Handball habe er auch mal gespielt, sagte Urs Meier. Ein halbes Jahr lang. So lange habe er gebraucht, zu erkennen: “Ich kann es nicht“. Damit hatte der frühere FIFA-Schiedsrichter als Gast der Zweitliga-Handballfrauen von der SGH Rosengarten den ersten Lacher gelandet.

Nenndorf. Beim Sponsoren-Abend des Zweitliga-Spitzenreiters in der Buchholzer Filiale der Sparkasse Harburg-Buxtehude referierte Meier, seit 2005 auch als ZDF-Fußballexperte bestens bekannt, launig über "Entscheiden unter Druck". Nur einen Tag später hielten die SGH-Frauen beim knappen 31:30 (13:14) gegen den HSC 2000 Magdeburg ihrem Druck stand und holten den letzten noch fehlenden Punkt für die Qualifikation zur Aufstiegsrunde zur Ersten Bundesliga.

Entscheiden heißt Risiken eingehen, so Urs Meier, der 21 Jahre nach seinem ersten Schiedsrichterlehrgang seinen persönlichen Mount Everest bestiegen hatte, als er 1998 in Frankreich sein erstes WM-Spiel pfeifen durfte. Noch nicht auf dem Gipfel angekommen ist dagegen die SGH Rosengarten und für Managerin Ilona Heinzelmann käme ein Aufstieg in die erste Bundesliga auch noch etwas zu früh. "Dafür müssten wir erst noch die Voraussetzungen schaffen", sagte sie. Vor allem müssten noch einige Sponsoren gewonnen werden.

Den Druck, der auf einem Spitzenschiedsrichter lastet, verdeutlichte Urs Meier in Zahlen. Rund 300 Entscheidungen sind in einer Nettospielzeit von etwa 52 Spielminuten zu treffen, das entspricht bis zu sechs sichtbare oder unsichtbare Bewertungen verschiedener Spielsituationen durch den Unparteiischen. Häufig mit weitreichenden Folgen, wie ein Elfmeter für Rumänien gegen England in der Schlussminute eines Vorrundenspiels bei der EM 2000. Meier hatte bei seiner Entscheidung, die das vorzeitige aus der englischen Nationalmannschaft bedeutete, bereits eine Laufstrecke zwischen 12 und 14 Kilometern hinter sich und eine Pulsfrequenz von 160 Schlägen pro Minute. Während die englische Boulevardpresse damals eine wochenlange Schmutzkampagne gegen Meier startete, gratulierte der damalige Teamchef Kevin Keegan dem Unparteiischen gleich nach Schlusspfiff zu einer tadellosen Leistung.

Überraschend war das Eingeständnis von Meier fünf Jahre nach dem Ende der Schiedsrichterlaufbahn mit fast 900 Einsätzen als Spielleiter, dass in mehr als 90 Prozent aller Fälle eine Bauchentscheidung die richtige Situationsbewertung gewesen wäre. Ein guter Rat auch für die SGH Rosengarten? Die Mannschaft jedenfalls demonstrierte gegen Magdeburg Entschlossenheit, machte innerhalb einer Minute aus einem 29:30-Rückstand eine 31:30-Führung.