Hannes Lawrence vom SV Bliedersdorf holt fünf Wochen nach dem Einstieg in den Kampfsport sofort den Nordtitel.

Buxtehude. Man musste schon um die Hintergründe wissen, um richtig einordnen und würdigen zu können, was da in der Sporthalle in Buxtehude zu bestaunen war. Wie alle Jahre wieder, hatten die Karatesportler des TSV Buxtehude-Altkloster zu den norddeutschen Meisterschaften eingeladen. Und jetzt stand die Entscheidung im Free-Style, der artistischen Kampfvorführung mit Musik, auf dem Programm. Es trat an, konzentriert und mit funkelnden Augen: Hannes Lawrence, ein kesses Bürschchen von 13 Jahren.

Dieser Hannes hat mit seinen Eltern in Berlin gelebt. Wann die Familie aufs Dorf nach Kutenholz gezogen ist, "das", so sagt der Junge, "habe ich nicht auf dem Plan." Jedenfalls besucht der Blondschopf jetzt die Ganztagsschule in Fredenbeck. Hier hat Manfred Laß, der kleine, aber so erfolgreiche Taekwondo-Guru des SV Bliedersdorf, vor fünf Wochen eine Arbeitsgemeinschaft für Schüler etabliert. Hannes Lawrence gehörte von Beginn an dazu. "Vorher hatte ich mit Sport eigentlich nichts am Hut", bestätigt er.

Bevor Hannes Lawrence zum allerersten Wettkampf seines Lebens aufgerufen wurde, zog Manfred Laß den Jungen noch einmal an sich. "Du hast mir Dein Vertrauen geschenkt", flüstert er ihm zu. "Ich glaube an Dich." Dann steht er da, verbeugt sich vor den Wettkampfrichtern. Die Musik setzt ein. Ein schneller, harter Anlauf, der erste Überschlag. Noch höheres Tempo, noch kräftigerer Absprung. Der Körper des Jungen wirbelt hoch durch die Luft, macht einen Salto, landet sicher auf den Füßen. Erster Applaus brandet auf. Die Zuschauer in der Halle haben sich von den anderen Darbietungen abgewandt. Sie fesselt dieses wirbelnde, mutige Bündel in rot. Salti nach vorne, Salti rückwärts, Flickflack, eine Drehung um die eigene Körperachse. Kein Mensch kann glauben, dass dieser Hannes das alles in nur fünf Wochen erlernt haben soll.

"Bei seinen ersten Sprungversuchen haben wir ihn mit Gummibändern abgesichert", berichtet Manfred Laß, wie er und sein Musterschüler dieses kleine Wunder fertig gebracht haben. "Wir haben ihn die Absprünge in der Sandkiste üben lassen. Und es hat auch Tränen gegeben, wenn es Rückschläge gab. Schließlich muss man zuerst die Angst überwinden und Zutrauen zu sich selbst finden. Aber der Hannes ist so einer: pfiffig, kess, sicher auch voller Dummheiten. Aber er ist auch unheimlich engagiert und begabt." Für Manfred Laß war das auch eine Art Experiment: "Ich wollte beweisen, dass auch in Kindern, die vielleicht nur so rumhängen und sich nichts zutrauen, große Potenziale stecken."

Hannes Lawrence hatte sich am Ende seiner Vorführung wieder verbeugt. Für einen Augenblick verharrte er noch und blickte erstaunt zu den Zuschauern hoch. Die Halle jubelte ihm nach dem allerersten Wettkampf seines Lebens zu. Und auch die Kampfrichter waren von ihm eingenommen. Der Junge aus der Arbeitsgemeinschaft der Ganztagsschule in Fredenbeck wurde wenig später als norddeutscher Meister geehrt.

Weitere Einzeltitel für die Karate-Abteilung des SV Bliedersdorf gewannen in der Disziplin Formlauf Rene und Simon Laß, die Söhne von Manfred Laß, sowie Nadine Jagusch, Carry-Lynn Post und Edwin Wege.