Auf der Haupttribüne in Luhmühlen war kein einziger Platz frei geblieben. Auch an den drei übrigen Seiten des großen Turnierplatzes in Luhmühlen drängelten sich die Besucher.

Luhmühlen. Als Hinrich Romeike mit seinem Marius Aufstellung nahm, gab es diesen kurzen Augenblick. Der Schimmel spitzte die Ohren, sah zur Haupttribüne, drehte den Kopf nach rechts zu den Menschen, sah dann nach links und fast schien es so, als wollte das Pferd fragen: " Seid ihr alle wegen mir gekommen?" Zumindest waren die Pferdefreunde aus dem Gelände zusammen geströmt und der Verabschiedung von Marius Voigt-Logistik, so der vollständige Name des Holsteiner Wallachs, voller Wehmut und Herzenswärme zugewandt.

"Marius war das galoppierende Weißgold von Hongkong", so prosaisch hatte ihn Carsten Sostmeier, der Reitsport-Experte der ARD, bei seiner Laudatio vorgestellt. Und während der Fernsehmann die außergewöhnliche Erfolgsgeschichte von Hinrich Romeike, dem reitenden Zahnarzt aus Nübbel bei Rendsburg und seinem schmucken Schimmel Marius Kapitel für Kapitel aufblätterte, war auf der großen Leinwand das Paar zu sehen, wie es vor vier Jahren in Hongkong Gold im Einzel und mit der Mannschaft holte. "Am meisten hat mich überrascht", erzählte Hinrich Romeike einmal, "wie viel Glückwünsche, Telegramme und Pakete mit Äpfeln und Möhren der Briefträger für mein Pferd brachte. Es war unglaublich, wie viel Anteilnahme die Menschen an Marius genommen haben." Auch als sich das Pferd danach eine Verletzung zuzog. Erst im letzten Herbst begann Hinrich Romeike, Marius wieder in den Leistungssport zurückzuführen. Täglich haben die beiden miteinander gearbeitet. Der stille Traum des Doppel-Olympiasiegers war es, in London wieder dabei zu sein.

Als Hinrich Romeike im Frühjahr erkennen musste, dass der inzwischen 18 Jahre alte Wallach seine Spitzenleistung nicht mehr mit der gewohnten Leichtigkeit bringen würde, nahm er Abschied von seinem Olympia-Traum. Romeike: "Sich dafür quälen zu müssen, hat Marius nicht verdient." In Luhmühlen winkten die Menschen mit tausend weißen Taschentüchern, als Hinrich Romeike und sein Marius von der großen Bühne des Vielseitigkeits-Sport davon galoppierten.