Vor fünf Jahren ersteigerte Vater Frenzel den Wallach. Nun ritt die Tochter (17) ihn beim Turnier.

Luhmühlen. Es ist kurz nach 14 Uhr. In knapp einer Stunde wird Auktionator Friedrich-Wilhelm Isernhagen sein Hämmerchen heben. Dann werden zum fünften Mal in der Kurt-Günter-Jagau-Halle in Luhmühlen hoffnungsvolle Vielseitigkeits-Pferde neue Besitzer finden. Noch hat der Meister unzähliger Pferde-Auktionen Zeit für einen Plausch. Aber mit den Augen sucht Isernhagen die Sitzreihen ab, registriert, wo sich die aus vielen Ländern angereisten Kunden platziert haben. "Etwa 100, so schätze ich, sind in der Halle. Ein Drittel kenne ich persönlich", sagt der charmante Geldeintreiber.

Iris Schless und Elmar Lesch, Initiatoren und Organisatoren der "Top-Event-Horse-Auction" prüfen derweil, ob die Telefon-Verbindungen zu den Kunden rund um den Globus stehen. Für die mit 650 Besuchern gefüllte Halle haben sie ein kleines Springturnier vorgeschoben. Das berührt die nachhaltigste Frage jeder Auktion von Nachwuchspferden. Was ist aus den Hoffnungen geworden, die hier neue Besitzer fanden?

Wie Thalaso, der zwölfjährige Wallach, der mit Reiterin Charlotte Frenzel freundlich empfangen wird. Es ist fünf Jahre her, bei der ersten Auktion in Luhmühlen, da donnerte Friedrich-Wilhelm Isernhagen auch die Gebote für dieses Pferd in sein Mikrofon. Unter den Zuschauern hielt die damals zwölfjährige Charlotte die Fäuste geballt und ihr Herz klopfte so laut, dass sie fürchtete, die Umstehenden könnten es hören. "Es war zuerst die große Blesse, die mir so gefallen hat", erzählt die inzwischen 17-Jährige. "Er hat so ein freundliches, total liebes Gesicht. Vom ersten Augenblick war ich total überzeugt von Thalaso."

Ein paar Tage vor der Auktion hatte sie mit dem Papa das Pferd kennenlernen und reiten können. Bei der Auktion war der Vater unterwegs, wollte telefonisch mitbieten. Als der Hammer fiel, wurde bekannt gegeben, das Pferd gehe nach England. Charlotte war enttäuscht aus der Halle gerannt, und hatte den Papa angerufen. "Alles klar", kam die Antwort. "Thalaso gehört Dir."

Sehr viele Tage gab es seither nicht, an denen Charlotte nicht mit ihrem Sportpartner zusammen war. "Wenn ich in die Nähe des Stalls komme, höre ich ihn freudig wiehern", erzählt die Nachwuchsreiterin. Das Pferd steht auf dem Hof in Nindorf, wo auch Olympiasieger Andreas Dibowski seine Weltklasse-Pferde ausbildet. Charlotte und Thalaso werden von Csaba Sarkozy trainiert und zu sportlichen Erfolgen geführt. Beim Nachwuchschampionat in Warendorf wurden die beiden in diesem Jahr Dritte der Einzelwertung und gewannen Team-Gold. "Was wir noch wollen? Ganz nach oben", antwortet die junge Vielseitigkeitsreiterin, die aus Hamburg-Wellingsbüttel zwei-, dreimal in der Woche nach Nindorf kommt.

Was seine Ziele betrifft, gibt sich Züchter Hubert Schmidtlein unbescheiden. "Einen Olympiasieger will ich züchten", sagt der Bauernsohn aus Schlesien, der sein Berufsleben als Flugzeugbauer hinter sich brachte und nun auf einem Gestüt nahe Wismar Vielseitigkeitspferde züchtet. Dabei hat der Elektronikspezialist mit Liebe zu Pferden neue Leistungsprüfungen und Auswahlkriterien für die Zucht mit entwickelt. "Die hochtalentierten Pferde brauchen individuelle Betreuung und den Menschen als verlässlichen Partner." Und dann sagt der 65-Jährige lächelnd: "Wissen Sie, ich möchte nie mit einer Olympiasiegerin verheiratet sein. Das sind komplizierte Persönlichkeiten, ähnlich wie die großen Pferdepersönlichkeiten."

Schmidtleins Trakehner-Stute Light of Polaris brachte 31 000 Euro. Tagessieger mit 41 000 wurde Carolyn, eine fünfjährige Hannoveraner Stute, die nach Spanien verkauft wurde. Elf Pferde wurden ins Ausland verkauft, sogar bis Australien. Zwölf bleiben in Deutschland. Auch Olympiasieger Dibowski bot mit und erwarb für 10 000 Euro Winchester, einen vierjährigen Hannoveraner Wallach.