente dieses Sports, Karate ist die große Passion meines Mannes." Muss man da erwähnen, dass die beiden Töchter und beide Söhne inzwischen auch mit und beim Papa trainieren.

Bei seinem zweiten entscheidenden Kampf vor Buchholzer Publikum stand Martin Weber ebenfalls einem Bekannten aus Lüneburg gegenüber. In der Masterklasse bis 80 Kilo der über 40-Jährigen bestritt er das Finale gegen Christian Andreas vom Yukai Dojo Lüneburg. Die beiden kennen sich seit vielen Jahren, mit allen Finessen und Tricks. Also haben sie sich belauert und jeder auf eine Unachtsamkeit, einen Moment der Schwäche beim anderen gewartet. Zehn Sekunden vor dem Ende hatte Martin Weber diese Schwachstelle gefunden und genutzt. Mit dem einzigen Punkt wurde er Niedersachsenmeister. Und das war für den Buchholzer Karate-Chef sein dritter Titel in Folge. Auch in der Kata, der Kampfvorführung gegen einen imaginären Gegner, gewann Martin Weber erneut die Landesmeisterschaft. Damit aber noch nicht genug. Das dritte Mal Gold gewann er mit der Mannschaft von Gnarrenburg. Für sein Buchholzer Dojo gewann Jasmin Gehring, 19, in der Damenklasse bis 61 Kilo Bronze.