MTV Treubund Lüneburg wagt eine Premiere auf dem Spinning-Bike. 20 Teilnehmer beim Indoor-Cycling-Marathon

Lüneburg. Die schlichte Ankündigung, die die Fitmacher vom MTV Treubund Lüneburg auch über Facebook in die Nachbarschaft sandten, mag zunächst manchen verwirrt haben. "Indoor-Cycling-Marathon" - was genau ist das jetzt schon wieder? Und wer dann erfuhr, dass dabei Frauen und Männer sechs Stunden in einem Raum auf speziellen Fahrrädern hocken, sich wie wild abstrampeln und sich doch keinen Millimeter weiter bewegen, mag nur an einen öden Sport gedacht haben.

Dabei wird der neugierige Besucher schon draußen auf dem Parkplatz des Sportparks Kreideberg von fetziger Musik mitgerissen. Die Glasfront links vom Eingangsbereit gibt den Blick frei auf ein ungewöhnliches Bild. Im Halbreis auf den feststehenden speziellen Fitness-Rädern, den Spinningbikes, hocken schwitzend und tropfend Frauen und Männer jeden Alters. Ihre Beine sausen im harten Stakkato auf und ab. Vor dem strampelnden Halbkreis, das Gesicht den Aktiven zugewandt, sitzt Nicole Hopfengärtner auf der gleichen Tretmaschine. Sie hat ein Mikrophon vor dem Mund und einen großen schwarzen Kasten mit CD-Spieler und dicken Lautsprechern neben sich. Musik von "Lord of the Dance" hämmert durch den Raum. "Auf, auf! Noch einmal alles geben. Fünf Minute volle Power." Dem Ruf der Trainerin folgen alle. Sie sind aus dem Sattel gestiegen, kämpfen sich mitten in dem Fitness-Raum den Berg hoch, den die Trainerin angekündigt hat. Der steile Anstieg, das ist nur ein kleiner schwarzer Drehknopf vorne unter dem Lenker. Mit dem wird die Bremse für das Schwungrad vorne angezogen. Je mehr Umdrehungen nach rechts, umso härter muss der Sportler in die Pedale treten. "Ausrollen, langsam radeln wir ins Tal", verkündet die Motivatorin per Mikrofon.

Dieser Indoor-Marathon auf den Fitness-Rädern war eine Premiere beim MTV Treubund Lüneburg. "Wir haben uns beim ersten Mal über 20 Teilnehmer freuen können", zog Michael Jakubowski, der Leiter des vereinseigenen Fitness-Studios, eine erste Bilanz. "Neun von ihnen waren Dauerfahrer. Die sind von 14 bis 20 Uhr sechs Stunden lang durchgestrampelt, bis auf ein paar kleine Pausen. Die anderen haben Paare gebildet und sich abgewechselt. Spaß hat das allen gebracht, deshalb werden wir das auf jeden Fall wiederholen."

Wen immer noch Zweifel befallen, ob ein Marathon auf Spinning-Rädern wirklich ein Spaß ist, dem kann Heike Steinfels was erzählen. "Ich habe, sozusagen aus den Augenwinkeln, meinen Mann beobachtet. Wie gelöst er dabei ausgesehen hat, wie zufrieden, einfach glücklich." Dabei sagte Hans-Jürgen Steinfels, 67, mit dem Blick in die strampelnde Runde: "Ich bin hier ja der Opa. Aber ich halte die sechs Stunden durch. Das habe ich mir vorgenommen." Ehefrau Heike war neben ihrem Mann aufs Rad geklettert, hatte sich aber mit Jutta Mummert jede Stunde abgelöst. Als ein weiteres Rad frei wurde, sind beide je vier Stunden gefahren.

Vor drei Jahren gab ein Freund dem Ehepaar den Tipp, es einmal mit dem Spinning zu versuchen. "Das war der beste Vorschlag, den er uns machen konnte", sagt Hans-Jürgen Steinfels. Seitdem sitzen er und seine Frau montags und donnerstags auf diesen Geräten. Aber auch an den anderen Tagen sind die beiden Rentner in Bewegung, zweimal beim Laufen und einmal beim Hanteltraining. Sportlich Verrückte waren sie irgendwie schon immer. In den 1980er-Jahren nahmen sie als Leichtathletik-Senioren an den Europameisterschaften in Malmö teil. "Hin und zurück sind wir mit dem Fahrrad gefahren", sagt Hans-Jürgen Steinfels, "im Marathon ist meine Frau damals Dritte geworden."

Ein hohes Ziel hatten auch Timm Schlummer und Reiner Boll vor Augen, als sie sich beim Indoor-Marathon besonders intensiv abkämpften. Die Härte zu sich selbst muss wohl sein. Denn die beiden bereiten sich auf die "Tour transalp" vor. "Das ist eine Radtour über sieben Tage", sagt Timm Schlummer, "und die führt über 1000 Kilometer über die Alpen." Da rund um Lüneburg nun einmal ein Mangel an Bergen ist, nutzen die beiden das Indoor-Spektakel und zogen ihre Bremsschrauben fest an, als seien sie bei den steilsten Alpenanstiegen. Die beiden schwitzten in den schwarzen Trikots der "Ritzel-Ratten". So nennt sich der kleine Kreis von Freunden und Nachbarn, die leidenschaftliche Rennradfahrer sind. Timm Schlummer nimmt häufig sein Rennrad, um von seinem Wohnort Deutsch Evern nach Uelzen zu fahren. Dort arbeitet der 45-Jährige als Orthopäde und Chirurg im Krankenhaus. Er rät seinen Patienten: "Fahren Sie Rad, das stärkt nicht nur das Herz-Kreislauf-System und die Muskulatur. Im Gegensatz zum Joggen werden dabei die Gelenke nur ganz sanft beansprucht."