Riesenerfolg für Julian Prange aus Amelinghausen bei den deutschen Titelkämpfen im Rollkunstlaufen

Lüneburg. Kreischend stürzen dem Besucher drei Mädchen in Katzenkostümen entgegen. Die vierte des Quartetts wird noch im Nebenraum geschminkt. Ihre Trainerin hat ihr die Nase eines kleinen Kätzchens ins Gesicht gemalt. Jetzt zieht sie in feinen schwarzen Linien den Katzenschnurrbart über die Wangen. Die aufgekratzte Stimmung hier oben in der Sportanlage des MTV Treubund Lüneburg auf dem Kreideberg lässt einen an Kindergeburtstag denken. Die vier Wild Cats auf Rollschuhen gehören zum TV Jahn Wolfsburg. Sie zählen zu den 200 Aktiven, die in Lüneburg an den 13. deutschen Meisterschaften der Rollkunstläufer im Solotanz und in den Wettbewerben der Show-Gruppen teilnehmen.

Neugierige, die nicht so genau wissen, was solche Show-Wettbewerbe beim Deutschen Rollsport- und Inline-Verband sind, reagieren auf jeden Fall erstaunt und mit einem Lächeln. Was sich im Hintergrund der großen Sporthalle alles an Glitzer und Flitter, an schreiend bunten Trikots und fantasievollen Kostümen tummelt.

Da kurven auf den vier Rollen ganz in weiß gehüllte Figuren mit dicken Köpfen und noch dickeren Körpern herum, die auch noch silbern funkeln. Die zehn Mädchen, ebenfalls aus Wolfsburg, stellen zehn Bowling-Pins dar. Dazwischen, in pink und kugelrund, zwei Kugeln, die ja auch zum Bowling gehören. Die Kugeln rollen, die Pins fallen. Eine bleibt stehen und winkt kess ins Publikum. Es gibt viel Gelächter und viel Beifall für diese Show-Idee. Die Wolfsburger müssen sich mit der "Super-Mario-Party-Gruppe" aus Wuppertal messen, und den Mädchen aus Dresden mit ihrer Show "Die Rache der kleinen Hexen".

Dann wird es für einen Augenblick still auf den vollen Rängen. Vorn, am Rand der Rollfläche, haben sich die vier- und fünfjährigen Kinder der Lüneburger Rollkunstlauf-Sparte in einer Reihe niedergehockt. Natürlich kennen die kleinen Lüneburger Mädchen auf Rollen Charlie Chaplin. Natürlich wissen sie, dass der aus Amelinghausen kommt. Die Filmmusik setzt ein, dann stolpert er, in kleinen Schrittchen, das Stöckchen schwingend, höflich den Hut kurz lüftend in den Mittelpunkt der Arena auf dem Kreideberg. Charlie Chaplin stoppt mit den Rollschuhen ab, hebt die rote Rose vom Boden auf, die die Mutter vorher zurecht gelegt hat, und dreht dann, erfreut und beschwingt, seine Kreise und die erste Pirouette.

"Das ist der Julian", klärt eine der kleinen Zuschauerinnen ihre Nachbarin auf. "Bei dem lerne ich Rollschuhlaufen". Es ist ein Jahr her, da begann Prange gemeinsam mit seiner Mutter die Chaplin-Nummer als Show Act für den Kürwettbewerb einzustudieren. "Vor fünf Jahren, als unsere Abteilung ihr 40-jähriges Bestehen feierte", erzählt der 21-Jährige, "habe ich die erste kleine Show einstudiert. Da war ich Tarzan aus dem Dschungelbuch und dann auch Bumba, das Warzenschwein aus dem König der Löwen. Und jetzt Charlie Chaplin. Die Phantasie und Kreativität, die man dazu braucht, macht riesigen Spaß. Man muss aber auch seine Schritte mit den Rollschuhen genau setzen und die Geschwindigkeit im Takt der Musik genau einhalten."

Damit Prange als einziger Lokalmatador bei den deutschen Meisterschaften in Lüneburg starten durfte, hatte er in Celle seine Chaplin-Nummer vorführen müssen. Seine DM-Tauglichkeit bestätigte unter anderem der Vorsitzende der niedersächsischen Rollkunstlaufkommission, Wolfgang Rabe. Der ist Trainer bei den Rollkunstläufern des VfL Stade und auch Geschäftsführer des Großvereins. Prange, der eine Ausbildung zum Sozialpädagogen macht, wurde als Charlie Chaplin deutscher Vizemeister und erhielt bei der Siegerehrung noch einmal frenetischen Applaus seiner Lüneburger Fangemeinde.

Die Mädchen aus der ersten Reihe umlagerten ihn ja ohnehin. Schließlich bildet der junge Mann beim MTV Treubund die Anfängergruppe auf Rollen aus. Damit ist Julian nicht nur als aktiver Läufer, sondern auch als Trainer der Mutter gefolgt. Denn Rollkunstlaufen bei Treubund und Sabine Prange, keiner kann sich das Eine ohne die Andere vorstellen. "Es war am 6. Dezember 1969", erzählt Sabine Prange, die diesen Sport als Aktive und seit Jahren als Trainerin in Lüneburg repräsentiert, "da bin ich in der alten Treubundhalle meinen ersten Wettkampf gelaufen. Das waren die Kreismeisterschaften und ich bin Zweite geworden. So etwas vergisst man nie." Vielleicht wird ja der Sohn in 40 Jahren auch noch so begeistert von seiner deutschen Vizemeisterschaft als Charlie Chaplin erzählen.