Spielausfall wegen Schnee und Eis? “Das hat es früher fast nie gegeben“, sagt das Lüneburger Fußball-Urgestein Erhard Rölcke, “wenn der Wilschenbruch unter einer Schneedecke lag, hat man 20 bis 25 Mann mit Schaufeln und Schippen zusammengetrommelt und geräumt.“

Lüneburg. Der Ball konnte trotz Minusgraden rollen - so war das vor einem halben Jahrhundert.

Der Chronist des Lüneburger SK und des Nachfolgers Hansa blickt auf Zeiten zurück, als es eine Selbstverständlichkeit war, auf bis zu zehn Zentimeter Schnee zu spielen: "Das hat doch erst richtig Spaß gemacht", erinnert sich der 66-Jährige, der von 1962 bis 1970 als LSK-Verteidiger kickte. Bis in die 1960er-Jahre hinein türmten sich an den Spielfeldrändern große Schneeberge, die von fleißigen Helfern aufgeschippt worden waren. Zum Dank durfte der Räumdienst zum nächsten Auswärtsspiel im Mannschaftsbus mitfahren. Bis 1957 spielte der LSK in der Amateurliga Hamburg, die war immer eine Reise wert. Heute heißt der LSK Hansa und spielt in der Oberliga Niedersachsen.

Auch die Fußballer sind nicht mehr das was sie waren. "Viele sind mittlerweile total verweichlicht", meint Rölcke augenzwinkernd und nimmt sich selbst nicht davon aus. "Ich spiele immer noch Fußball", sagt der Ü 55-Kreismeister, "in diesem Winter haben wir aber zum ersten Mal das Training ausfallen lassen."

"In der Saison 1978/79 war es ähnlich schlimm, auch Ende der 1940er-Jahre hatten wir extrem harte Winter", erinnert sich Rölcke und verschwindet in seinem Archiv, um nachzuschauen, wie viele Spielausfälle die Chroniken vermerken. Kurz geblättert, und schon verkündet das Gedächtnis des Lüneburger Fußballs das Ergebnis: "Zuletzt gab es 1979 und 1996 eine sehr lange Pause." Im Jahr der Schneekatastrophe wurde erst wieder am 10. März gespielt und in der Saison 1995/96 fielen sieben Spieltage aus.

Seit dem 1. Oktober 1954 LSK-Mitglied, sammelte Erhard Rölcke jahrzehntelang alles über den hiesigen Fußball - vor allem Vereinshefte, Wimpel, Fotos, Plakate, Eintrittbillets und Pokale des LSK. Das Material füllt ein ganzes Zimmer und dient als Grundlage für Rölckes im letzten Jahr veröffentlichtes Mammut-Werk über die "Jungs vom Wilschenbruch": "Ich habe alles selbst recherchiert."

Seit seiner Pensionierung 2008 hat der früher bei einer Krankenversicherung tätige Diplom-Ökonom viel Zeit, seinem Hobby zu frönen. Er stöbert in Archiven und Bibliotheken in alten Zeitungen, Jahrbüchern und Chroniken. "Neben meinem Verein interessiere ich mich besonders für die Entwicklung der anderen Lüneburger Klubs in der Stadt und im Kreis." Klingt, als sei der nächste Lüneburger Fußball-Brockhaus bereits in Arbeit...