“Ich sage nur drei - fünf - sieben im dritten Rennen“, ruft Maik quer über den Tisch und schaut dabei lachend zu Heinz. Der blättert im Rennprogramm von Stove und antwortet.

Stove. "Winter Lady vor Anni de Sade und Amaretto Kiss. Das war der Einlauf und ich war dabei." Damit ist Heinz der König an diesem Tisch, der Wettheld an diesem schönen Nachmittag am Elbstrand in Stove. Und die kleine Gemeinschaft, die auf zwei langen Bänken unter den mächtigen Bäumen Quartier bezogen hat. Das ist das Herzstück dieser Pferderennen, die seit 135 Jahren in dem Dorf an der Elbe ausgetragen werden.

Neben Heinz sind da noch Eva mit dem zwei Jahre alten Mischa sowie Ivonne mit Sohn Jeremy dabei. Der Achtjährige hat sich eine Katzenmaske ins Gesicht malen lassen. Auch Maik, Andreas, Peter und Brigitte gehören dazu. "Wir sind alle Nachbarn, kommen aus Horn", sagt Maik.

Natürlich wird gezockt. Das ist die Würze dieses Renntages, mitfiebern und mitgehen und sich freuen für ein paar Euro Einsatz. "Ich glaube, ich bin im Minus", überschlägt Maik, "mit sieben acht Euro vielleicht." Brigitte und Yvonne haben gerade eine Zweierwette getroffen. Aber wie gesagt, die Erfolgsmarke hatte Heinz im dritten Rennen gesetzt. "Genau 344 Euro habe ich ausgezahlt bekommen", gibt er nach anfänglichem Zögern preis, "gewettet hatte ich für sechs Euro."

"Nein", korrigiert ihn Andreas, der sich am besten auskennt von allen, "für diese eine Wette hast du einen Euro eingesetzt."

Am Nachbartisch weist eine Mutter ihre zehnjährige Tochter zurecht: "Jetzt ist Schluss, du hast schon auf drei Pferde gesetzt und jedes Mal verloren."

Insgesamt, das wurde zum Ausklang des Stover Renntages bekannt gegeben, wurden beim Toto knapp 190 000 Euro umgesetzt. Um das einmal zu vergleichen, bei einem Renntag in Hamburg werden durchschnittlich 60 000 Euro umgesetzt.

"Schauen Sie sich um", sagt Jörn Reimers, der Geschäftsführer des Stover Rennverein von 1874, mit einem strahlenden Lächeln, "ein Besuch in Stove, das ist für die meisten ein Ausflug mit Freunden, Nachbarn und vor allem mit der Familie." In der Mitte der Rennbahn ist das Zentrum, dort herrscht buntes Treiben. Vor den Wettschaltern haben sich lange Schlangen gebildet, aber auch vor den Wurst und Bierständen. "Dieses überhaupt nicht aufgetakelte, eher robuste Drumherum", ergänzt Jörn Reimers, "diese ländliche Gastfreundschaft, das ist ein Konzept, das in unserer Zeit wieder Anklang findet."

Mehr als 10 000 Besucher waren auch diesmal wieder in den kleinen Ort mit dem großen Campingplatz gepilgert. Nicht nur die Parkplätze am Deich, sondern auch die Straßenränder im Ort waren zugeparkt. "Wir müssen inzwischen darauf achten, dass wir nicht alles zu weit nach oben schrauben", sagt Jörn Reimers, "mit 10 000 Besuchern haben wir in etwa unsere Grenzen erreicht." Schließlich wird das Großereignis noch immer von den Vereinsmitgliedern ehrenamtlich organisiert - wie schon vor 100 Jahren.

Den Großen Preis von Stove, das mit 4000 Euro dotierte Hauptrennen über 2600 Meter, gewann ein Außenseiter. Der fünfjährige Why Not Frisia war am Start das Pferd mit der geringsten Gewinnsumme, aber Hans Theo Giesel steuerte den Wallach zum Sieg. Gleich drei Rennen hatte der erfahrenste Stammgast unter den Fahrern in Stove für sich entschieden. Heinrich Bramlage, Trainer und Fahrer aus Visbeck, war erst 17 Jahre alt, als er in Stove das erste Mal im Sulky saß. Das ist 40 Jahre her, jetzt, mit 57 Jahren, gewann er drei Rennen.

Die Königin bei den vier Galopprennen war Ramona Kosche aus Rostock. Als sie mit ihrem siebenjährigen Hengst Ordos zum zweiten Mal als Siegerin interviewt wurde, schubste mit kräftigen Kopfstößen seine Reiterin über die Bahn. "Er ist eifersüchtig", sagte sie.