“Wieso hast Du denn hier kein Stadionverbot?“, fragte Bernd Enge mit Schalk im Nacken Horst Kruse, der unter den Zuschauern des Jubiläumsspiels des FC Süderelbe anlässlich der 60-Jahr-Feier gegen Fußball-Oberligist SV Halstenbek-Rellingen weilte.

Neugraben-Fischbek. Den Flachs des Ehrenvorsitzenden und HSV-Aufsichtsrats Enge erklärte Kruse wie folgt: "Im Jahr 2000 haben wir mit unserer damaligen B-Jugend-Leistungsklassenmannschaft nach einer zweistelligen Hinspielniederlage 2.2 gegen die HSV-B-Jugend gespielt und denen damit den Aufstieg vermasselt." Enge war damals für den HSV-Jugendbereich verantwortlich, weshalb er Kruse jetzt "anfrotzelte".

Torhüter Kruse kam auch zum Ende der "Glanzzeit" des damaligen Süderelbe-Vorsitzenden und Trainers Bernd Enge als Torhüter zu einigen Einsätzen, hütete jetzt das Gehäuse der FCS-Senioren beim Jubiläumsspiel gegen eine Harburger Auswahl. Enge, der die Mannschaft in den 1980er-Jahren bis in Hamburgs höchste Liga führte (Verbandsliga), spaßte auch mit seinem damaligen Stürmer Lothar Dittmer herum, zweifelte an dessen heutiger Fitness. In der Landesliga-Saison 1984/85 aber war es vor allem Dittmer, der nach dem kurzfristigen Trainerwechsel (Enge übernahm das Team in der Winterpause auf einem Abstiegsplatz) bis zu Meisterschaft und Aufstieg schoss.

"Mein Vorgänger hat Dittmer nicht eingesetzt, da Lothar bei der Bundeswehr auf Sylt stationiert war und er deswegen nicht mittrainierte. Bei mir aber haben immer die Besten gespielt", erzählte Enge, für den das zweimalige Erreichen der Aufstiegsrunde zur dritten Liga die größten Erfolge waren. "Ich erinnere mich nicht daran, dass wir damals überhaupt einmal verloren haben", sagte Enge, vergaß aber nicht hinzuzufügen: "Aus Niederlagen - im beruflichen, sportlichen und privaten Bereich - habe ich in meinem Leben am meisten gelernt."

1978 hatte Enge das Amt des ersten FCS-Vorsitzenden von Siegfried Sendrowski übernommen. Sein heutiger Nachfolger Manfred Struwe kickte damals noch kurz unter Enge, verschwand dann aber für ein halbes Jahr zu Este 06/70, da er nicht eingesetzt wurde.

Heute aber sind sich alle einig darüber, dass die "Ära Enge" die erfolgreichste in der 60-jährigen Geschichte des reinen Fußball-Vereins war. Aus der damaligen Zeit gingen fünf Profis hervor. Neben den auch beim Jubiläumsspiel anwesenden Lothar Dittmer und Klaus Ulbricht waren dies Marinus Bester, Kreso Kovacec und Cantürk Albayrak. "Albayrak hat allerdings bei uns in der Jugend gespielt, stand in der Liga-Mannschaft nicht unter meinen Fittichen", sagte Enge, der sich nicht mit fremden Federn schmücken wollte, obwohl er auch mal in der Süderelbe-Jugend aushalf.

"Eigentlich ist das ja kein richtiges Jubiläum", hatte der heutige Vorsitzende Struwe zu Beginn der Feierlichkeiten zwei Tage zuvor bereitwillig zugegeben. "Ich war auch eher skeptisch. Aber im Nachhinein muss ich sagen: Es waren Stunden, an die man gern zurückdenken wird. Und es war ein Wiedersehen mit vielen alten Bekannten."

Wie beispielsweise mit René Wroblewski, der inzwischen Hansen heißt, mit Rene Willmann, Thomas Kreibich, mit Jens Lerch und Torwart Andreas Reddersen, mit Frank Preuße und natürlich auch mit Bernd Kleingarn, der als Trainer in der Saison 1993/94 für die Aufstiegsfeier gesorgt hatte.

Zum Jubiläum hatten sie die Kleingarn-Mannschaft noch einmal zusammen gerufen, die vor 15 Jahren in die Landesliga aufgestiegen war. Die spielte gegen die aktuelle Altherren-Mannschaft des FC Süderelbe. Und, um das vorweg zu nehmen, der Meistermannschaft von einst genügten 30 Minuten, dann lagen sie am Kiesbarg bereits mit 4:0 in Führung.

Das Zuschauen allein hat schon Spaß gebracht. Die meisten noch immer recht sportlich und ehrgeizig und ballverrückt sowieso. Es waren dann auch wieder Rene Willmann und Jens Lerch, Thomas Kreibich und René Wroblewski, pardon, René Hansen, die für Torjubel sorgten wie einst. In den letzten 15 Minuten (gespielt wurden 2 x 30 Minuten) wechselte Bernd Kleingarn noch einmal kräftig aus und Süderelbes Alte Herren kamen noch zu drei Treffern. "Das 4:3 ist doch ein Ergebnis, mit dem es sich jetzt schön feiern lässt", meinte Bernd Kleingarn nach dem Abpfiff. Viele seiner Spieler standen selbst Stunden später noch immer im Trikot herum und erzählten alte Geschichten". Und so fußballverrückte wie Karsten Schmidt, die können sich auf dem Platz noch immer ärgern, als wenn die Fußball-Zukunft noch vor ihnen läge. "Da spielen die ständige die Bälle steil", schimpfte er, "da kommt doch keiner mehr hinterher. Das die das nicht wahr haben wollen."

Der Mann, der sich erst im vergangenen Jahr aus der Liga des Harburger SC verabschiedet hatte, war mit der Harburger Senioren-Auswahl aufgelaufen und hatte sozusagen das Vorspiel für die Meistermannschaft bestritten. Die Harburger Senioren hatten mit 1:0 gegen Süderelbes Senioren gewonnen. "Ich bin extra für dieses Spiel aus dem Urlaub in Dänemark gekommen", erzählte Karsten Schmidt. "Schließlich bin ich hier in Neugraben aufgewachsen. Und mit dem Manfred Rahn und dem Frank Nehm habe ich schon als kleiner Junge bei der HNT zusammen gespielt."

Damals war die Hausbruch-Neugrabener Turnerschaft (HNT) im Fußball noch eine Macht und der FC Süderelbe der arme Nachbar. Das hat sich längst radikal verändert. Nach 60 Jahren zählt der Jubilar 24 Jugend- und fünf Herrenmannschaften und hat inzwischen 700 Mitglieder. Die Liga, zu deren Kader mit Thomas Fliegel ein Stürmer gehört, der auch schon in der Meistermannschaft von 1994 auf Torjagd ging, besiegte im Rahmen des Jubiläums das Oberliga-Team der SV Halstenbek-Rellingen mit 1:0 (Torschütze: Daniel Schröder). "Und vielleicht schon im nächsten Jahr, aber spätestens 2011, wird es bei uns am Kiesbarg nicht mehr stauben. Dann haben wir unseren Kunstrasen hier", kündigt Vereinsboss Manfred Struwe die nächste Veränderung an, zwei Jahre nach der Fertigstellung des Vereinsheims.